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Der Tag nach dem Brand

Brandermittler und Bauaufsicht im Radebeuler Handwerksbetrieb. Viele Bürger bieten Hilfe an.

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© René Plaul

Von Peter Redlich

Radebeul. Dirk Otto hat sich die Brandreste aus den Haaren gewaschen. Die Jacke vom Donnerstag mit den versengten Löchern trägt er noch. Er und sein Bruder Maik sind beinahe pausenlos am Telefonieren.

Die Brandermittler vom Revier Meißen und vom Landeskriminalamt waren am Freitagvormittag vor Ort.
Die Brandermittler vom Revier Meißen und vom Landeskriminalamt waren am Freitagvormittag vor Ort. © René Plaul
Mit einem Band haben die Bewohner das Grundstück abgesperrt.
Mit einem Band haben die Bewohner das Grundstück abgesperrt. © René Plaul
Pantomime Ralf Herzog hilft.
Pantomime Ralf Herzog hilft. © PR

Die beiden haben am Donnerstag gemeinsam mit ihrer Mutter eine der schlimmsten Katastrophen in ihrem Leben erleiden müssen. Ein verheerender Brand, ausgebrochen im Dach ihres Handwerksbetriebes, hat große Teile ihrer Existenz vernichtet. Von kurz nach zehn Uhr am Vormittag bis in den Nachmittag kämpften Feuerwehrmänner aus ganz Radebeul und den Nachbarorten gegen die immer wieder auflodernden Flammen.

Heute ist das ganze Ausmaß der Schäden deutlich zu erkennen. Der gesamte Dachstuhl ist nur noch ein verkohltes Skelett. Das Mauerwerk ist angegriffen. Vom Vorderhaus haben die Flammen über den Dachstuhl nach dem Hinterhaus gegriffen, zeigt Radebeuls Wehrleiter Roland Fährmann auf die schwarzen Stellen am Giebel.

Das Büro der Rollläden- und Markisenfirma samt der Rechentechnik befand sich im Dachgeschoss. Eine Wand voller Ordner brannte lichterloh. Sechs Arbeitsplätze, so Dirk Otto, sind von dem Schaden betroffen.

Per Handy versuchen die beiden Handwerker ihr Leben wieder zu ordnen. Das Arbeitsamt anrufen und die Mitarbeiter anmelden. Mit der Versicherung telefonieren. Immer wieder Gespräche mit Kunden, die mit ihrem Auftrag möglichst zu ihnen halten sollen. Die Werkstatt und das Wohngebäude im rückwärtigen Teil der Meißner Straße 100 a sind verschont geblieben. Von dort muss neu gestartet werden.

Dirk Otto wird beim Telefonieren immer wieder unterbrochen von Freunden und Berufskollegen, die vorbeikommen, ihn und seinen Bruder in den Arm nehmen und Hilfe anbieten. Einer, der das spontan und unkompliziert auch tut, ohne die Familie Otto näher zu kennen, ist der Radebeuler Künstler Ralf Herzog. Er wohnt unweit des Handwerkerbetriebes und hat den Brand am Donnerstag miterlebt. Herzog schreibt auf seiner Facebookseite: „Ich spiele heute Abend (Freitag), im Theater August im Rathaus Pieschen Best of Herzog, 20 Uhr. Alle Einnahmen gehen zugunsten der Betroffenen. Ich würde mich freuen, wenn ihr dies unterstützen würdet. Bitte kommt, Radebeuler helfen!“ Eine Karte kostet 15 Euro. Erste Reaktionen gibt es bereits in den sozialen Netzwerken. „Großartig! 15 Euro für eine imaginäre Karte am Eingang“, schreibt beispielsweise Katrin Süss. Viele Andere loben Herzog für seine Hilfe. Der Künstler und die Handwerker wollen noch am Freitag miteinander telefonieren.

Helfen im Sinne von Aufklären will auch die Polizei. Die Brandermittler vom Meißner Revier sind gleich am Freitagmorgen vor Ort. Die Gebäudetüren der Firma Otto sind bereits seit Donnerstag versiegelt. Hinter den Türen treten die Beamten schon im Erdgeschoss in Wasserpfützen und Aschereste. In den oberen Räumen ist auf den ersten Blick sichtbar – offensichtlich Totalschaden. Das zu Eis gefrorene Wasser der Feuerwehrspritzen bildet bizarre Formen an den Häuserwänden und Fensterläden.

Weil die Feuerwehr immer neue Brandnester, die sich aus der Dachdämmung gebildet hatten, bekämpfen musste, hat sie zum Abschluss einen Schaumteppich über alles gelegt. Wehrleiter Roland Fährmann: „Wir wollten verhindern, dass irgendwo sich wieder etwas Schwelendes entzünden kann.“ Ist auch nicht passiert. Aber der Schaumteppich verhindert, dass der Spürhund der Brandermittler eingesetzt werden kann. Ein Beamter: „Es bringt jetzt nichts, zu wühlen. Wir müssen warten, bis sich der Schaum aufgelöst hat.“ Wahrscheinlich müsse man Montag oder Dienstag nochmals in das Gebäude. In Sörnewitz beim Brand des Fischhandels sei es ähnlich gewesen. Am Sonntag hatte es dort gebrannt. Erst am Dienstag konnte der Spürhund schnuppern.

Ein Bild von den Schäden haben sich auch die Radebeuler Mitarbeiterinnen von der Bauaufsicht gemacht. Ihre Feststellung: Das Haus ist nicht nutzbar. Sie haben die Ottos gebeten, rund ums Haus abzusperren, damit niemand von einem herunterstürzenden Teil geschädigt wird. Das haben die Ottos allerdings auch schon von alleine getan – Schaulustige seien immer wieder bis in ihren Hof marschiert. Die beiden Brüder brauchen jetzt Ruhe. Sie wollen neu beginnen. „Die Werkstatt steht. Wir können unsere Aufträge abarbeiten und wünschen uns, dass die Kunden zu uns halten“, so Dirk Otto.