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Das ist Freitals Simson-Spezialist aus Ungarn

Tamas Orban hat in Südungarn die Liebe zu DDR-Mopeds entdeckt, in Bautzen studiert, in Zittau gearbeitet und in Freital sein Unternehmen gegründet.

Von Franz Herz
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Tamas Orban produziert in seinem Firmen im Freitaler Gründerzentrum Teile für Simson-Zweiräder.
Tamas Orban produziert in seinem Firmen im Freitaler Gründerzentrum Teile für Simson-Zweiräder. © Karl-Ludwig Oberthür

Die Liebe zu Simson-Mopeds können junge Leute nicht nur in Thüringen oder Sachsen entwickeln, das geht auch in Ungarn, wie Tamas Orban beweist. Und der 31-Jährige hat in Freital aus seinem Hobby eine stetig wachsende Firma entwickelt mit sieben Mitarbeitern. Wie er dazu kam und wie sein Weg nach Freital führte.

Jeden Tag mit dem Moped gefahren und daran gebastelt

Aufgewachsen ist er in Szekszard, einer Kleinstadt in Südungarn. Seit seinem 13. Lebensjahr fährt er eine Simson. „Das war bei uns selbstverständlich. Es waren die Besten“, sagt er. Damals bekam er die erste und war damit auf Waldwegen und Seitenstraßen unterwegs. Denn in Ungarn darf man erst ab 14 Moped fahren. „Danach bin ich bis zum Studium eigentlich jeden Tag Moped gefahren. In der Früh ging es damit zur Schule, am Nachmittag zum Training und dann habe ich daran gebastelt“, erzählt Orban.

Als Minderjähriger die erste Firma gegründet

Damals Anfang der 2000er-Jahre entwickelten sich auch im Internet Foren, wo sich die Simson-Fans über Ersatzteile oder Reparaturen austauschten. Und der noch minderjährige Tamas hat über seine Schwester ein Gewerbe angemeldet, einen Internetshop mit Simson-Ersatzteilen. Er hat Sammelbestellungen aufgegeben, dafür Rabatt bekommen und die Teile zum üblichen Preis weiterverkauft. Am Anfang hat er damit seine eigenen Bastelarbeiten finanziert. Mit 16 Jahren hat er einen regelrechten ungarischen Webshop gestartet und damit sein Studium bezahlt, das er in Bautzen an der Berufsakademie absolvierte.

„Immer wenn ich nach Hause gefahren bin, hatte ich eine große Ladung dabei und habe die dann verschickt. Ansonsten waren das nur ein, zwei Pakete am Tag. Darum hat sich meine Mutter gekümmert“, erzählt Orban.

In Bautzen Wirtschaftsingenieur studiert

Weil in Südungarn viele Deutschstämmige leben, hat Szekszard ein Gymnasium mit vertieftem Deutschunterricht, das auch Orban besuchte. Von dort gab es Kontakte nach Bautzen zur Berufsakademie. Und gute Schüler bekamen einen Bautzen-Aufenthalt gesponsert. „Mir hat das gut gefallen, so bin ich nach dem Abitur zum Studium dorthin“, erzählt Orban. Er hat ein duales Studium zum Wirtschaftsingenieur begonnen mit der Spezialrichtung Fertigungstechnologie. Den praktischen Teil hat er bei Havlat Präzisionstechnik in Zittau absolviert. Dort arbeitete er auch nach dem Abschluss 2011. Da wurde es zeitlich eng. Orban ließ daher seinen ungarischen Webshop ruhen, begann aber in Deutschland zu handeln.

In Freital zwei Firmen gestartet

Für die Kleinteilefertigung, wo er in Zittau arbeitete, hatte er auch eigene Ideen. Um die zu verwirklichen, war die Selbstständigkeit der richtige Weg. Orban suchte dafür geeignete Räume und wollte in den Dresdner Raum gehen, weil dort seine Schwester lebte. Damals war das Gründerzentrum in Freital gerade fertig. Orban mietete Räume und startete 2014 zwei Firmen. Die OTJ Präzisionstechnik produziert Metallteile im Kundenauftrag. „OTJ sind meine Initialen. Mein zweiter Vorname ist Janos“, erklärt er. Als zweite Firma gründete er Sachsenmoped. Den Namen muss er nicht erklären. Die setzt das Geschäft mit den Simsonteilen fort, das er schon als Jugendlicher begonnen hatte. Er lebt mit seiner Verlobten auch selber in Freital.

Szilvia Szabo und Adrienn Szabo speichen Mopedräder ein.
Szilvia Szabo und Adrienn Szabo speichen Mopedräder ein. © Karl-Ludwig Oberthür
Steve Anders, hier an der CNC-Fräsmaschine, war der erste Mitarbeiter von Tamas Orbans Firmen.
Steve Anders, hier an der CNC-Fräsmaschine, war der erste Mitarbeiter von Tamas Orbans Firmen. © Karl-Ludwig Oberthür
Mit einer Bügelmessschraube wird kontrolliert, ob der Kolben zu dem Zylinder passt.
Mit einer Bügelmessschraube wird kontrolliert, ob der Kolben zu dem Zylinder passt. © Karl-Ludwig Oberthür
Darf ein wenig bunt sein: Sachsenmoped bietet auch ausgefallene Zubehörteile für die Simson-Mopeds an.
Darf ein wenig bunt sein: Sachsenmoped bietet auch ausgefallene Zubehörteile für die Simson-Mopeds an. © Karl-Ludwig Oberthür

Er stieß jedoch auf Widerstand von der Firma, welche die Ersatzteilversorgung aus der Simson-Insolvenz übernommen hatte. Die belieferte ihn nicht mehr. Also musste er seine Teile selbst importieren und auch selbst herstellen. „Ich bin jetzt seit Jahren komplett unabhängig“, sagt der Freitaler. Über 1.000 verschiedene Teile produziert er in der eigenen Fertigung.

Eine Firmengruppe rings um Sachsenmoped entwickelt

Hier begann ein stetiges Wachstum. Es kamen Mitarbeiter und Maschinen dazu. Wo Orban auf 140 Quadratmeter angefangen hatte, nutzt er heute 900 Quadratmeter im Gründerzentrum an der Dresdner Straße in Freital. Und der Platz ist schon wieder zu knapp. „Ich bin dabei, mich um eine Lösung dafür zu kümmern“, sagt er dazu.

Inzwischen hat sich eine Firmengruppe rings um Sachsenmoped entwickelt. Germoto heißt eine Tochterfirma in Ungarn, die für Orban Auspuffanlagen produziert. Unter der Marke „Speira“ verkauft er Räder und unter „Kingkong-Kolben“ auch eigene Produkte.

Der Simson-Markt ist immer weiter gewachsen

Mit den Simson-Motorrädern hat er einen Markt, der bisher nie geschrumpft ist. „Es hieß immer, mehr geht nicht mehr. Aber bisher kam immer noch was drauf“, sagt er. Neben den neuen Bundesländern waren vor allem seine Heimat Ungarn und Polen Länder mit vielen Simson-Fahrern. Aber dort geht es zurück. Viele Fahrzeuge werden nach Deutschland verkauft, beobachtet der Händler. Und dank der hohen Nachfrage steigen die Preise. „Wo man vor vier, fünf Jahren noch für 500 Euro ein Moped kaufen konnte, ist das jetzt vorbei“, sagt er. Die Preise liegen über 1.000 Euro.

Orban geht davon aus, dass sein Betrieb weiterwächst und auch technischen Änderungen gewachsen ist. Der flexible Maschinenpark macht vieles möglich. Wenn Elektro-Zweiräder kommen, verkauft er zwar keine Kolben mehr, aber schicke und leichte Räder, wie er sie selbst herstellt, werden auch die benötigen.