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Die Rasenputzer

Migranten machten jetzt den öffentlichen Grillplatz in Großenhain sauber. Einwohner waren kaum dabei. Liegt das an jüngsten Ereignissen?

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Gemeinsam für eine saubere Stadt“. So war die Putzaktion an der Festwiese überschrieben, zu der die Migrationsberatung der Diakonie und die Stadt gemeinsam eingeladen hatten. Der hiesige Grillplatz ist tatsächlich mit Müll und Glasscherben übersäht. Nicht nur Jugendliche tummeln sich nächtens hier. Der Platz ist auch Treffpunkt der älteren Großenhainer Trinkerszene, heißt es.

Achmed aus Libyen, Achmed aus Syrien, Khodadad aus Afghanistan sowie Ehrenamtler Andreas Kernbach haben mit Felix Kim und Leif Quoos von der Migrationsberatung zu Besen und Rechen gegriffen. Mehr Helfer sind leider nicht gekommen. „Wir machen´s trotzdem“, sagt Felix Kim voll Tatendrang. Nachdem Kerstin May vom Bauhof die Männer eingewiesen hat, geht es gleich los. Die Migranten beschäftigen sich nicht mit der Frage, warum die Reinigungsaktion nicht mehr Zuspruch findet. Sie haben mit sich zu tun. Zwei von ihnen sind als Flüchtlinge anerkannt, einer ist geduldet. Während dem syrischen Achmed eine wichtige Sprachprüfung bevorsteht, für die er lernen muss, ist Khodadad bereits in einer Ausbildung im Metallbaubetrieb Timmy Held. Die Familie des 19-Jährigen hielt sich im Iran auf, bis sie wieder nach Afghanistan musste – wo es noch gefährlich ist. Felix Kim und Leif Quoos vom Informations- und Kommunikationszentrum (IKZ) fragen sich aber schon, warum die Großenhainer sich nicht blicken lassen. Bei der Elbreinigung „Meißen putzt sich raus“ im Vorjahr war das anders. Könnte es auch mit den aktuellen Ereignissen in Chemnitz zu tun haben? Neuzuweisungen an Flüchtlingen nach Großenhain sind aber rückläufig.

Wie sehen die fleißigen Rasenputzer vom Grillplatz die Geschehnisse? Achmed aus Syrien hat einen Bruder in Chemnitz und weiß deshalb, was da passiert ist. Er fragt sich: „Warum haben die mutmaßlichen Mörder das gemacht?“ Wer nach Deutschland flieht, will doch eigentlich in Ruhe und Frieden leben. Warum dann solche Gewalt? Achmed hat keine Antwort, die anderen beiden Migranten auch nicht.

Felix Kim und Leif Quoos wollen sich lieber auf die „guten Seiten“ konzentrieren. Sie erzählen vom monatlichen internationalen Café im IKZ in der Marktgasse, das durchaus von Großenhainern besucht wird. Es könnte ein Bürgercafé werden. „Da reden wir oft darüber, dass Integration keine einseitige, sondern eine wechselseitige Angelegenheit ist“, sagt Leif Quoos. Bei einem Quiz wurde zum Beispiel gefragt, was die typischste deutsche Blume sei. „Dass es die blaue Kornblume ist, wissen auch viele Deutsche nicht“, so Leif Quoos. Die Großenhainer Migranten haben sich im Gegenzug mit der kürzlich beendeten Jugendumfrage und der Diskussion ums städtische Leitbild beschäftigt. Den Fragebogen an Jugendliche konnten sie sogar ausfüllen, das andere war zu schwer.

Mit dem Siemens-Gymnasium will die Migrationsberatung in Sachen Rassismus-Vorbeugung künftig zusammenarbeiten, sagt Felix Kim. Vielleicht ergibt sich eine Kooperation zur nächsten interkulturellen Woche. Die Diesjährige beginnt schon am 21. September im Landkreis. Sie will vor allem die persönliche Begegnung mit Flüchtlingen befördern. Das, was auch bei der Rasenputzaktion ein Ziel gewesen ist.