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Jetzt ist Zeit für Frühlingsgefühle – auch im Bett

Warum auch Männer manchmal einen Orgasmus vortäuschen und wie selbst bei routinierten Paaren wieder Schwung ins Liebesleben kommt.

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Sorgen Sie für Überraschungen!
Sorgen Sie für Überraschungen! © dpa/Christophe Gateau

Sind Frühlingsgefühle ein Mythos? Nein, sagt Paar- und Sexualtherapeutin Heike Melzer. „Durch den Verzicht im Winter schärfen sich unsere Sinne. Wir bemerken, dass die Tage länger werden, Blumen, Vögel, Sonne – wir freuen uns auf die schöne Jahreszeit.“

Dadurch werde bei Menschen die Ausschüttung von Dopamin und Serotonin angeregt, die oft auch als Glückshormone bezeichnet werden, so Melzer. Dieser Boost sorge wiederum dafür, dass die Libido steigt. Lust heißt aber noch nicht, dass wirklich was passiert - gerade bei routinierten Paaren.

Was passiert eigentlich bei einem Orgasmus im Gehirn?

Beim Sex bis hin zum Orgasmus wird im menschlichen Gehirn viel Dopamin ausgeschüttet. Es sorgt für eine Art Rauschzustand, sexuelle Erregung und gute Gefühle. Außerdem wird das Hormon Oxytocin, auch Kuschelhormon genannt, freigesetzt. Es unterstützt das Gefühl von Nähe und Geborgenheit und hemmt außerdem die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol. Auch Prolaktin wird ausgeschüttet. Dieses Hormon fördert unter anderem Beruhigung und Schlaf und führt vor allem bei Männern nach der Ejakulation zu einer Art Erregungsstopp. Nötig ist dann zunächst eine Erholungspause, bevor man wieder empfänglich für sexuelle Reize ist.

Wie lange dauert ein Orgasmus?

Bei Frauen kann der Höhepunkt allgemein länger anhalten als bei Männern. Ein weiblicher Orgasmus kann Studien zufolge etwa 20 Sekunden, aber auch länger zu fühlen sein, während er bei Männern oft nach ein paar Sekunden vorbei ist. Dafür geht es bei ihnen wiederum schneller: Es genügen oft wenige Minuten bis zur Ekstase, während bei Frauen in einer Studie von 2020 von etwa 13 Minuten die Rede ist.

Wer kommt häufiger: Frauen oder Männer?

In heterosexuellen Beziehungen kommt der Mann häufiger. Diese Lücke zwischen Männern und Frauen nennt man auch „Gender Orgasm Gap“. Ein Forschungsüberblick aus dem Jahr 2022 zeigt als Ergebnis, dass beim Heterosex typischerweise zwischen 30 und 60 Prozent der Frauen kommen, bei den Männern sind es zwischen 70 und 100 Prozent. Die Orgasmus-Lücke schließe sich tendenziell mit zunehmender sexueller Erfahrung.

Die größten Unterschiede gibt es demnach beim ersten Sex, bei dem nur sieben Prozent der befragten Frauen gegenüber 79 Prozent der Männer kamen. Der Auswertung zufolge erreichen Frauen mit festen Partnern eher einen Höhepunkt als mit unverbindlichen Bekanntschaften. Dies könne unter anderem daran liegen, dass Männer sich in festen Beziehungen mehr um die Befriedigung ihrer Partnerin bemühen.

Ist es möglich, mehrmals zu kommen?

Auch wenn das Phänomen, multiple Orgasmen erleben zu können, häufig nur Frauen zugeschrieben wird, können theoretisch auch Männer diese Erfahrung machen. Während der weibliche Körper nach dem Höhepunkt schnell wieder für sexuelle Erregung empfänglich ist, braucht der männliche zuerst eine Erholungsphase. Nach ausreichender Pause ist es jedoch auch manchen Männern möglich, erneut zu kommen.

Täuschen Frauen häufiger den Höhepunkt vor?

Häufig gilt das Vortäuschen eines Orgasmus in heterosexuellen Beziehungen als eher weibliches Thema. Nach Angaben einer ungarischen Forschergruppe haben ihn etwa 30 bis 70 Prozent der Frauen in ihrem Leben schon einmal simuliert. Laut der Umfrage aus dem Jahr 2022 ist Unsicherheit der häufigste Grund dafür. Demnach gaben viele an, Angst zu haben, andernfalls als „dysfunktional“ zu gelten. Außerdem wollte eine Vielzahl der Frauen nach eigenen Angaben Konflikten aus dem Weg gehen oder das Selbstwertgefühl des Partners stärken.

Doch auch Männer spielen Dinge mitunter nur vor. So gaben die 18- bis 29-jährigen Teilnehmer einer 2016 veröffentlichten Umfrage aus Kanada an, bei etwa jedem vierten Geschlechtsakt in ihrer aktuellen Beziehung einen Orgasmus vorzutäuschen, am häufigsten bei vaginalem Sex. Die Gründe dafür variierten unter anderem zwischen wenig Erfahrung, schlechter Partnerwahl, geringem Verlangen und Unzufriedenheit mit der Beziehung.

Wie verändert sich das Gefühl im Alter?

Grundsätzlich kann Lust und sexuelles Verlangen bei allen lange erhalten bleiben, doch erleben Menschen Orgasmen im hohen Alter weniger intensiv. Davon sind nach medizinischen Erkenntnissen Frauen und Männer gleichermaßen betroffen.

Daneben nimmt beim Mann auch die Erektionsfähigkeit mit dem Alter deutlich ab. Zudem steigt die Zeit, die es nach einer Ejakulation bis zur nächsten möglichen Erektion braucht. Bei Frauen verzögert sich mit zunehmendem Alter etwa die Befeuchtung der Vagina bei Erregung.

Was kann ich tun, um wieder mehr Schwung ins Liebesleben zu bringen?

Schenken Sie sich gegenseitig ungeteilte Aufmerksamkeit. Sorgen Sie für Überraschungen. „Mieten Sie ein Hotelzimmer für eine Nacht, nehmen Sie Massageöl mit“, empfiehlt Melzer. Oder wie wäre es, gerade in Alltagssituationen „drunter“ irgendwas Aufregendes zu tragen? Eine weitere Idee: „Fahren Sie in die Natur.

„Manche Paare holen sich Anregungen auf Erotik- und Fetischmessen oder beim frivolen Ausgehen.“ Hilfestellungen für neue Erfahrungen bieten auch Angebote wie Sexspielzeug-Kalender.

Und wenn von sexy Frühlingserwachen trotzdem nichts zu spüren ist? „Darüber sollten Sie sprechen“, so Melzer. „Aber es ist nie gut, das Gespräch zu eröffnen mit: „Ist dir auch aufgefallen, dass wir schon echt lange keinen Sex mehr hatten?““ Klagen sei immer leichter, jedoch nicht immer hilfreich. „Formulieren Sie lieber drei konkrete Wünsche, die Sie an Ihre Beziehung haben. Das könnte sein, dass Sie bis Silvester mit ihrem Partner wieder offener über Ihr Sexleben reden möchten.“ (dpa)