SZ + Dresden
Merken

"Querdenker"-Protest: War Gegendemo doch gemeldet?

Hunderte demonstrieren am vergangenen Donnerstag in Dresden gegen "Querdenker". Dabei soll die Polizei einen Demo-Anmelder attackiert haben.

Von Christoph Springer
 5 Min.
Teilen
Folgen
Die Polizeikette rückt vor und trifft an der Ecke Blasewitzer Straße/Augsburger Straße gleich auf die Studenten.
Die Polizeikette rückt vor und trifft an der Ecke Blasewitzer Straße/Augsburger Straße gleich auf die Studenten. © SZ/Christoph Springer

Dresden. Es war nicht seine erste Demonstration und es wird auch nicht seine letzte gewesen sein. Aber es war für Jonas Leuwer am Donnerstagabend eine besondere Demonstration. Eine, an die er noch lange denken wird. Er sei "fassungslos und sauer", fasst der 24-Jährige seine Erlebnisse an diesem Abend zusammen. Und das liegt vor allem an der Polizei.

Anmelder mit Demo-Erfahrung

Leuwer ist Demo-erfahren, auch als Anmelder einer Versammlung. Als das "Bündnis für Pflege Dresden" für den Erhalt des städtischen Klinikums demonstrierte, war er es, der Kontakt zur Versammlungsbehörde aufgenommen hat, um Kundgebungen zu organisieren. Damals, es war vor etwa einem reichlichen Jahr, hatte er dabei keine Probleme. Am vergangenen Donnerstag war das ganz anders. "Unkoordiniert und skandalös" findet er das, was ihm an diesem Abend mit der Polizei passiert ist.

Von der Mediziner-Fachschaft kam die Demo-Nachricht für diesen Abend auch an "sein" Bündnis. Leuwer, Pfleger in der Psychiatrie in Dresden-Friedrichstadt, hat sich keinen weißen Kittel angezogen, bevor er zu der Demo gegen die sogenannten Querdenker vor dem Uniklinikum gefahren ist. Etwa 18.30 Uhr sei er dort eingetroffen, berichtet der 24-Jährige. Zu dieser Zeit strömten hunderte Corona-Leugner und Impfgegner auf der Blasewitzer Straße Richtung Fetscherstraße. Der Dresdner Pfleger postierte sich gemeinsam mit einigen Freunden an der Ecke Blasewitzer Straße/Augsburger Straße

"Da waren relativ viele Studenten und ich wusste ja: Um das rechtlich abzusichern brauchen wir eine Kundgebung, die angemeldet ist." Deshalb ging er zu den Polizisten, die gerade in der Nähe waren. Sie standen an der Ecke Augsburger Straße/Fiedlerstraße. "Das waren sächsische Polizisten", meint er, sich zu erinnern. "Ich habe mich eindeutig mit meinem Namen vorgestellt und gesagt, dass ich gern eine Spontankundgebung anmelden würde."

Der Beamte habe mit einem Kollegen Rücksprache gehalten und ihm dann gesagt: "Ja, ist in Ordnung, das dürfen sie machen. Aber nicht hier, sondern an der Ecke Blasewitzer Straße/Augsburger Straße." Einen Ansprechpartner vor Ort bekam Leuwer nicht genannt, er solle die Öffentlichkeitsabteilung der Polizei bei Problemen oder Fragen anrufen, sei ihm noch gesagt worden, ohne dass ihm dafür eine Telefonnummer genannt wurde. "Wir waren total verwundert und haben erst mal die Nummer gegoogelt", erzählt er weiter. "Das ist vorher noch nie passiert, dass mir eine Kontaktperson verwehrt worden ist und man mir nicht mal eine Telefonnummer sagen konnte."

Polizei-Vorgaben werden akzeptiert

Weil er Zeugen hatte, auch mehrere Polizeibeamte hätten mitgehört, akzeptierte Leuwer die Vorgabe des Beamten. "Aber ich hatte dabei Bauchschmerzen." Die Spontankundgebung nahm dennoch ihren Lauf, "mit Maske, Abstand und zehn Personen", wie Leuwer sagt. Anderen Studenten, die dazukamen, habe er geholfen, damit auch sie nichts falsch machen. Zwischen 80 und 100 seien es wohl gewesen. "Da habe ich ausdrücklich darauf geachtet, dass auch sie nur Zehnereinheiten bilden."

Dann kam der Moment, in dem die Polizei die "Blasewitzer" räumte, es war etwa 19 Uhr. Eine Kette aus Polizisten, die über die gesamte Straßenbreite reichte, auch über die Gehwege, schob die "Querdenker" auf der Straße langsam stadtauswärts. Auch Leuwers angezeigte Kundgebung war plötzlich im Weg. "Der Raum unserer Demo wurde künstlich verdichtet, die Polizisten haben recht körperlich agiert", berichtet der 24-Jährige.

Es wurde hektisch in dieser Situation, doch die Gegendemo lief auch noch, als die Polizeikette vorbeigezogen war. "Wir haben immer wieder Rücksprache gehalten, irgendwann hat das dann ganz gut funktioniert", beschreibt der Psychiatrie-Pfleger den weiteren Verlauf. Es war etwa 19.30 Uhr, als er beschloss, die Kundgebung zu beenden. Das war schon erledigt, als "plötzlich" ein Polizeitrupp da war, der die Demonstranten "eingekesselt" habe.

"Ein Beamter ist auf mich zugestürzt, hat mich recht unsanft zur Seite gerissen und in einen Kreis von Kollegen gezogen." Dann sei ihm erklärt worden, er habe die Beamten belogen und es gebe gar keine angemeldete Demonstration. "Ich konnte sie nicht überzeugen, an dieser Stelle dann Widerstand zu zeigen, ist erst mal zwecklos." Leuwer musste seinen Ausweis rausholen, die Beamten erklärten ihm er habe gegen die Corona-Schutz-Verordnung und das Versammlungsrecht verstoßen.

Verhalten wie von Polizei gewünscht

Jonas Leuwer ist sich keiner Schuld bewusst. Seine Demo-Anmeldung sei vor Ort akzeptiert und ihm dafür ein Platz zugewiesen worden, die Kundgebung gegen die Querdenker habe wie von der Polizei vorgegeben stattgefunden. Fast so also, wie sich das Polizeipräsident Jörg Kubiessa vorstellt. Er wünsche sich, dass "Versammlungen angezeigt werden, damit sie kooperiert und von uns geschützt werden können", sagte er am Tag nach dem Polizeieinsatz auf der Blasewitzer Straße. Ein "geordnetes Prozedere" helfe und funktioniere.

Laut den Beamten gab es am Donnerstagabend allerdings keine Demo-Anzeige, also auch die von Jonas Leuwer nicht. So hatte es die Polizei bereits am Freitag erklärt. Eine erneute Nachfrage am Montag ergab kein anderes Ergebnis. Polizeisprecher Marco Laske: "Es steht nichts Entsprechendes im Einsatzprotokoll. Wir haben noch einmal bei den Einsatzleitern vor Ort nachgefragt."