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Dresden: Obdachlosen-Cafés trotz Corona

Kirchgemeinden bieten Wohnungslosen nachts ein Bett und Verpflegung. Derzeit ist das schwierig. Vom Versuch, den Corona-Bedingungen gerecht zu werden.

Von Nora Domschke
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Das Projekt der Nachtcafés gibt es seit 25 Jahren in Dresden. Es soll Wohnungslose vor Kälte und Erfrierungen schützen.
Das Projekt der Nachtcafés gibt es seit 25 Jahren in Dresden. Es soll Wohnungslose vor Kälte und Erfrierungen schützen. © Symbolbild: Sebastian Kahnert/dpa

Dresden. Auch in diesem Jahr organisieren die christlichen Kirchgemeinden in Dresden im Winterhalbjahr wieder die sogenannten Nachtcafés. Unabhängig der eigenen Religionszugehörigkeit finden hier wohnungslose Menschen eine Ruhemöglichkeit für die Nacht. 

Außerdem wird für Verpflegung gesorgt. Am vergangenen Sonntag fanden bereits zwei Schlafgäste Unterschlupf in der Gemeinde der Evangelischen Zionskirche in der Dresdner Südvorstadt. Immer abends öffnet jeweils eine festgelegte Gemeinde nun bis Ende März ihre Räume. Damit starten die Nachtcafés in die Wintersaison - trotz Corona. 

Die Beschränkungen, die derzeit mit dem Infektionsschutz einhergehen, haben auch auf dieses Angebot Auswirkungen. So werden Wohnungslose mittwochs vorerst keinen warmen Platz in einem Nachtcafé finden. 

Das liegt nicht am mangelnden Willen, sondern an den Vorschriften: "Zwei Kirchgemeinden, die sich in den vergangenen Jahren engagierten, können ihre Räumlichkeiten unter anderem wegen mangelnder Belüftungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stellen", teilt Gerd Grabowski vom Koordinierungskreis für die Nachtcafés mit. 

Gerd Grabowski koordiniert die Dresdner Nachtcafés. In diesem Jahr ist einiges anders.
Gerd Grabowski koordiniert die Dresdner Nachtcafés. In diesem Jahr ist einiges anders. © Archiv: Sven Ellger

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Unterkunft für mittwochs gesucht

Eben jener Kreis sucht nun nach einer Lösung. So gebe es Gespräche mit möglichen Partnern, um die Lücke am Mittwoch zu schließen. Die Helfer der beiden Gemeinden, die sich an den Nachtcafés nicht beteiligen können, seien aber an anderen Standorten im Einsatz. 

Grabowski ist dankbar für die Unterstützung der Ehrenamtler – trotz der erschwerten Bedingungen in Zeiten der Corona-Pandemie. Und doch reicht die Hilfe noch nicht aus. 

"Wir suchen in diesem Jahr insbesondere für die Essenausgabe noch Helferinnen und Helfer mit Gesundheitsausweis", so Grabowski. Er verweist zudem auf die gestiegene Kosten wegen benötigter Hygiene- und Einwegartikel und freut sich über Spenden.

Aufgrund der Abstandsregeln werden insgesamt die Plätze an allen Standorten reduziert sein. Die Mahlzeiten werden - je nach Räumlichkeiten - in mehreren Durchgängen erfolgen. "Gerade ältere Helferinnen und Helfer sind bei uns kaum in den direkten Publikumsverkehr eingebunden und zudem mit FFP2-Masken geschützt", so Grabowski. 

Mehr als 200 Ehrenamtler engagieren sich in den Nachtcafés, unterhalten sich mit den Übernachtungsgästen, bereiten Getränke und Essen vor und räumen auf, wenn die Gäste in den Tag starten. 

Diese werden zwischen 19 und 20 Uhr täglich in die Unterkunft gelassen, aufgrund der Corona-Regelungen müssen sie nun vorher aber in Augenschein genommen werden. Unterschlupf bekommt jeder Wohnungslose - unabhängig von seiner Nationalität.

Projekt von Dresdner Studenten ins Leben gerufen

Die Idee für die Nachtcafés entstand vor 25 Jahren in einer Studentengruppe der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit in Dresden. Die angehenden Akademiker beschäftigten sich mit dem Thema Wohnungslosigkeit und wollten ein leicht zugängliches Angebot für die betroffenen Menschen in der Landeshauptstadt schaffen, um sie vor Kälte und Erfrierungen zu schützen. 

Am 6. November 1995 öffnete das erste Nachtcafé in der Dreikönigskirche. Im Jahr darauf beteiligten sich bereits drei weitere Kirchgemeinden. In dieser Kontinuität ist das Angebot bundesweit einmalig und wurde unter anderem mit dem Ökumenepreis des Katholikentags ausgezeichnet. 

Über das Coronavirus informieren wir Sie laufend aktuell in unserem Newsblog.

Diese Nachtcafés sind ab sofort geöffnet:

  • Montag: Dreikönigskirche (Hintereingang), Hauptstraße 23
  • Dienstag: Christophoruskirche Dresden-Laubegast, Hermann-Seidel-Straße 3
  • Mittwoch: derzeit noch vakant
  • Donnerstag: Ev. Gemeindehaus Loschwitz/Nähe Körnerplatz, Grundstraße 36
  • Freitag: Ev. Zionskirche/Nähe Nürnberger Ei, Bayreuther Straße 28
  • Sonnabend: Ev.-Methodistische Immanuelkirche in Dresden-Cotta, Hühndorfer Straße 22
  • Sonntag: Ev. Zionskirche/Nähe Nürnberger Ei, Bayreuther Straße 28

Alle Informationen zu den Nachtcafés und die Möglichkeit, sie mit Spenden zu unterstützen, gibt es unter www.nachtcafe-dresden.de.

Wer sich ebenfalls in der Nachtcafés als Helfer engagieren will, kann sich per E-Mail an [email protected] wenden.

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