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Kuh Annabelle auf Tour in Dresden

Auf dem Pferdehof von Pierre Fritzsche in Geringswalde lebt seit zwei Jahren eine Kuh. Auf dieser sind zwei Mädchen durch die Dresdener Altstadt geritten. Das ist in einem Film zu sehen.

Von Sylvia Jentzsch
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Kira und Lina aus Saultitz sind öfter auf dem Pferdehof von Pierre Fritzsche in Geringswalde zu Gast. Sie reiten nicht nur auf Kuh Annabelle, sondern pflegen und füttern sie und andere Tiere.
Kira und Lina aus Saultitz sind öfter auf dem Pferdehof von Pierre Fritzsche in Geringswalde zu Gast. Sie reiten nicht nur auf Kuh Annabelle, sondern pflegen und füttern sie und andere Tiere. © SZ/DIetmar Thomas

Geringswalde. Diese Ferien werden Lina (12) und Kira (15) niemals vergessen. Die Schwestern aus Saultitz besuchten Dresden – doch nicht einfach so, sondern hoch zu Kuh. Das sorgte bei vielen Dresdnern und Besuchern für Verwirrung.

„Es war schon ganz schön aufregend, als wir in der Altstadt unterwegs waren. Handys wurden gezückt und Fotos sowie Videos aufgenommen. Wir wurden auch oft angesprochen, warum wir das machen“, sagte Lina. Die Antwort sei ganz einfach gewesen: „Wir wollen zeigen, dass Kühe nicht nur Nutztiere sind, sondern Lebewesen“, so die Zwölfjährige.

Eine Frau, die mit ihrem Hund die Straße überqueren wollte, sei staunend stehen geblieben, obwohl die Fußgängerampel grün war. „Wir haben schon viel erlebt. Es ist toll, etwas zu machen, was es noch nicht gab“, sagte Pierre Fritzsche. Er hat einen Pferdehof in Geringswalde. Schon vor zwei Jahren sorgte er mit Kälbchen Annabelle für Aufsehen.

Wie Annabelle auf den Pferdehof kam

Annabell kam am 8. März 2021 in einem landwirtschaftlichen Betrieb zur Welt und etwa acht Wochen später zu Pierre Fritzsche.

„Es war schon immer mein Wunsch, eine Kuh zu halten.“ Pierre Fritzsche schloss das schwarz-weiß gefleckte Kälbchen in sein Herz. Und nicht nur Annabelle kam auf seinen Hof, sondern auch eine junge Frau, die ihm bei der Aufzucht des Tieres und später beim Training und Ausführen half.

„Ich habe das Kälbchen Annabelle nach einer Figur aus einem Trickfilm benannt, der mich immer wieder zu Tränen rührt. Es ist Annabelle und die fliegenden Rentiere“, so Pierre Fritzsche. Er habe damals gleich erkannt, dass das Kälbchen etwas Besonderes sei. Es war sehr anhänglich und zutraulich. Das kann ich beurteilen, weil ich eine Zeit lang in einem Stall gearbeitet habe“, so der Geringswalder.

Annabelle sei ihm ständig hinterhergelaufen. Dann kam die junge Frau und die hatte die Idee, mit Annabelle ein Kindergartenprojekt zu starten. „Das hat mich begeistert. Wir begannen, Annabelle zu trainieren, sodass sie schon bald neben uns lief“, so Fritzsche.

Wie die Leute reagieren

Erst seien sie auf dem Reitplatz gewesen, dann auf dem Dorfweg und später rund um den Großen Teich in Geringswalde gelaufen. „Manche Leute trauen ihre Augen nicht, wenn sie uns sehen. Man merkt, sie müssen zweimal schauen, um sicher zu sein, dass ich beziehungsweise wir mit einer Kuh spazieren gehen“, so Pierre Fritzsche.

Oft werde er angesprochen, wie er zu der Kuh gekommen sei. Anfangs habe er oft erzählt, dass er Annabelle als Dalmatinerwelpe bekommen habe. Erst später habe er bemerkt, dass es ein Kälbchen sei. Über diese Geschichte kann er heute noch schmunzeln.

Nun lebt Annabelle schon mehr als zwei Jahre bei Pierre Fritzsche und ist ein ausgewachsenes Rind. Die weibliche Begleitung gibt es schon länger nicht mehr. Es fehle die dritte und vierte helfende Hand.

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Mit der Kuh Annabelle in Dresden unterwegs.
Mit der Kuh Annabelle in Dresden unterwegs. © privat
Auch zwei Leichgewichte kann Annabelle tragen. Kira und Lina haben viel Spaß dabei.
Auch zwei Leichgewichte kann Annabelle tragen. Kira und Lina haben viel Spaß dabei. © SZ/DIetmar Thomas
Piere Fritzsche mit  der Kutsche und dem Gespann in Geringswalde unterwegs.
Piere Fritzsche mit der Kutsche und dem Gespann in Geringswalde unterwegs. © privat
Annabelle freut  sich über die Streicheleinheiten der beiden Mädchen.
Annabelle freut sich über die Streicheleinheiten der beiden Mädchen. © SZ/DIetmar Thomas

Zwei junge Helferinnen gefunden

Doch so zufällig wie Annabelle in sein Leben getreten ist, lernte er in diesem Jahr Lina auf dem Kunst- und Trödelmarkt in Podelwitz kennen oder besser gesagt, die Zwölfjährige kam auf ihn zu. „Ich liebe Ponys und Pferde. Und weil Herr Fritzsche Ponyreiten anbot, fragte ich, ob ich helfen kann“, so Lina.

Der Geringswalder habe ihr die Videos von Annabelle gezeigt und sie sei neugierig geworden. Seit etwa zehn Wochen unterstützt sie das Training mit Annabelle. Darüber ist Pierre Fritzsche froh. Allein sei es schwer, mit Annabelle zu arbeiten, sie zu trainieren. Denn eine Kuh vergisst viel. Das Wissen müsse immer wieder aufgefrischt werden. Das koste viel Zeit.

Lina hilft nicht nur beim Training, sie füttert auch die anderen Tiere und außerdem gibt es jede Menge Streicheleinheiten für Annabelle und Lieblingspony „Träumerle“.

Viel getüftelt

Bevor mit dem Reittraining begonnen werden konnte, hat sich Pierre Fritzsche dazu viel Wissen aus alten Büchern und dem Internet angeeignet. Das Besorgen eines Westernsattels sei kein Problem gewesen. Doch die Trense, mit der das Pferd geführt wird, passte nicht ins Maul der Kuh.

„Die Generation, die damit Erfahrungen hat, kann ich nicht mehr fragen. Deshalb musste ich mir selbst etwas ausdenken“, so Fritzsche. Mit der Trense muss ein gewisser Druck auf das Kinn und die Stirn ausgeübt werden, um das Tier führen zu können“, sagte der Geringswalder. Er habe viel probiert und eine Lösung gefunden.

Und weil Lina daheim von ihren Ausflügen mit Annabelle schwärmte, hat sie bei ihrer großen Schwester Kira das Interesse geweckt, die nun genauso gern auf Annabelle reitet und sich um die Tiere auf dem Hof kümmert wie ihre kleine Schwester.

„Das Reiten auf einer Kuh ist nicht mit dem auf einem Pferd oder Pony zu vergleichen. Die Zügel sind kürzer. Man braucht mehr Kraft in den Armen. Wenn Annabelle langsam geht, fühlt es sich an, als würde sie traben“, sagte Kira.

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Einmal mit Annabelle durchs Brandenburger Tor reiten

Nun waren die beiden Schwestern gemeinsam mit Fritzsche öfter in Kindergärten oder bei Festen mit den Ponys und Annabelle unterwegs. Beim Heimatfest in Waldheim sind sogar einige Erwachsene auf der Kuh geritten.

„Unser großes Ziel ist es, Berlin zu besuchen und durch das Brandenburger Tor zu reiten. Das haben wir für August geplant“, so Pierre Fritzsche. Dafür hat er sich schon eine Choreografie ausgedacht.