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Deutschlands skurrilste Ampel bleibt länger

Die einzige Zufahrt nach Halbestadt wird später fertig als geplant. Anwohner müssen nach der Winterpause erneut Umleitung fahren - und bis zu 30 Minuten anstehen.

Von Katarina Gust
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Provisorische Umleitung nach Halbestadt: Wer zur falschen Zeit kommt, sieht 30 Minuten Rot.
Provisorische Umleitung nach Halbestadt: Wer zur falschen Zeit kommt, sieht 30 Minuten Rot. © Archivfoto: Norbert Millauer

Seit einem halben Jahr müssen die Anwohner von Halbestadt in der Sächsischen Schweiz genau auf die Uhrzeit achten. Zumindest, wenn sie mit dem Auto in oder aus dem Ortsteil von Königstein fahren wollen. Denn die einzige Zufahrtsstraße nach Halbestadt wird seit dem Frühjahr ausgebaut. Die Trasse, die als Teil des rechtselbischen Elberadwegs gilt, ist so schmal, dass sie wegen der Bauarbeiten komplett gesperrt werden muss. 

Damit Halbestadt dennoch erreichbar bleibt, gibt es eine provisorische Ausweichroute. Diese verläuft von Waltersdorf aus über einen Forstweg. Auch dieser Weg ist so schmal, dass nur ein Auto darauf Platz hat. Der Verkehr wird deshalb per Ampel geregelt. Diese schaltet jedoch nur alle 30 Minuten auf Grün - in die gleiche Richtung.  Wer die Grünphase verpasst, muss bis zu einer halben Stunde warten, bis es weiter geht. Warum die Ampel so lange Rot zeigt, hängt mit der Länge des Waldweges zusammen. Autos brauchen im Schnitt acht Minuten für die holprige und enge Strecke durch den Wald. Wenn die Ampel auf einer Seite auf Grün springt, haben Fahrzeuge insgesamt 15 Minuten Zeit, bis sie die zweite Ampel passiert haben. Dann bekommt die Gegenrichtung Grün. Und das für eine knappe Minute. Zur vollen und halben Stunde schaltet die Ampel von Halbestadt kommend in Richtung Waltersdorf auf Grün. In der Gegenrichtung passiert das jeweils um Punkt Viertel und Dreiviertel. 

Bauverzug wegen Corona

Deutschlands wohl skurrilste Ampel soll Ende November erst einmal außer Betrieb gehen. Bis zur Winterpause sollte der erste Bauabschnitt an der eigentlichen Zufahrt nach Halbestadt fertig sein. Jetzt steht allerdings fest: Es gibt Verzug. Der erste Abschnitt wird daher dieses Jahr nicht mehr fertig. Das war eigentlich geplant. 2021 muss der Rest nachgeholt werden. Das bedeutet auch, dass Anwohner länger auf die Umleitung geschickt werden.

Gebaut wird aktuell auf einem knapp 400 Meter langen Stück. Aus Richtung Prossen kommend befindet es sich genau zwischen der Gemeindegrenze und der ersten Ausweichstelle. Es ist das gefährlichste Stück der gesamten Trasse, denn hier ist der Hang in Bewegung. Die Straße bekommt deshalb in Richtung Elbe eine aufwendige Stützmauer.  

Links ein Hang, rechts ein Hang: Die schmale Zufahrt nach Halbestadt wird derzeit verbreitert. Fertig werden die Bauleute bis zur Winterpause damit aber nicht.
Links ein Hang, rechts ein Hang: Die schmale Zufahrt nach Halbestadt wird derzeit verbreitert. Fertig werden die Bauleute bis zur Winterpause damit aber nicht. © Oberthuer

Dass diese noch nicht fertig ist, hängt weitestgehend mit der Corona-Pandemie zusammen. "Der Kampfmittelbeseitigungsdienst hatte einen Bereich in der Mitte des Abschnitts nicht für die Bauarbeiten freigegeben", erklärt Ulf Gröger vom Bauamt in Königstein. Darunter wurde Munition vermutet. Der Teil der Trasse sollte deshalb gescannt werden, bevor er aufgerissen wird. Wegen der Corona-Krise stoppte der Kampfmittelbeseitigungsdienst in Sachsen jedoch die meisten Einsätze, um Munition freizulegen. Das betraf auch Halbestadt. 

Gebaut werden konnte deshalb erst nur um das gesperrte Teilstück herum. Erst von Halbestadt aus in Richtung Prossen. Dann von Prossen aus in Richtung Halbestadt. "Dafür musste die schwere Technik von der einen auf die andere Seite versetzt werden", sagt Gröger. Das hätte weitere Zeit gekostet. Wegen der Verzögerung wird nun der gesamte erste Bauabschnitt nicht planmäßig bis Ende November fertig. Im Frühjahr 2021 soll es deshalb an gleicher Stelle weitergehen.

Waldweg hat unter Verkehr gelitten

Was das für die umleitungsgeplagten Anwohner von Halbestadt bedeutet? Sie müssen über den Winter zwar nicht an der Endlos-Ampel anstehen. Sie wird vorübergehend abgebaut. "Denn auf der Umleitung durch den Wald kann kein Räum- und Streudienst fahren", sagt Gröger. Über den Winter wird deshalb die eigentliche Zufahrt an der Elbe freigegeben. Die Trasse wird bis dahin provisorisch ertüchtigt, sodass Autos darauf fahren können, teilt Königsteins Bürgermeister Tobias Kummer (CDU) mit. Ob am Elberadweg eine Ampel aufgestellt werden muss, ist noch offen. Das muss noch entschieden werden. 

Fest steht, dass die offenen Bauarbeiten ab dem kommenden Frühjahr nachgeholt werden - erneut unter Vollsperrung. Dann müssen die Halbestädter wieder auf den Waldweg ausweichen und die lange Ampelphase in Kauf nehmen. "Zuvor muss der Forstweg noch ertüchtigt werden, denn er hat unter dem Verkehr ganz schon gelitten", macht Kummer deutlich. Wie lange es dauern wird, bis der erste Bauabschnitt fertig ist, dazu will sich das Bauamt noch nicht äußern. "Es wird einige Zeit in Anspruch nehmen", sagt Ulf Gröger. Unklar ist derzeit auch, wann die weiteren Bauabschnitte folgen.

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