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Roßweiner Bäcker baut den Laden um

Bei Zschiesches gehen Brot, Brötchen und Kunden auch nach über einem Jahr Corona-Pandemie nicht aus.

Von Gabriele Fleischer
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Der Roßweiner Bäcker Gerd Zschiesche hätte nicht gedacht, dass er die Kunden ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie noch immer an der Eingangstür seines Geschäfts bedient. Und es gibt noch mehr Veränderungen.
Der Roßweiner Bäcker Gerd Zschiesche hätte nicht gedacht, dass er die Kunden ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie noch immer an der Eingangstür seines Geschäfts bedient. Und es gibt noch mehr Veränderungen. © Dietmar Thomas

Roßwein. Eigentlich waren das Plexiglas und die an den Eingang gebaute Verkaufstheke als vorübergehende Lösung gedacht. Gerd Zschiesche zieht den Rollladen an der Eingangstür auf und zeigt den Umbau. Es ist später Nachmittag und der Laden geschlossen. Vorbereitungen für den nächsten Tag beginnen erst in der Nacht.

Die Idee zu den Schutzmaßnahmen im Laden hatten der Bäckermeister und seine Lebensgefährtin Claudia Burchard vor einem Jahr mit Beginn der Corona-Pandemie. Beide dachten damals nicht, dass es nach über einem Jahr Normalität ist.

Aber in seinem kleinen Familiengeschäft an der Roßweiner Stadtbadstraße, das Zschiesche in dritter Generation führt, sind die Hygienemaßnahmen nicht anders umzusetzen. „Weil die Tür an der Treppe während der Öffnungszeit aufbleiben muss, haben wir unsere Verkäuferinnen mit warmen Jacken ausgestattet“, sagt Zschiesche. So haben sie selbst die sehr kalten Tage ohne Krankheit überstanden. Auch an die Tests zweimal in der Woche sowie an den Mund- und Nasenschutz hätten sich die Angestellten gewöhnt.

Für seine Kunden wäre das Tragen von Masken längst selbstverständlich. Da müsse niemand diskutieren. Denn, obwohl die Kunden im Freien stehen, gebe es ja Kontakt mit den Verkäuferinnen. Desinfektionsmittel verwendet das kleine Unternehmen schon immer. Das sei in einem Lebensmittelbetrieb so. Natürlich werde jetzt noch mehr gebraucht.

Außergewöhnliche Situation

Zschiesche kennt aus der Geschichte seiner Bäckerfamilie keine ähnliche Situation – andere, aber keine Pandemie. Sechs Jahre hat er mit seinem Vater Karl-Heinz das Geschäft geführt, seit zehn Jahren ist er allein der Chef. Der Vater, der Tortenspezialist in der Familie, hilft noch tageweise, sozusagen als geringfügig Beschäftigter, die Mutter im Verkauf.

Backstube und Laden versucht Zschiesche bis heute strikt zu trennen, um mögliche Ansteckungsgefahren so gering wie möglich zu halten. Er beginnt Mitternacht mit einem Gesellen, ein Lehrling kommt später dazu. „Vorteil des frühen Beginns ist, dass wir fast fertig sind, ehe die Verkäuferinnen kommen. So können wir uns leichter aus dem Weg gehen“, sagt Zschiesche. Natürlich fehle das gemeinsame Frühstück mit allen, der Austausch sowieso.

Aber Risiken wolle man nicht eingehen, für das Geschäft nicht und auch nicht für die Kunden. Die findet der Bäckermeister auch im Unland. Ein Mitarbeiter ist Montag bis Freitag mit dem Bäckerauto unterwegs, in verschiedenen Ortschaften und auf zwei Wochenmärkten. „Die Leute dort sind erleichtert, dass wir zu ihnen kommen, gerade die älteren“, so Zschiesche.

Torten weniger gefragt

Alles in allem ist die Bäckerei bisher gut durch die Krise gekommen. Zwei Verkäuferinnen waren einige Zeit in Quarantäne, aber einen Corona-Fall im Unternehmen gab es zum Glück noch nicht. Offiziell hätte noch niemand die Maßnahmen, die er umsetzt, kontrolliert.

„Aber vielleicht hat sich jemand als Käufer getarnt“, sagt Zschiesche und schmunzelt. Ein Problem hätte er damit sowieso nicht. Schließlich halte er sich an Vorschriften, auch wenn sie mehr Kraft, Zeit und Geld kosten. Der Kontakt zu den Kunden geht trotz aller Unannehmlichkeiten nicht verloren. „Viele sind froh, wenn sie beim Brot- und Brötchenkauf ihre Sorgen abladen und ein Schwätzchen machen können“, sagt der 44-Jährige.

Manchmal gibt es mehr Bestellungen als sonst, die notfalls zu den Kunden gebracht oder von den Nachbarn mitgenommen werden. Aber weniger backen, nein das muss Gerd Zschiesche nicht. Sechs verschiedene Sorten Brot und acht Sorten Brötchen, etwa 100 Brote und 1.000 Brötchen am Tag.

Unterstützung bekommt er von seiner Lebensgefährtin, die einen Handyladen in Döbeln führt und dort gerade versucht, vieles online zu regeln. Sie hilft bei der Buchführung und Zuarbeiten für das Steuerbüro, bei Hygieneplänen und anderem Schreibkram. Wichtig sind auch die Eltern in dieser Zeit, die bei der Betreuung der zwei kleinen Kinder, Mette ein und Ida drei Jahre alt, helfen. Der große Sohn aus erster Ehe, der wochenweise kommt, ist als 14-Jähriger schon selbstständiger.

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Gerade spielt Gerd Zschiesche noch mit seiner Tochter, die kurz in die Backstube kommt. Eigentlich will die Dreijährige etwas naschen. Aber der Vater passt auf: „Ida, du bekommst gleich Abendbrot, da gibt es jetzt nichts Süßes mehr.“ Ein kurzes Drücken, dann schaut er auf die Uhr. Jetzt wartet noch die Ratssitzung auf ihn. Er sitzt für die CDU im Roßweiner Stadtparlament und arbeitet dort bereits in der dritten Wahlperiode mit.

Der Schlaf vor dem Arbeitsbeginn wird danach knapp ausfallen. Denn Mitternacht steht er schon wieder in der Backstube, bereitet mit seinem Gesellen Teig vor, formt und backt Brötchen. Verschiedene Sorten an Kuchen kommen dazu. Torten sind gerade weniger gefragt. „Wahrscheinlich, weil größere Feiern ausfallen“, vermutet der Bäcker.

Bis 8 Uhr muss er fertig sein. Dann legt er sich wieder ein paar Stunden hin, nicht, ohne vorher noch einmal zu schauen, ob alles läuft. Und irgendwann wird er seine Kunden wieder direkt im Laden begrüßen, mit Handschlag und einem Schwätzchen.

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