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Dieser Fisch erobert unsere Gewässer

Die eingewanderte Schwarzmundgrundel vermehrt sich explosionsartig. Köche ignorieren den Fisch – zu Unrecht.

Von Gunnar Klehm
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Das markanteste Erkennungszeichen der Schwarzmundgrundel ist der schwarze Augenfleck an der vorderen Rückenflosse.
Das markanteste Erkennungszeichen der Schwarzmundgrundel ist der schwarze Augenfleck an der vorderen Rückenflosse. © dpa/Marius Becker

Es handelt sich um eine Invasion, wie sie bisher in der Oberelbe noch nicht gesehen wurde. „Im Herbst haben wir an einem einzigen Vormittag mit unseren Kindern und Jugendlichen am Steinhaufen in Copitz 300 Schwarzmundgrundeln aus der Elbe geholt“, sagt Sven Hamann, der Vorsitzende des Angelvereins Stadt Pirna. So etwas gab es noch nie.

In Sachsens Fischatlas von 2005 tauchte die Schwarzmundgrundel noch gar nicht auf. In der Auflage von 2016 war beschrieben, dass sie nur in Sachsen-Anhalt in der Elbe vorkommt. Ende 2016 wurde das erste Exemplar in der Labe – wie die Elbe in Tschechien heißt – gesichtet. Was die Mitarbeiter der Fischereibehörde des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) bei den letzten Analysen erlebt haben, überstieg jegliche Erwartung. „Innerhalb von zwei Stunden haben wir 90 Stück gefangen“, sagt Matthias Pfeifer vom LfULG.

Die Schwarzmundgrundel gilt als der Fisch mit dem aggressivsten invasiven Potenzial. Das bedeutet, dass sich der Fisch so schnell in neuen Gebieten ausbreitet wie kein anderer. Es wird davon ausgegangen, dass er sich im Nordosten Deutschlands von der Ostsee aus über die Oder ausgebreitet hat und im Süden über die Donau. Nun hat er also die Elbe erobert. Wo sie sich ansiedelt, ist sie meist die häufigste Fischart. Das wurde unter anderem auch in den Großen Seen Nordamerikas festgestellt.

Allein hätte sich die Grundel nicht so schnell ausbreiten können. Denn der Fisch ist ein sehr schlechter Schwimmer. Seine Fortbewegung beschreiben Experten eher mit einem Springen im Flussbett, denn die Grundel hat keine Schwimmblase. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Schwarzmundgrundel Nutznießer des modernen Schiffsverkehrs ist. Zum einen ist sie quasi als blinder Passagier im Ballastwasser von Schiffen oder am Schiffsrumpf mitgereist. Zum anderen kommt sie in Gewässern mit unterschiedlich hohem Salzgehalt gut klar und ist auch gegenüber Temperaturschwankungen und geringem Sauerstoffgehalt tolerant.

Die Wissenschaftler sind nun gespannt, welche Folgen die Invasion der Schwarzmundgrundel hat. Gibt es Raubfische, die sich aufgrund unbegrenzter Nahrung nun auch vermehren? „Das werden wir in drei, vier Jahren wissen“, sagt Pfeifer.

Bei einer relativ geringen Standardgröße von 22 Zentimetern gilt die Schwarzmundgrundel bei Anglern als uninteressant. Dabei ist es der Fisch, der am häufigsten anbeißt. Für ihn gibt es aber anders als bei anderen Fischarten keine Schonzeit, im Gegenteil. Die Grundeln dürfen jederzeit entnommen und entsorgt werden. Darauf weist beispielsweise der Angelverein „Oberes Elbtal“ gleich auf der Startseite seiner Homepage hin. Manche verwenden sie aber auch als Köderfisch für Zander oder Hechte. Mit der massenhaften Vermehrung der Grundeln verändere sich der Fischbestand in der Elbe, sagt Peter Kluß vom Anglerverband Elbflorenz. Das ist der Dachverband der Angler im ehemaligen Regierungsbezirk Dresden und vertritt rund 17 000 Mitglieder. Diese Entwicklung könne aber auch positive Aspekte haben, etwa für Raubfische, die Grundeln fressen.

Die Zubereitung als Speisefisch ist hierzulande aber so gut wie unbekannt. „Mir haben aber schon Angler bestätigt, dass die Grundeln frittiert sehr schmackhaft sein sollen“, sagt Kluß. Das bestätigt auch Sven Hamann. „Bei uns haben Angler die Fische ausgenommen auch direkt auf den Grill gelegt. Schmeckt lecker“, sagt er.

Bisher haben es die Schwarzmundgrundeln auch nur in die Elbe und ein paar Mündungen von Zuflüssen geschafft. „In den Nebenflüssen wie Weißeritz, Müglitz oder Weesenitz haben wir sie noch nicht festgestellt“, sagt Kluß. Das könnte mit den zahlreichen Querverbauungen, also Wehren, zu tun haben. Die machen es den schlechten Schwimmern offenbar schwer, in Flüsse ohne Schiffsverkehr und mit größerer Strömung aufzusteigen.


Auf www.chefkoch.de ist dieses Rezept für frittierte Grundeln zu finden:

Köpfe abtrennen und Innereien entfernen, waschen und abtropfen lassen. Die Grundeln im Mehl wenden, dann mit einer Schaumkelle vorsichtig in heißes Öl geben und ausbacken, bis sie an der Oberfläche schwimmen und goldgelb sind. Man kann die Fische auch mit weniger Fett in der Pfanne braten.

Die winzigen Gräten der Grundeln stören beim Essen nicht, lediglich die Wirbelsäule sollte vor dem Verzehr am Tisch entfernt werden. Vor der Zubereitung ist das aufwendiger. Als Beilage werden Folienkartoffeln, Salzkartoffeln oder Pommes Frites empfohlen. (SZ)

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