Dippoldiswalde. Peer Kempe hat schon mehr als sein halbes Leben mit dem Eschenhof in Ammelsdorf verbracht. In der Gegend zwischen Talsperre Lehnmühle, Kipsdorf und Schmiedeberg kennt er jede Bodenerhebung. Doch als vor einiger Zeit eine Seniorengruppe bei ihm einkehrte, konnte sie ihn überraschen: "Sie erzählten, dass sie auf einer Drei-Täler-Wanderung unterwegs seien", sagt der Gasthof-Besitzer. "Davon hatte ich noch nie gehört."
Dabei war die Streckenführung ganz unkompliziert. Ausgerüstet mit Smartphone und GPS, waren die Rentner aus Dresden an der Bushaltestelle Lehnmühle ausgestiegen, durch das Tal der Wilden Weißeritz zu ihm nach Ammelsdorf gewandert und wollten weiter durch das Hölloch und das Pöbeltal nach Schmiedeberg ins Tal der Roten Weißeritz. "Und von dort mit der Weißeritztalbahn nach Freital", erinnert sich Kempe.
Die Weißeritztalbahn allein reicht nicht als Attraktion
Eine schöne Strecke, weiß der Ammelsdorfer Wirt, nahezu nur auf Wegen durch die Natur, kaum Straßenkontakt. Und doch kennen die Gegend nur solch gut informierte Wanderer wie die Dresdner Rentnergruppe. "Als Wandergebiet sind wir völlig unbekannt", sagt Peer Kempe. Dabei stimmen alle wichtigen Eckdaten: abwechslungsreiche Landschaft, alte Dörfer, Talsperren und Bäche, dazu die Weißeritztalbahn als touristisches Highlight.
"Doch die Bahn allein reicht nicht, es braucht auch Ziele, die sich von den Bahnhöfen aus ansteuern lassen", sagt Kempe. Beim März-Treffen des Wirtestammtischs Osterzgebirge in Frauenstein hatten die Inhaber von Gasthöfen und Hotels zwischen Altenberg, Dippoldiswalde und Holzhau die sächsische Tourismusministerin Barbara Klepsch (CDU) eingeladen, um sie um Unterstützung bei einem wichtigen Anliegen zu bitten: "Wir arbeiten schon seit Jahren daran, im Zuge der Sanierung der Talsperre Lehnmühle den Tourismus mit einzubinden", sagt Wirtestammtisch-Sprecher Jochen Löbel.
Mauerkronen-Überquerung als Wanderrouten-Höhepunkt
Doch vorangekommen sind sie damit kein Stück. Auf dem neu gebauten Pöbeldamm verläuft ein Wanderweg auf halber Höhe, nicht ganz oben - so kann auch der Blick nicht über die ganze Landschaft schweifen. Die frisch sanierte Mauerkrone der Talsperre Lehnmühle ist für Wanderer nach wie vor nicht passierbar.
"In der Zwischenzeit haben die Tschechen auf der Talsperre Fláje ein Besucherzentrum errichtet, das sich zu einem richtigen Tourismusmagneten entwickelt hat", sagt Löbel. "Dabei haben wir die attraktiveren Bauwerke." Die Talsperre Lehnmühle sei beispielsweise eine von ganz wenigen mit einer geraden Staumauer.
Die Landestalsperrenverwaltung habe bisher jede Begehbarkeit mit Hinweisen auf ihre Verkehrssicherungspflichten abgelehnt, sagt Jan Kempe vom Gasthof Bärenfels. "Doch mit gutem Willen ließe sich da doch eine Lösung finden", meint er. Die beiden Bauwerke würden im ganzen osterzgebirgischen Wandernetz eine Rolle spielen. "Da spielt auch die Blockline mit rein."
Pöbeldamm wäre ebenfalls interessantes Ziel
Die Mountainbikestrecke Blockline führt durch Frauenstein an Reichenau vorbei nach Rechenberg-Bienenmühle, danach wieder gen Norden nach Bärenfels. Eine Umrundung der Talsperre Lehnmühle könnte eine reizvolle Erweiterung sein. "Beim Pöbeldamm kam es beim Probestau zu regelrechten Völkerwanderungen", sagt Kempe. "Das wäre ebenfalls ein interessantes Ziel."
Barbara Klepsch versprach, Kontakt zum Umweltministerium als oberste Dienstbehörde der Landestalsperrenverwaltung aufzunehmen: "Da wird es einen Termin geben." Veronika Hiebl, Geschäftsführerin Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen, weist darauf hin, dass mit der Öffnung der Gastronomie auch wieder der Kampf der Destinationen um die Touristen starten würde. "Dieses Jahr ist Sachsen die offizielle Kulturdestination der Internationalen Tourismusmesse Berlin, nächstes Jahr ist es das Gastland", sagt sie. "Unsere Werbestrategien für das Erzgebirge sind im Hauptthema Familienurlaub, die Mountainebikestrecken, aber auch Entdeckungen nach dem Motto 'Fernab der ausgetretenen Pfade.'"
Zu entdecken gäbe es zwischen Hölloch und Pöbeltal einiges, sagt Peer Kempe: "Da ist noch viel pure Natur." Hier auf Investitionen der Industrie zu warten, wäre nicht sinnvoll. "Was hier noch richtig wachsen kann, ist der Tourismus."
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