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Wie in Stolpen eine Corona-Zeitkapsel entsteht

Auch im Lockdown bleiben die Initiatoren von Stolpen800 aktiv und entwickeln ein neues Projekt. Mitmachen können alle. Das Ende ist offen.

Von Anja Weber
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Annett Immel und Matthias Stark werben für ein neues Projekt. Die Stolpener sind aufgerufen, ihre ganz persönlichen Corona-Geschichten aufzuschreiben.
Annett Immel und Matthias Stark werben für ein neues Projekt. Die Stolpener sind aufgerufen, ihre ganz persönlichen Corona-Geschichten aufzuschreiben. © Steffen Unger

Ein bislang einmaliges Projekt im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ist vor Kurzem in Stolpen gestartet. Unter dem Motto "Was macht uns Mut in diesen verrückten Zeiten" sind die Einwohner aufgerufen, ihre ganz persönlichen Geschichten mit der Corona-Pandemie zu Papier zu bringen. Die Idee dazu hatte Tourismuschefin Annett Immel. Innerhalb des Projektes Stolpen800 soll diese umgesetzt werden. Sie selbst war im Herbst letzten Jahres an Corona erkrankt und hat die Folgen der Pandemie auch in ihrer Familie zu spüren bekommen. Auch sie leidet unter dem Lockdown, kaum Touristen, niemanden dem man die Stadt erklären könnte. Ihr Büro und die Touristinformation im Alten Amtsgericht am Stolpener Markt fast verwaist.

Doch den Kopf in den Sand oder auch in den Stolpener Basalt zu stecken, ist nicht ihr Ding und auch nicht das so mancher Stolpener. Und damit war die Idee geboren, Geschichten zu sammeln, diese zu verarbeiten. Herauskommen soll eine szenische Lesung, eine musikalisch-literarisches Programm oder gar ein Buch, sozusagen eine Art Zeitzeugnis. Geht es um Lesungen oder Bücher, ist der Stolpener Autor Matthias Stark nicht weit entfernt. Er organsiert seit einiger Zeit mit seiner Frau Gudrun das Stolpener Lesepodium. Doch auch das musste aufgrund Corona schon mehrmals ausfallen.

Auf die Frage, ob er den künstlerischen Teil, das Zusammenstellen des Leseprogramms und die Regie übernehmen könnte, habe er einfach mit Ja antworten müssen. "Da ich ihre Idee klasse finde und Lesungen seit vielen Jahren mein Thema sind, habe ich spontan zugesagt. Wir wollen versuchen, möglichst viele Stimmen einzufangen und bei der Lesung zu Wort kommen zu lassen. Es gibt ja mittlerweile ganz viele unterschiedliche Meinungen und unsere szenische Lesung soll ein möglichst breites Spektrum von diesen Meinungen abbilden", sagt er.

Ziel der Aktion sei es, ins Gespräch zu kommen, das Erlebte aufzuarbeiten und nicht einfach nur herunterzuschlucken. Man wolle vor allem konstruktiv mit der Situation umgehen und möglichst gestärkt daraus hervorzugehen, sagt Annett Immel, eben frei nach dem Zitat von Pippi Langstrumpf.

Pippi Langstrumpf und Corona

Die Lesung soll Spiegel der derzeitigen Situation sein. Annett Immel hat dafür ein passendes Zitat bei Pippi Langstrumpf oder vielmehr deren Schöpferin, der Schriftstellerin Astrid Lindgren gefunden. Das lautet: "Der Sturm wird stärker. Das macht nichts. Wir auch!" Die Sätze haben ihr persönlich Mut gemacht. "Ich musste natürlich schmunzeln. Die pragmatische Sichtweise hat etwas Entwaffnendes, nimmt der Katastrophe den Stachel", sagt sie. Und nicht zuletzt wecke es Kräfte und stärke das Selbstbewusstsein. Eigenschaften die so mancher in dieser Zeit benötige und eben auch schon hervor gebracht habe.

"Wir wollen keinesfalls belehren oder irgendetwas besser wissen, insofern sind wir auf die Berichte und Geschichten unserer Mitmenschen gespannt. Diesen Geschichten und Gedanken wollen wir Gestalt und Stimme geben. Das Beste was, uns nach der Veranstaltung passieren kann, ist, dass unser Publikum nachdenklich nach Hause geht und auch den Blick aus anderer Perspektive gelten lässt", sagt Matthias Stark.

Deshalb sind die Stolpener auch aufgerufen, in ihren Geschichten auf verschiedene Fragen oder Themen einzugehen. Wie etwa, was macht ihnen Mut in diesen verrückten Zeiten? Was gibt Kraft, was geht durch Kopf und Herz? Gibt es ein Ritual oder einen Trick oder bestimmte Gegenstände die in den letzten Monaten an Bedeutung gewonnen haben. Aber auch Geschichten von Menschen, die mit der Situation überhaupt nicht klar kommen, vielleicht auch schon mit Depressionen zu kämpfen haben, sind willkommen. Denn auch das gehört leider mit dazu.

Ein Zeugnis für die Nachwelt

Ein paar interessante Texte liegen bereits vor. Der Entwurf des Textbuches umfasst mittlerweile bereits über 40 A4-Seiten. "Insofern bin ich frohen Mutes, dass wir ein abendfüllendes Programm auf die Beine stellen können", sagt Matthias Stark. Außerdem wird es eine musikalische Begleitung geben, so wird auf jeden Fall Jens Opitz mit seiner Gitarre mit von der Partie sein. Gesucht werden auch noch Menschen, die vielleicht als Vorleser mitwirken möchten. Diese können sich per Mail melden, ebenso können da auch die Geschichten hingeschickt werden.

Großes Ziel des Projektes ist es, eine Art Zeitkapsel entstehen zu lassen. In dieser sollen eine Sammlung von persönlichen Berichten, Fotos, Gegenstände, Briefe, Lieder und Gedichte kommen, eben alles was das Leben in der Pandemie im Stolpener Land widerspiegelt. Die Ideen gehen aber noch weiter. So ist ein weiteres Stolpener Gespräch zu diesem Thema in Planung, auch ein weiteres Stolpener Heft könnte so entstehen. Eben alles, um für die Nachwelt die Emotionen, das Geschehene und alles was damit verbunden ist, festzuhalten.

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