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Döbelner Firmenchef klagt: Das schreckt Azubis ab

Die Firma Albert Polenz produziert Formen für die industrielle Massenproduktion. Lehrlinge sind gern gesehen. Aber damit gibt es ein Problem.

Von Jens Hoyer
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Andreas Voigt (4.v.l.) hält beim Rundgang mit der Kreistagsfraktion der CDU eine Graphitelektrode in den Händen, die für die Fertigung von Spritzgussformen für die Massenproduktion von Plastikteilen gebraucht werden.
Andreas Voigt (4.v.l.) hält beim Rundgang mit der Kreistagsfraktion der CDU eine Graphitelektrode in den Händen, die für die Fertigung von Spritzgussformen für die Massenproduktion von Plastikteilen gebraucht werden. © SZ/DIetmar Thomas

Döbeln. Der Firma Albert Polenz sieht man ihr Alter nicht an. Im Jahr 1900 hatte der Firmengründer in Döbeln angefangen, Werkzeuge für die damals aufgeblühte Industrie zu fertigen. Damals noch Stanz-, Biege- und Prägewerkzeuge für die Massenproduktion von Blechwaren.

Im kommenden Jahr wird die Firma 125 Jahre alt. „Wir gehören zu den zehn ältesten Werkzeugbaufirmen in Deutschland“, sagte Andreas Voigt, Chef der Firma.

Historischen Charme sucht man in den Hallen aber vergeblich. Die Maschinen sind hochmodern.

Hochmoderne Technik

„Die kostet so viel wie ein Eigenheim“, erzählt der Firmenchef und zeigt auf eine der computergesteuerten Fräsmaschinen, mit der die Mitarbeiter Elektroden aus Graphit fertigen, mit denen hochpräzise komplexe Formen mit elektrischem Strom in Stahlplatten gebrannt werden.

Senkerodieren nennt sich dieser Vorgang. Nur mit dieser leistungsfähigen Technik sei ein Werkzeugbau heute wettbewerbsfähig, denn der Preisdruck sei enorm, sagt Voigt.

Die Fraktion der CDU im Kreistag hat am Mittwoch ihre Sitzung in der Firma abgehalten und sich den Landrat zum Thema Wirtschaftsförderung eingeladen. Voigt hat die Kreisräte zuvor durch den Betrieb geführt.

„Wir wollen immer mal in Firmen gehen, um die Sorgen und Nöte mitzunehmen“, sagte Ronny Hofmann, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende.

Sorgen hat Andreas Voigt bei der Ausbildung von Werkzeugmechanikern. Die Firma will auch in diesem Jahr Lehrlinge einstellen. Voigt beklagt aber, dass die künftigen Werkzeugmechaniker im ersten Lehrjahr für die Grundausbildung nach Freiberg müssen.

Sorgen bei Ausbildung

Bisher seien sie in der Berufsschule in Döbeln ausgebildet worden. Für die Azubis bedeute das mit dem Bus einen Zeitaufwand von bis zu fünf Stunden am Tag für den Hin- und Rückweg zur Schule, sagte Voigt.

Das sei eine schlechte Voraussetzung, wenn es darum geht, junge Leute für den interessanten und abwechslungsreichen Beruf zu begeistern. Ab dem zweiten Lehrjahr erfolge die theoretische Ausbildung in Chemnitz.

Die Werkzeugbaufirma fertigt heute ausschließlich Formen für die Massenproduktion von Kunststoffteilen. Und auch darin bleibt sie ihrer Tradition treu.

1928 hatte man bei der Firma Albert Polenz damit begonnen, Formen für die Verarbeitung von Kunststoff – damals noch der Pressstoff Bakelit – zu fertigen.

Heute sind es moderne Plastikwerkstoffe, die unter hohem Druck ihn die Formen gespritzt werden. Bis zu einer Million Teile pro Werkzeug seien garantiert, erklärt Voigt.

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Es könnten auch bis zu 1,8 Millionen sein. Die Formen sind sehr teuer, aber durch diese Massen sind die Teile günstig zu fertigen.

Die Kunden von Polenz kommen vor allem aus der Automobilbranche. „In praktisch jedem Daimler stecken Teile, für die wir die Formen gebaut haben“, sagte Voigt. Porsche und VW fertigen zwar in Sachsen, aber von dort kommen keine Aufträge.

Voigt und seine Mannschaft fertigen vor allem für große Zulieferer im Westen von Deutschland. Bis vor zwei Jahren hatte die Firma auch noch Formen für die Medizintechnik gefertigt: Der Kunde habe aber sein Werk in Deutschland geschlossen.

Die Umstellung auf die Produktion von E-Autos sieht Voigt nicht kritisch. Auch in diese würden jede Menge Plastikteile verbaut. Die Umstellung der Produktion habe aber ein Auf und Ab bei der Auftragslage gebracht.

Auftragsbücher gut gefüllt

Jetzt hat die Firma die Auftragsbücher wieder gut gefüllt und steht vor einem anderen Problem: Personalmangel.

In der Corona-Zeit, in der kurzgearbeitet wurde, sei eine Reihe von Mitarbeitern gegangen und habe sich neu orientiert – auch in sozialen Berufen, so Voigt. Bei der Firma Polenz arbeiten derzeit 32 Mitarbeiter und zwei Lehrlinge.

2002 und 2013 hatte der Betrieb an der Sörmitzer Straße unter Wasser gestanden. Der Schaden ging in den zweistelligen Millionenbereich.

„Da wurden die Kunden nervös. Serienwerkzeuge für die Autoindustrie müssen schnell repariert werden können, sonst stehen die Bänder still“, erzählt Voigt. 2014 war deshalb die Entscheidung gefallen, ins Gewerbegebiet Mockritz umzuziehen und dort komplett neu zu bauen.

Voigt selbst hat einen großen Teil der Firmengeschichte selbst erlebt. Er fing vor 53 Jahren als Lehrling an. Der Privatbetrieb, der damals an der Sörmitzer Straße saß, war 1972 verstaatlicht und 1992 als Albert Polenz KG wieder reprivatisiert worden. 1996 wurde Voigt Komplementär.

Inzwischen denkt der 69-Jährige ans Aufhören. Die Nachfolge ist bei der Firma Albert Polenz geregelt. Voigts Töchter Winnie und Katrin sind schon 2007 eingestiegen und sollen die Geschäftsführung übernehmen. Ein Mitarbeiter ist für die Technische Leitung vorgesehen.