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Die sagenhafte Burg im Hochwald

Heute ist der Wald zwischen Schmiedeberg und Glashütte ein ruhiges Wandergebiet. Früher haben hier Ritter Bergleute und Grenzen bewacht.

Von Franz Herz
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Frank Schröder steht hier mit Christiane Hemker und Matthias Schubert an dem Steinhaufen im Wald zwischen Schmiedeberg und Glashütte, der sich als alte Burg herausgestellt hat. In der Nähe finden sich weitere Bergbauspuren aus dem Mittelalter.
Frank Schröder steht hier mit Christiane Hemker und Matthias Schubert an dem Steinhaufen im Wald zwischen Schmiedeberg und Glashütte, der sich als alte Burg herausgestellt hat. In der Nähe finden sich weitere Bergbauspuren aus dem Mittelalter. © Frank Baldauf

Heute ist die Hochwaldstraße von Oberfrauendorf nach Falkenhain eine beliebte Strecke für Freizeitsportler mitten durch den ruhigen Wald. Vor rund 600 Jahren sah es hier ganz anders aus. Damals lief hier Bergbau. Fuhrwerke rollten durch die Hohlwege im Wald. Sogar eine Burg hat hier gestanden. All das ist für Wanderer heute nicht mehr erkennbar. Dafür braucht es ein geübtes Auge, wie es Frank Schröder hat. Er ist Vermessungsingenieur und arbeitet für das sächsische Landesamt für Archäologie. Ihm ist vor einigen Jahren ein Steinhaufen oberhalb der sogenannten Faulen Pfütze ins Auge gefallen. Er liegt einen halben Kilometer von der Hochwaldstraße entfernt oberhalb des Sumpfgebiets, wo die Prießnitz entspringt, die Richtung Glashütte fließt.

Nun ist nicht jeder Steinhaufen eine ehemalige Burg. Aber der an der Faulen Pfütze hat eine rechteckige Form, was auf ein ehemaliges Gebäude schließen lässt. Um jetzt aber Genaueres herauszufinden, war mehr erforderlich als nur das Auge des Fachmanns. Die Archäologen arbeiten mit Historikern zusammen und verwenden moderne naturwissenschaftliche Methoden.

Erst haben sie nach Überresten gesucht, die man auf ihr Alter untersuchen kann. „Bei Steinen ist das schwierig“, stellt Matthias Schubert vom Landesamt für Archäologie fest. Aber er und seine Kollegen fanden darunter Holzkohlereste. In organischem Material sind radioaktive Kohlenstoffanteile enthalten, die mit der Zeit zerfallen. Aus dem Maß des Zerfalls können die Fachleute ableiten, wann er beispielsweise von einer Pflanze aufgenommen wurde. Die Holzkohle an der Hochwald-Burg stammt aus den Jahren zwischen 1408 und 1437.

Das passt zu historischen Unterlagen. Alte Bücher und Akten im Staatsarchiv in Dresden berichten von einer Siedlung, die 1404 erwähnt wurde, wie Ivonne Burghardt mitteilt. Sie arbeitet als Historikerin am Landesamt für Archäologie. Keine hundert Jahre später war die Siedlung dann verschwunden. Da war in einem Dokument von einer „Wüstung Hohenwald" die Rede. In der Volkssage war die Burg noch lange bekannt. So gab es um das Jahr 1900 Umfragen in Sachsen unter Lehrern und Pfarrern. Dabei kam aus Oberfrauendorf die Aussage, dass es der Sage nach im Hochwald eine Burg gegeben hat. Das hat sich als richtig herausgestellt.

Denn die Archäologen machten noch einen sogenannten Schnitt in den Steinhaufen. Sie haben einen schmalen Streifen aufgegraben. Die Mühe hat sich gelohnt. Denn in der Mitte fanden sie die Reste einer gesetzten Mauer. Links und rechts davon lagen die Steine, so wie sie gefallen sind, als diese Mauer teilweise eingestürzt ist.

Damit steht eines fest: Es war ein besonderes Bauwerk, kein einfaches Wohnhaus für Bergleute. Die haben damals in sogenannten Grubenhäusern gelebt. Dafür wurde eine Grube in die Erde gegraben und darüber aus Holz ein Dach errichtet, keine Steinmauern.

Die Archäologen vermuten an der Faulen Pfütze eine Turmhügelburg. Solche Burgen haben ein gemauertes Fundament, das auch mehrere Meter hoch sein kann. Oben drauf sitzt bei anderen solchen Burgen ein Dachgeschoss aus Holz. Davon ist an der Faulen Pfütze aber nichts übrig geblieben, zumindest bisher nicht gefunden worden.

Denkbar ist, dass die Burg an der Faulen Pfütze dazu gedient hat, den Bergbau zu überwachen oder auch zur Grenzsicherung. Denn ganz in der Nähe ist der Dreibrüderstein, der die Grenzen der Herren von Sachsen, von Bärenstein und von Naundorf markierte.

Die Umgebung dieser Burg ist aber auch noch spannend. Bei Laseraufnahmen aus der Luft sind in der Nähe mehrere Pingen gefunden worden – eindeutige Anzeichen von Bergbau. Nach den bisherigen Erkenntnissen gehen die Archäologen davon aus, dass hier Eisen abgebaut wurde. Außerdem führt auf einer Seite des Tales ein Kunstgraben entlang, über den eine Brücke aus massivem Stein noch erhalten, aber weitgehend eingewachsen ist. „Darauf hat uns der Förster aufmerksam gemacht“, sagt Matthias Schubert. Und der Graben führt zu einem weiteren Überrest eines Steinhauses. Das ist aus massiven Felsblöcken gesetzt. Was einmal seine Funktion gewesen ist, kann momentan niemand sagen. Dafür sind weitere Untersuchungen erforderlich.