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Döbeln: Erneuter Reinfall im Weinberg

Die Stöcke in Johann Kehls Weinberg hängen voll. Aber eine gute Ernte ist es trotzdem nicht.

Von Jens Hoyer
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Johann Kehl misst mit dem Refraktometer den Zuckergehalt seiner Weinbeeren. Die Stöcke hängen voll, aber es fehlte in diesem Jahr die Sonne, um die Trauben zur vollen Reife zu bringen.
Johann Kehl misst mit dem Refraktometer den Zuckergehalt seiner Weinbeeren. Die Stöcke hängen voll, aber es fehlte in diesem Jahr die Sonne, um die Trauben zur vollen Reife zu bringen. © Dietmar Thomas

Döbeln. Ein Anblick wie aus dem Bilderbuch: In Johann Kehls Weinberg über den Klostergärten hängen prachtvolle blaue Trauben dicht an dicht.

Die Stöcke sind fein säuberlich entblättert, damit kein Sonnenstrahl den Beeren verloren geht. Die Ernte würde gut 400 Liter Wein einbringen – eigentlich. Die Wirklichkeit sieht anders aus. „Das kann ich wahrscheinlich alles wegwerfen“, meint Kehl.

Der Hobbywinzer wirkt resigniert. Zum vierten Mal in Folge wird es wohl einen Totalausfall im Weinberg geben. „Da kann man auch mal die Lust verlieren“ sagt Kehl. In einem Jahr hatten Maifröste die Blüten erwischt. Zwei Jahre in Folge hatte wegen der Trockenheit kaum etwas Verwertbares an den Reben gehangen.

Trauben fehlt die Sonne

Und in diesem Jahr schien zumindest in einem Punkt alles zu stimmen: „Die Trauben sind engbeerig und haben viel Saft“, sagte Kehl. Was ihnen fehlt, ist die Sonne. Die braucht der Weinstock, um den Zucker zu bilden, der durch die Gärung in Alkohol umgewandelt wird. Kehl hat nachgemessen. Auf 50 bis 65 Öchsle kommen seine Trauben. „So hängen sie jetzt schon seit drei Wochen“, meint er.

Im Spätsommer und Frühherbst tanken die Trauben eigentlich noch einmal richtig Sonne und legen zu. Diesmal nicht. „Unter 80 Öchsle brauche ich gar nicht anfangen“, sagt Kehl. Für ihn ist das ein reines Rechenexempel. 80 Öchsle ergeben reichlich zehn Prozent Alkohol im Wein.

Laut Weingesetz dürfte er 20 Gramm Zucker pro Liter zusetzen. Dieses Jahr müssten es aber 60 bis 70 Gramm sein. „Man braucht den Alkohol für die Flaschenreife und die lange Haltbarkeit. Einen Wein mit wenig Alkohol muss man schnell verbrauchen“, sagte Kehl. Das, was der Hobbywinzer aus den herben Früchten keltern würde, wäre auch sonst wahrscheinlich eher minderwertig.

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Eigentlich hatte der Hobbywinzer Ende September immer mit der Weinlese begonnen. Er will den Trauben noch eine Woche länger geben, damit sie vielleicht an Mostgewicht zulegen. Seine vage Hoffnung ist, dass zumindest ein Teil der Beeren verwertbar ist. „Vielleicht kann ich dann wenigstens 200 Liter keltern.“

Weinbauverein wird zehn Jahre alt

Kehl hat in einem Raum am Weinberg alles, was er zum Keltern braucht. Behälter für die Maische, die zerdrückten Früchte. Weinpresse und zwei große 300-Liter Edelstahltanks. Filter, um den Wein zu klären. Benutzt hat er das lange nicht. Und auch die Weinvorräte aus den guten Jahren gehen langsam zur Neige. „Ich habe noch ein paar Flaschen, aber es wird eng.“ Anderen Winzern geht es in diesem Jahr nicht besser, meint Kehl. „Zum Glück muss ich davon nicht leben.“

Vor zehn Jahren hatte Kehl seinen Weinberg über den Klostergärten angelegt – an historischer Stelle, denn dort war vor 200 Jahren schon Wein angebaut worden. Nächstes Jahr wird auch der Weinbauverein Döbeln und Umgegend zehn Jahre alt, dem der Hobbywinzer vorsteht.

Durch Corona waren alle Aktivitäten der Weinfreunde lahmgelegt. Kehl schaut aufs kommende Jahr. Dann hofft er, mit den Vereinsmitgliedern das kleine Weinfest nachholen zu können, das im Klostergut geplant war. „Vielleicht könnte man im Frühjahr im kleinen Kreis auch eine Jungweinprobe machen“, sagte Kehl.