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Missbrauchsgutachten unter Verschluss

Der Kölner Kardinal Woelki hat ein Gutachten zum Missbrauch in der katholischen Kirche in Auftrag gegeben. Veröffentlichen möchte er es jedoch nicht.

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Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln möchte das Ergebnis eines Missbrauchsgutachtens nicht veröffentlichen. Dabei hatte er es selbst in Auftrag gegeben.
Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln möchte das Ergebnis eines Missbrauchsgutachtens nicht veröffentlichen. Dabei hatte er es selbst in Auftrag gegeben. © Rolf Vennenbernd/dpa

Köln Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki will das von ihm in Auftrag gegebene Missbrauchsgutachten einer Münchner Anwaltskanzlei nicht veröffentlichen. Er begründete dies am Freitag in einer Pressemitteilung mit erheblichen Mängeln, die das Gutachten aufweise.

Das Gutachten sollte untersuchen, wie die Verantwortlichen im Erzbistum Köln in der Vergangenheit mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs gegen Priester umgegangen sind. Durchgesickert ist bereits, dass das Gutachten die Rolle des früheren Personalchefs Stefan Heße kritisch beurteilt. Gegen ihn gibt es Vertuschungsvorwürfe. Heße ist heute Erzbischof von Hamburg.

Statt des ursprünglichen Gutachtens will Woelki bis zum 18. März 2021 eine „vollständige Neufassung der Untersuchung“ veröffentlichen. Die Zusammenarbeit mit der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl werde beendet. „Das Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl wird nicht veröffentlicht“, heißt es in der Mitteilung. Die Kanzlei sei „wiederholt an ihrem Versprechen und am Anspruch der Betroffenen sowie des Erzbistums gescheitert, eine umfassende Aufarbeitung der Ereignisse und persönlichen Verantwortlichkeiten in Form eines rechtssicheren und belastbaren Gutachtens zu erreichen“. Es würden rechtliche Schritte gegen die Kanzlei geprüft.

Kirchenrechtler spricht von „Super-Gau“

Andere Bistümer scheinen keine Probleme mit Westpfahl Spilker Wastl zu haben: So ist die Kanzlei auch vom Erzbistum München und Freising mit einem Gutachten zum Umgang mit Missbrauchsvorwürfen beauftragt worden. Ein weiteres Gutachten der Kanzlei für das Bistum Aachen soll noch im November veröffentlicht werden.

Der Kirchenrechtler Thomas Schüller sprach in einer ersten Reaktion von einem „Super-Gau für das Erzbistum Köln und alle involvierten Beteiligten“. Man könne die Kritik an dem Münchner Gutachten nur dann valide juristisch bewerten, wenn man es im Wortlaut nachlesen könne, sagte der Münsteraner Professor. Das sei ein Gebot der Fairness. „Auf dem Rücken der Opfer werden gutachterliche Fechtereien inszeniert, die die Aufklärung von Verantwortlichkeit im Erzbistum Köln verschleppen und verzögern. Ein dunkler Tag für das Erzbistum Köln und den Kölner Kardinal Woelki und ein bitterer Tag für die Opfer.“

Der Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln unterstützt hingegen die Entscheidung. Sein Sprecher Patrick Bauer sagte: „Wir sind enttäuscht und wütend, dass die Münchener Kanzlei derart schlecht gearbeitet (...) hat.“  In dem Beirat sind Betroffene vertreten, die in ihrer Kindheit in der katholischen Kirche sexualisierte Gewalt erleiden mussten.

Woelki sagte, er sei sicher, dass das neue Gutachten des Kölner Strafrechtsexperten Björn Gercke nun „zu einem belastbaren und rechtssicheren Ergebnis“ kommen werde. „Ich erwarte keine Schonung - im Gegenteil», betonte der Chef des größten deutschen Bistums. (dpa)