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Das gemeinsame Singen fehlt weiter

Der Gesang ist ein wichtiger Bestandteil des Gottesdienstes. Das bisherige Verbot ist nun zumindest etwas gelockert.

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Gemeinsames Singen in der Kirche ist auch weiterhin nicht möglich. Aber nach dem Gottesdienst kann gemeinsam zum Abschluss ein Lied im Freien gesungen werden.
Gemeinsames Singen in der Kirche ist auch weiterhin nicht möglich. Aber nach dem Gottesdienst kann gemeinsam zum Abschluss ein Lied im Freien gesungen werden. © Pixabay/Symbolbild

Von Dagmar Doms-Berger

Region Döbeln. Auf das gemeinsame Singen müssen die Besucher von Gottesdiensten weiterhin verzichten. Das ist deshalb so schwer, weil der Gemeindegesang in der evangelischen Kirche ein wichtiger Bestandteil des Gottesdienstes ist und das Mitwirken aller ermöglicht.

Doch seit dem 15. Februar ist es nun wenigstens möglich, gemeinsam im Freien mit Mund-Nasen-Bedeckung zu singen. Das hat die evangelische Landeskirche Sachsen in der vergangenen Woche bekannt gegeben. Dadurch kann das Lied am Ende des Gottesdienstes zum Beispiel gemeinsam im Freien gesungen werden. Möglich ist damit auch ein gemeinschaftlicher Gesang bei kirchlichen Bestattungen am Grab. „Das ist eine ganz zaghafte Lockerung und birgt ein wenig Hoffnung, sagt Pfarrerin Maria Beyer.

Möglich ist jetzt außerdem auch ein Sologesang liturgisch Mitwirkender im Gottesdienst sowie solistischer Gesang an zwei Stellen im Gottesdienst. Diese sind aber abhängig von der Gesamtsituation und der konkreten Corona-Zahlen vor Ort.

Hartha bietet kurze Gottesdienste an

In der Kirchgemeinde Hartha mit ihren Schwesterkirchgemeinden finden nach wie vor kurze Gottesdienste mit Orgelmusik statt. „Wir haben die Angebote in unseren Kirchen gehalten, damit die Leute wissen, dass die Kirchen geöffnet haben und dass jemand da ist“, sagt Maria Beyer. Der Kirchenvorstand habe dies diskutiert und sich dafür ausgesprochen, die kleinformatigen Angebote bestehen zu lassen.

„Mitsingen darf die Gemeinde weiterhin nicht“, sagt Kantor Michael Fromm betrübt und ergänzt, dass es mittlerweile fast ein Jahr her sei, dass ein „normaler“ Gottesdienst stattfinden konnte. „Unseren letzten schönen Gottesdienst hatten wir am 8. März 2020 zum Weltgebetstag“, erinnert sich der Kantor. Danach war Schluss. Ein Gottesdienst ohne Singen, „schön ist das nicht“, sagt er. „Da fehlt etwas Wesentliches.“

Angesichts der Meldungen sieht Pfarrerin Maria Beyer auch im Hinblick auf Ostern noch keine wesentlichen Änderungen. „Ich wünsche mir, dass es langsam wieder freudvoller wird, wozu auch der gemeinsame Gesang wesentlich beiträgt. Die gegenwärtigen Angebote beschränken sich nur auf das Wesentliche.“

Waldheimer Kirche wird noch saniert

In der Kirchgemeinde Waldheim-Geringswalde finden wöchentlich Gottesdienste statt. Da die Waldheimer Stadtkirche noch saniert wird, wird eine Wochenschlussandacht in der Grünlichtenberger Kirche gehalten. Die Kirche fasst 500 Plätze, 100 dürfen derzeit gleichzeitig besetzt sein. Zu den Hygieneauflagen gehören neben dem Zwei-Meter-Abstand, der Desinfektion und der Mund-Nasen-Bedeckung auch weiterhin die Datenerfassung.

„Die größte und schwierigste Auflage aber bleibt das Singeverbot für die Gemeindeglieder“, so Pfarrer Reinald Richber. „Der Text wird rezitiert und die Musik instrumental vorgetragen.“ Das sei wirklich sehr schwierig für alle. Manch einer summe hinter der Maske oder „singe innerlich“ mit, sagt er. Aber auch das könne nur ein schwacher Ersatz sein. Der Predigttext kann übers Internet abgerufen werden.

Die Kirchgemeinde hat auch ein Andachtstelefon über die Woche eingerichtet. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass deutlich weniger Menschen die Gottesdienste besucht haben. Für den Pfarrer ist deutlich spürbar, dass die Menschen großen Gesprächsbedarf haben. Bei Telefonaten mit Gemeindemitgliedern werde dies sehr deutlich, sagt er.

Mit Blick auf das Osterfest gibt es vorsichtige Planungen. So soll der Gründonnerstag wie gewohnt ein Abendmahlgottesdienst sein. „Wir hatten mit Ausnahme der Konfirmation, seit einem Jahr keinen Gottesdienst mit Abendmahl“, so der Pfarrer. Damals wurde mit viel Aufwand und Material (Einzelkelche) das Abendmahl gereicht. Ähnlich soll dann am Gründonnerstag verfahren werden. Und der Gottesdienst am Ostersonntag wird nach heutiger Planung in der sanierten Stadtkirche stattfinden können. Seit Monaten sorgt der Pfarrer außerdem allabendlich um 18 Uhr für eine kleine Abendmusik. Nicht mit Gesang, sondern mit seiner Mundharmonika spielt er jeden Abend vom Kirchturm der Waldheimer Stadtkirche ein paar Lieder zum Mitsummen.

Döbeln nutzt digitale Möglichkeiten

In der Döbelner Nicolaikirche werden jeden Sonntag, 10.30 Uhr, Kurz-Gottesdienste gehalten. Situationsbedingt werden die Gottesdienste weiterhin aufgezeichnet. Sie können auf der Website oder am Telefon 03454-83417916 angehört werden. Das Hörprogramm der evangelischen Kirchgemeinde sieht sonntags und montags den Hörgottesdienst (Sonntag ab 14 Uhr bis Montag 19 Uhr) vor, dienstags das Hörkonzert für Kinder (9 Uhr bis 19 Uhr), mittwochs und donnerstags die Hörchristenlehre für Schulkinder (9 Uhr bis 19 Uhr), außerdem an den Sonntagen auf dem Youtube-Kanal den Kindergottesdienst (ab 9 Uhr).

In den Schwesterkirchgemeinden im Jahnatal, in Beicha-Mochau sowie Technitz-Ziegra sind die Gottesdienste bis Ende des Monats ausgesetzt. „Die Leute aus den umliegenden Gemeinden haben die Möglichkeit, auch nach Döbeln zu kommen“, so Pfarrer Lutz Behrisch. Die Döbelner Nicolaikirche verfügt insgesamt über 850 Sitzplätze. Mit den geltenden Abstands- und Hygieneregeln können immer noch 150 Besucher am Gottesdienst teilnehmen. Im Durchschnitt besuchen 20 bis 30 Leute den sonntäglichen Gottesdienst.

Das nächste größere Ereignis ist die Ordination von Pfarrerin Anne-Marie Beuchel am Sonntag, 14. März, in St. Nicolai in Döbeln. Im Ordinationsgottesdienst wird eine Person öffentlich dazu beauftragt, innerhalb der christlichen Gemeinde pfarramtliche Aufgaben zu übernehmen. „Bis dahin müssen wir mal sehen, was wir an Kirchenmusik machen können“, so Behrisch. Normalerweise hält der Ordinierte in dem Gottesdienst auch das Abendmahl. Vielleicht sei auch dies mit entsprechendem Aufwand möglich.

Leisnig setzt auf Gespräche

In der Kirchgemeinde Leisnig-Tragnitz-Altenhof sind die Gottesdienste bis zum Ende des Lockdowns ausgesetzt – aus Sicherheit für alle Beteiligten. Während des Gottesdienstes könne der Abstand noch problemlos eingehalten werden, aber die Gespräche danach fänden meist in näherer Distanz statt, so Pfarrerin Katja Schulze. Um Kontakt mit den Gemeindemitgliedern zu halten, ist sie zu Besuchen unterwegs. Das Angebot wird von den Leuten gern angenommen.

Die Gespräche an der Haustür oder am geöffneten Fenster sind meist sehr lang. „Die Leute sind froh und dankbar, reden zu können.“ Auf der Website der Kirchgemeinde finden die Gemeindemitglieder stets aktuelle Informationen. Wer keinen Internetzugang hat, kann sich auch an den Schaukästen oder über den Gemeindebrief informieren. „Für die Bibelwoche, die in diesem Jahr nur online stattfinden kann, haben wir extra Faltblätter entworfen“, sagt Katja Schulze. Diese werden verteilt und sind auch an den Schaukasten zum Mitnehmen angeheftet. Darüber hinaus empfiehlt Katja Schulze Gottesdienste und Andachten in Funk und Fernsehen.

Planungen von Andachten seien schwierig, sagt sie. Die vergangenen Wochen hätten gezeigt, dass es immer wieder anders kommt. „Wir sind ständig am Planen und Umplanen.“ So sollten jetzt die Krabbel-Gottesdienste neu anlaufen (speziell auf Kinder zugeschnittene Gottesdienste), aber daraus wird erst einmal nichts. Für Ostern gibt es ebenso Pläne, etwa für Ostermontag eine musikalische Andacht in Tragnitz. Ob sie möglich sein wird, bleibt aber vorerst unklar.

Musik hat elementaren Anteil

In der Kirchgemeinde Roßwein-Niederstriegis finden an jedem Sonntag Gottesdienste um 9 Uhr in Roßwein und 10.30 Uhr in der Niederstriegiser Kirche unter Einhaltung der geltenden Hygienebestimmungen statt.

Die Musik hat elementaren Anteil an Verkündigung, Klage und Lobpreis im christlichen Gottesdienst, heißt es in einem Papier der evangelischen Kirche Deutschland EKD. Wort und Musik gehören im Blick auf das dialogische Wechselspiel in der Liturgie wesentlich zusammen.

Für Martin Luther, den Schöpfer des protestantischen Kirchenliedes, war der Gesang eine der zentralen Ausdrucksformen des Evangeliums. Das Singen spielt daher eine besondere Rolle, garantiert es doch die Mitwirkung aller am Gottesdienst. Anders noch in den Messen, die zu Luthers Zeit in lateinischer Sprache abgehalten wurden und in denen der Gesang Priestern und Chören vorbehalten war, förderte der Reformator den Gemeindegesang. Er sagte: „Wer singt, betet doppelt“.

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