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Politik in Sachsen - die Morgenlage

Streit um Demonstrationen +++ Omikron-Vorbereitungen +++ Ex-AfD-Abgeordneter Jens Maier will wieder Richter sein +++ Mehr als 100 neue Corona-Tote

Von Maximilian Helm
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Justizministerin Katja Meier (Grüne) bei der Landtags-Debatte am Mittwoch zu Versammlungs-Beschränkungen.
Justizministerin Katja Meier (Grüne) bei der Landtags-Debatte am Mittwoch zu Versammlungs-Beschränkungen. © dpa-Zentralbild

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Guten Morgen,

manchmal übersieht man mit starrem Blick auf ein bestimmtes, wichtiges Ziel ein noch höheres Gut. So endet das, was gut gemeint war, gelegentlich als schlecht gemacht.

So lässt sich vielleicht die Bürde zusammenfassen, die sich Sachsen durch die Demonstrations-Regel in seiner Corona-Verordnung selbst auferlegt hat. Maximal zehn Personen dürfen sich demnach seit dem 22. November auf Sachsens Straßen versammeln – damit ist das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung so stark verkürzt, dass sogar die Warteschlange an der Baumarkt-Kasse länger ist. Verkehrte Welt!

In der Sorge vor zu großen Menschenansammlungen mit steigenden Infektionszahlen ist den Machern der Corona-Verordnung damit ein Lapsus unterlaufen, der – ganz sicher nicht allein, aber doch ein wenig – zur Eskalation des Demonstrationsgeschehens auf sächsischen Straßen beigetragen hat.

Die Koalitions-Fraktionen sind bei dieser Corona-Regel regelrecht in eine Falle gelaufen, die von der AfD ausgenutzt werden konnte, um sich als Befreier der auf den Straßen Unterdrückten selbst zu inszenieren.

Die Landesregierung wird diesen Fehler voraussichtlich in den nächsten Tagen mit einer Neuregelung in einer überarbeiteten Corona-Verordnung versuchen, wieder wettzumachen, indem sie die Zahl der „erlaubten“ Demonstranten auf dem Papier erhöht. Doch der Schaden, der entstanden ist, der wird bleiben.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger
Leiterin Politikredaktion Sächsische.de


Die wichtigsten News am Morgen

+++ Sachsen streitet um Demo-Teilnehmer +++

Die Rufe nach einer Lockerung der Versammlungsbeschränkungen in Sachsen werden lauter. Durch die derzeit geltende Corona-Verordnung sind Demonstrationen mit höchstens zehn Teilnehmern gestattet. Am Mittwoch wurde das Thema auf Antrag der AfD in einer Sondersitzung des Landtages diskutiert. Der CDU-Abgeordnete Martin Modschiedler verwies auf schätzungsweise 2.000 und 3.000 verhinderte Todesfälle in Sachsen. Justizministerin Katja Meier (Grüne) beteuerte, die Maßnahmen würden immer wieder auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft.

Der von der AfD eingebrachte Antrag zur Aufhebung der Einschränkungen wurde abgelehnt. Fraktionschef Jörg Urban widersprach zudem Vorwürfen, die Partei sei der parlamentarische Arm der rechtsextremen "Freien Sachsen" und nannte einen Bild-Bericht, laut dem Bundeschef Tino Chrupalla die Aufnahme der Kleinstpartei auf die AfD-Unvereinbarkeitsliste verhindert habe, "Fake News". In Chrupallas Heimatwahlkreis Görlitz gibt es derweil Diskussionen um das Verhältnis der AfD zu den illegalen Demonstrationen der Freien Sachsen, berichtet Sächsische.de.

Nach Informationen von Sächsische.de von Mittwochabend gibt es innerhalb der Landesregierung Überlegungen die Teilnehmerzahl auf bis zu 1.000 zu erhöhen. Hintergrund sind entsprechende Erfahrungen anderer Bundesländer. Darüber entschieden werden soll jedoch erst in der Kabinettssitzung am Freitagabend.

Kommentar: Sachsen braucht realistische Demo-Regeln

+++ Sachsen bereitet sich auf Omikron vor +++

Zwar sinkt die 7-Tage-Inzidenz in Sachsen, doch das Land bereitet sich bereits auf die Welle der deutlich ansteckenderen Omikron-Variante des Coronavirus vor. In zwei bis drei Wochen könnten die Zahlen wieder steigen, schätzen Experten. Das exponentielle Wachstum bedroht auch kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser, Energieversorger, Nahverkehr und Einsatzkräfte. In Sachsen gibt es für mögliche Engpässe keinen Krisenstab, aber die jeweiligen Einrichtungen und Unternehmen seien dennoch vorbereitet, teilte das Innenministerium mit.

Verkehrsunternehmen sollen in jedem Fall ein Grundangebot für bestimmte Berufsgruppen bereitstellen können, in Krankenhäusern und Pflegeheimen ist eine "Arbeitsquarantäne" möglich, die die Versorgung aufrechterhalten kann. Energieversorger versuchen Teile wesentliche Teile auf Homeoffice umzustellen, auch im Rettungswesen, dem Brand- und Katastrophenschutz sowie bei der Polizei gebe es Pläne für alle möglichen Szenarien, so das Innenministerium. Zudem sollen nach Plänen der Gesundheitsministerkonferenz geimpfte Mitarbeiter kritischer Bereiche nur noch für fünf Tage in Quarantäne.

+++ Über 100 Corona-Tote in Sachsen gemeldet +++

Sachsens Gesundheitsministerium hat binnen eines Tages 3.922 neue Corona-Infektionen gemeldet, etwas mehr als eine Woche zuvor (3.610). Zudem wurden am Mittwoch 101 weitere Todesfälle im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung registriert. Mit 17 wurde die höchste Totenzahl aus dem Landkreis Bautzen gemeldet, 16 Tote waren im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und 13 im Erzgebirgskreis zu beklagen, zwölf im Landkreis Görlitz.

Gute Nachrichten hingegen in Sachsens Krankenhäusern: Dort sind die Zahlen der Covid-19-Patienten sowohl auf Normalstationen als auch in Intensivbetten unter die kritischen Belastungswerte gesunken. Auf normalen Stationen liegt dieser Wert bei 1.300 mit Covid-Patienten belegten Betten (aktuell 1.028), für Intensivstationen 420. Dort liegen nach Zahlen des Sozialministeriums noch 414 Covid-Patienten. Allerdings wird der kritische Wert von 170 Betten im Krankenhaus-Cluster Dresden, einem von dreien in Sachsen, noch immer deutlich überschritten: Er liegt bei 203.

Alle Informationen zur Corona-Pandemie finden Sie in unserem kostenlosen Newsblog.

+++ Jens Maier will zurück in die Justiz +++

Der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier will wieder zurück in die sächsische Justiz. Er habe schriftlich und auch fristgerecht den Antrag auf Rückkehr in das frühere Dienstverhältnis gestellt, teilte das Justizministerium auf Anfrage von Sächsische.de mit. Maier hatte bei der Wahl im September seinen Wahlkreis und damit das AfD-Bundestagsmandat verloren, offenbar wird er auch kein Rechtsberater für die Landtagsfraktion. Rechtlich hat Maier einen Anspruch auf eine Stelle mit der früheren Besoldung in der sächsischen Justiz. Allerdings könnten frühere öffentliche Äußerungen Maiers eine disziplinarrechtliche Prüfung durch den Dienstherrn erfordern.

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