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Wilsdruffer setzen Zeichen gegen Hass und Hetze

An der Aktion "Wilsdruff ist helle" beteiligen sich aber weniger Leute, als von den Teilnehmern erhofft. Am Rande gab es einen Zwischenfall.

Von Maik Brückner
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Ralf Pietsch und Elisabeth Hentschel kamen am Donnerstag vor die St. Nicolai-Kirche in Wilsdruff, um sich an der Aktion "Wilsdruff ist helle!" zu beteiligen. Sie zündeten Kerzen an.
Ralf Pietsch und Elisabeth Hentschel kamen am Donnerstag vor die St. Nicolai-Kirche in Wilsdruff, um sich an der Aktion "Wilsdruff ist helle!" zu beteiligen. Sie zündeten Kerzen an. © Daniel Schäfer

Ralf Pietsch und Elisabeth Hentschel gehen in die Hocke und zünden eine Kerze an. Bei dem kalten Wind, der hier auf dem Platz vor der St. Nicolai-Kirche weht, ist das nicht so einfach. Letztlich gelingt es den beiden Kesselsdorfern. Sie gehören zu den Teilnehmern, die dem Aufruf von Grünen-Stadtrat Ronny Haupt gefolgt sind.

Er hatte die Wilsdruffer unter dem Motto "Wilsdruff ist helle" aufgerufen, hier - am Donnerstagabend - eine Kerze zu zünden, um damit ein Zeichen für den solidarischen Umgang mit der Pandemie und den erforderlichen Maßnahmen zu setzen. Es sollte an Opfer der Pandemie gedacht werden. Zudem sollte die Aktion ein Zeichen gegen Verschwörungstheorien, Extremismus, Hass und Hetze setzen.

Durch diese Pandemie müssen alle durch

"Ich finde es gut, dass hier ein Zeichen gegen Hass und Hetze gesetzt wird", sagt Ralf Pietsch. Persönlich habe er das noch nicht leben müssen, aber ihn ärgere, wie Bürgermeister, Krankenschwestern, Polizisten oder Rettungshelfer beschimpft werden. Elisabeth Hentschel, die in der Fußpflege arbeitet, hört jeden Tag die unterschiedlichen Meinungen zum Thema Corona und Impfungen.

Hin und wieder fallen auch abfällige Bemerkungen, weil sie geimpft ist. "Ich sage meinen Kunden, dass ich deshalb nicht verurteilt werden möchte. Mir war das wichtig." Sie selbst verurteile auch keinen, der sich nicht impfen lässt. "Ich akzeptiere es, wie es ist." Durch diese Pandemie müssten alle durch, egal wie man dazu steht.

Auch Veneta Schubert kam vor die Kirche. "Pandemiezeiten sind ganz schwer für alle. Wir müssen zusammen versuchen, das zu überstehen und durchzustehen. Das klappt nicht mit Brüllen und überall Kontra geben", sagt die Wilsdrufferin. Viel wichtiger seien Solidarität und gegenseitige Rücksichtnahme. "Ich hoffe, dass die Aktion wiederholt wird und den Spaziergängern nicht die Bühne überlassen wird."

Gegen 18.30 Uhr standen etwas mehr als 30 Kerzen auf dem Boden vor der Kirche. Die Teilnehmer hatten gehofft, dass sich mehr an der Aktion beteiligen. "Ich finde es schade. Ich freue mich, über die, die gekommen sind. Es ist ein guter Anfang", sagt Elisabeth Hentschel. Wenig später singt ein kleiner Chor den Kanon "Dona nobis pacem", zu Deutsch "Gib uns Frieden".

Mit Kerzen gegen Hass und Hetze und für mehr Solidarität.
Mit Kerzen gegen Hass und Hetze und für mehr Solidarität. © privat

Am Ende hat Organisator Ronny Haupt 70 Kerzen gezählt. Er hatte auf mehr Teilnehmer gehofft. Es könnte durchaus sein, dass es am Wetter liegt, sagt er. Vielleicht lag es aber auch an der kurzen Vorlaufzeit. Er hatte am Wochenende zu der Aktion eingeladen. "In der Kürze der Zeit konnten wir vielleicht nicht alle erreichen, die unser Anliegen unterstützen würden". Vielleicht war das Motto "Wilsdruff ist helle" nicht ganz glücklich gewählt, meinte ein Teilnehmer. Es klinge ein wenig überheblich.

Ein Böller explodiert

Eine Wiederholung in diesem Format hat Ronny Haupt zunächst nicht geplant. Es könnte in anderer Form etwas geben.

Es gab auch Zaungäste der Aktion. Sechs junge Männer hatte sich gegen 18 Uhr unweit der Kirche versammelt, einige sollen laut Haupt Mützen in den Reichsfarben schwarz, weiß und rot getragen haben. Sie wurden von den Polizisten angesprochen und belehrt. "Die Jugendlichen wirkten nicht störend auf die Veranstaltung", so ein Polizeisprecher. Während des Gespräches wurde unweit der Kirche ein Böller gezündet. Von wem, das konnten die Beamten nicht feststellen.

Später habe Haupt erfahren, dass diese Gruppe mit Baseballschlägern ausgestattet gewesen sein soll. Die Polizei konnte das nicht bestätigen. Haupt war froh, dass die Beamten vor Ort waren. Er gehe davon aus, dass das Auftauchen der Polizei dazu geführt habe, dass außer dem Böller nichts weiter passiert ist. "Für mich zeigt das, dass diese Aktion richtig und wichtig war", so Haupt.

Auch der Wilsdruffer Oliver Köbe hat die Aktion beobachtet. Es waren keine jungen Männer, die da von der Ferne zuschauten, sondern sechs Teenager im Alter zwischen 15 und 16 Jahren, die sich das anschauen wollten. Darunter war auch sein Sohn, sagt er. "Nur einer trug eine Wollmütze in den Farben schwarz, weiß und rot". Er kenne diesen. Ob dahinter eine Gesinnung steht, vermag er nicht zu sagen. Eins wisse er aber ganz genau: Baseballschläger haben die Jugendlichen definitiv nicht dabei gehabt, sagt der Wilsdruffer.

Das bestätigt Polizeisprecher Lukas Reumund: "Die Jugendlichen führten keinerlei Gegenstände wie Transparente, Baseballschläger, Pyrotechnik oder ähnliches mit."