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Pötzsch "wieselt" durch die Corona-Krise

Der Dippser Lkw-Service ist jetzt Vertragswerkstatt für Spezial-Lkw in Sachsen und Tschechien. Damit profitiert er vom wachsenden Online-Handel.

Von Franz Herz
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Die Wieseldompteure: Kathrin und Axel Fröhlich vor einem ihrer Spezialfahrzeuge. Das Wiesel hat der Werkstatt durch eine schwere Zeit geholfen.
Die Wieseldompteure: Kathrin und Axel Fröhlich vor einem ihrer Spezialfahrzeuge. Das Wiesel hat der Werkstatt durch eine schwere Zeit geholfen. © Karl-Ludwig Oberthür

Die Firma Pötzsch im Dippoldiswalder Gewerbegebiet Reinholdshain hat mehrere Standbeine. Ausgerechnet ein recht Neues hat ihr wesentlich geholfen, gut durch das vergangene Corona-Jahr zu kommen. Das Unternehmen ist die erste Vertragswerkstatt für den Spezialfahrzeughersteller Kamag aus Ulm mit seinem Wiesel. Das klingt nach einem kleinen Tierchen, ist aber ein ausgewachsener Spezial-Lkw. Für dessen Kunden betreut Pötzsch das Postleitzahlgebiet 0 in Deutschland sowie die Tschechische Republik. Für Firmen, die schon mit der Dippser Werkstatt zusammenarbeiten, fährt sie auch bis nach Polen.

Wendiger und flacher als ein Lkw, aber langsamer

Ein solcher Wiesel ist ein Lkw, der nicht auf der Straße, sondern nur auf den Höfen von Speditionen oder großen Handelsunternehmen wie Amazon, fährt. Sachsenküchen in Obercarsdorf hatte auch schon einen im Einsatz. „Bei Amazon beispielsweise sind die Bereiche für die Anlieferung und die Warenlager klar getrennt. Die Lkw-Fahrer kommen mit ihren Sattelzügen an, stellen die Wechselbrücke auf dem Parkplatz ab und fahren mit dem Zugfahrzeug wieder davon. Die dürfen gar nicht weiter aufs Gelände“, erklärt Fröhlich. Die internen Fahrten auf dem Werksgelände werden mit dem Wiesel abgewickelt. Der Fachbegriff dafür ist Wechselbrückenhubwagen.

Die Spezialfahrzeuge sind wendiger als Lkws, dafür aber langsamer. Sie haben eine geringe Bodenfreiheit wegen ihrer niedrigen Bauweise. Die ist nötig, damit sie problemlos unter die Wechselbrücken fahren können. Die Fahrerkabine bietet einen guten Überblick zum Rangieren und einen ganz flachen Einstieg. Schließlich müssen die Fahrer laufend ein- und aussteigen. So „wieseln“ sie dann über den Hof beispielsweise bei Amazon in Prag am Flughafen.

Pötzsch ist die erste Vertragswerkstadt für die Wiesel

Da Kamag viele Teile von Mercedes verwendet, sind die Nutzer dort in die Mercedeswerkstätten zum Service und zur Reparatur gegangen. Die Kamag-Fahrzeuge enthalten inzwischen aber viele Eigenentwicklungen. So beginnt das Unternehmen, ein eigenes Netz von Vertragswerkstätten aufzubauen. Das Dippser Familienunternehmen Pötzsch ist die erste Werkstatt, mit der Kamag einen solche Vereinbarung geschlossen hat, wie das Ulmer Unternehmen mitteilt.

„Wir sind durch Zufall dazu gekommen“, sagt Axel Fröhlich, der mit seiner Frau Kathrin, geborene Pötzsch, das Unternehmen führt. Als ADAC-Partner ist Pötzsch öfter mal bis nach Prag im Einsatz. Dabei gab es den ersten Kontakt mit Amazon und die Firma Pötzsch hat begonnen, sich um die dortigen Wiesel zu kümmern. „Wir hatten dann erst eine kleine Werkstatt dort angemietet und zwei Mechaniker zum Service nach Prag geschickt“, erzählt der Unternehmer.

Firma tüftelt an einem Doppel-Tieflader

Später hat das Dippser Unternehmen sich selbst einen Wiesel und einen Tieflader gekauft, um die Fahrzeuge in die eigene Werkstatt zu holen. Die Ersatzfahrzeuge sind wichtig. „Die Wiesel sind rund um die Uhr im Einsatz. Da darf es keinen Ausfall geben“, sagt Axel Fröhlich. Mit den eigenen Geräten kann er das absichern. Inzwischen ist das Geschäft weitergewachsen. Sieben Wiesel besitzt Fröhlich. Einer kostet um die 150.000 Euro. Seine Mitarbeiter fahren mit dem Ersatzwiesel zum Kunden, stellen den auf den Hof, laden den anderen auf und nehmen ihn mit in die Werkstatt.

Axel Fröhlich tüftelt momentan an einem neuen Transporter, der zwei Wiesel laden kann. Die sind zu lang, um sie hintereinander aufzuladen, also müssen sie irgendwie übereinander gepackt werden. Zu kaufen gibt es eine solche Lösung nicht. „Da müssen wir etwas Vorhandenes umbauen“, weiß der Werkstattchef jetzt schon. Das würde jeweils eine Fahrt zum Kunden einsparen.

Neues Standbein mit 3.000 Bar Druck

„Dieses Geschäft hat uns gerade im vergangenen Jahr geholfen, die Werkstatt auszulasten“, sagt Kathrin Fröhlich. Die ist auf Nutzfahrzeuge spezialisiert. Und dort sind beispielsweise Reisebusse kaum noch gekommen, weil sie nicht mehr fahren dürfen. Auch manche Lkw sind weniger ausgelastet als vor der Pandemie. Von ihrem Büro hat die Chefin einen Überblick über die Werkstatt. Dort stehen eine Feuerwehr, ein Linienbus, ein Sattelzug und ein Gerüstbau-Lkw. Es könnte mehr sein. Und da auf den Straßen weniger Autos unterwegs sind, hat auch der Abschleppdienst weniger zu tun.

Aber mit dem Wiesel profitiert die Werkstatt vom Aufwärtstrend beim Onlinehandel. So hat das Unternehmen im vergangenen Jahr rund fünf Millionen Euro Umsatz gemacht. „Damit sind wir zufrieden“, sagt Kathrin Fröhlich.

Ein weiteres Standbein für die Werkstatt hat Axel Fröhlich auch schon gefunden. Es übernimmt den Service für die Firma Falch, die Hochdruckreiniger herstellt. Es ist dasselbe Prinzip wie beim Kärchern, nur mit einem Wasserdruck bis zu 3.000 bar. Das entspricht einer Wassersäule von 30 Kilometer Höhe. „Damit kann man beispielsweise entrosten oder Putz von Wänden entfernen“, schildert Axel Fröhlich mögliche Einsatzfelder. Dazu gehören ein Dieselantrieb und eine Hydraulik, Techniken, mit denen die Firma Pötzsch sich auskennt.

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