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Wieder mehr Drogentote in Deutschland

Substanzen wie Heroin und Kokain haben wieder mehr Menschen das Leben gekostet. Und die Corona-Krise verschärft Probleme für Abhängige oft noch weiter.

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Nachdem sie die Cracksteine mit Hilfe von Wasser und Ascorbin aufgelöst hat, zieht eine drogenabhängige Frau das Crack in einer Spritze auf, um es sich anschließend zu spritzen.
Nachdem sie die Cracksteine mit Hilfe von Wasser und Ascorbin aufgelöst hat, zieht eine drogenabhängige Frau das Crack in einer Spritze auf, um es sich anschließend zu spritzen. © Boris Roessler/dpa (Archiv)

Berlin. Die Zahl der Drogentoten in Deutschland ist inmitten der Corona-Pandemie erneut deutlich gestiegen. Wegen des Konsums illegaler Substanzen starben im vergangenen Jahr 1581 Menschen, wie die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig (CSU) am Donnerstag mitteilte. Das waren 183 gemeldete Fälle (13 Prozent) mehr als 2019. Häufigste Ursache waren weiterhin Überdosierungen von Opioiden wie Heroin und Morphin. Sorgen bereiten auch Langzeitschädigungen, die zum Tod führen, und Drogen-Cocktails mit gemischten Substanzen. Corona-Beschränkungen erschweren teils wichtige Begleitungsangebote.

Ludwig sagte: "Die Lage ist für suchtkranke Menschen durch die Pandemie mehr denn je dramatisch." Viele seien durch Corona in eine verstärkte Lebenskrise geraten. "Gewohnte Strukturen, persönliche Hilfsangebote und Ansprechpartner sind quasi von einem Tag auf den anderen weggebrochen." Dies könne auch ein Grund dafür sein, dass sich mehr Drogenkonsumenten als in den Vorjahren das Leben genommen hätten. Suchthilfe müsse gerade jetzt in der Krise aufrechterhalten und finanziert werden. "Vor Ort kommt es weiter auf jede Hilfe an."

Hinter jedem Todesfall stehe ein tragisches Schicksal, sagte die Beauftragte der Bundesregierung. "Und es sind Zahlen, die traurig machen." Insgesamt gab es wie schon 2019 einen stärkeren Anstieg, nachdem die Zahl der Toten 2018 annähernd konstant geblieben war. An Opioiden wie Heroin und Morphin starben laut den registrierten Fällen nun 572 Menschen, nachdem es im Jahr zuvor 650 gewesen waren. Die zweithäufigste Todesursache waren demnach Langzeitschädigungen, die durch Drogenkonsum verursacht wurden. Daran starben nun 432 Menschen.

"Wir sehen, dass gerade das Mischen von Substanzen häufig tödlich ist", sagte Ludwig. Auch Todesfälle in Verbindung mit Kokain und Crack nahmen auf 48 im vergangenen Jahr zu. Insgesamt die meisten Drogentoten gab es weiterhin in den bevölkerungsreichsten Ländern Nordrhein-Westfalen (401 Tote) und Bayern (248) sowie in der größten deutschen Stadt Berlin (216). Die FDP forderte direkte Programme des Bundes, um Suchtkranken zu helfen. Ludwig mache es sich zu einfach, wenn sie Ursachen in der Pandemie sehe und Länder und Kommunen verantwortlich mache, sagte FDP-Fachpolitiker Wieland Schinnenburg.

Weniger Alkohol wird getrunken

Die Bundesbeauftragte lenkte den Blick erneut auf neue Methoden, um Gesundheitsschäden bei Abhängigen zu minimieren. Darüber sollte man nicht nur nachdenken, sondern sie in Modellprojekten testen. "Beim Anti-Opiat-Nasenspray Naloxon legen wir damit bald bundesweit los." Nötig seien eine noch flächendeckendere Versorgung mit Ersatzstoffen (Substitution) und mehr Unterstützung in "Übergangssituationen" wie bei Haftentlassungen. "All das kann Leben retten."

In der Statistik nicht erfasst sind Folgen von Alkohol und Rauchen, die nach wie vor die größten Gesundheitsschäden anrichten. Am Konsum von Tabak sterben jährlich 127 000 Menschen, wie es im jüngsten Jahresbericht der Drogenbeauftragten hieß. In der Corona-Krise haben die Menschen in Deutschland nun weniger Alkohol getrunken als zuvor - aber wohl mehr geraucht. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, das am Donnerstag Details zu Steuereinnahmen, Produktion und Preisen von Genussmitteln vorlegte. Sehr stark ging demnach der Bierkonsum zurück, und zwar um 5 Liter auf 86,9 Liter pro Kopf. Als einen Grund sehen Experten fehlende Trinkgelegenheiten wegen geschlossener Gaststätten und abgesagter Großveranstaltungen. (Sascha Meyer, dpa)