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Warum Waldheims Bürgermeister sein Eis-Café schließt

Ernst´s Eis-Café & Konditorei hat in Waldheim Tradition. Jetzt müssen Steffen Ernst und seine Frau Catrin die Reißleine ziehen. Geplant war das so nicht.

Von Elke Braun
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Catrin Ernst steht an der Tür des traditionellen Familienbetriebes, der sich als Ernst´s Eis-Café auch über die Grenzen Waldheims hinaus einen Namen gemacht hat. Ende Oktober wird es geschlossen.
Catrin Ernst steht an der Tür des traditionellen Familienbetriebes, der sich als Ernst´s Eis-Café auch über die Grenzen Waldheims hinaus einen Namen gemacht hat. Ende Oktober wird es geschlossen. © Lars Halbauer

Waldheim. Ernst´s Eis-Café & Konditorei ist über die Grenzen der Zschopaustadt hinaus vielen Leuten ein Begriff. Das liegt auch daran, dass es ein traditionsreiches Geschäft ist. Seit 1965 ist es in Familienhand. Im Jahr 1999 hat es der jetzige Bürgermeister Steffen Ernst (FDP) von seinem Vater Wolfgang übernommen, führte es seitdem mit seiner Frau Catrin erfolgreich. Doch jetzt muss das Ehepaar das Geschäft schweren Herzens schließen. Zum 31. Oktober ist Schluss.

„In Anbetracht der steigenden Energie- und Rohstoffpreise ist es uns nicht gelungen, für unser Saisongeschäft die notwendige Rücklage für den Winter zu bilden“, sagt Steffen Ernst. „Wir würden quasi mit Rücklage Null in den Winter gehen. Damit ist das Geschäft nicht mehr wirtschaftlich zu führen“, so Ernst.

Das war so nicht geplant. Steffen Ernst erzählt, dass er und seine Frau schon lange auf der Suche nach einem Nachfolger gewesen sind. „Unser Wunsch war es, das Geschäft nahtlos an einen neuen Betreiber zu übergeben, der es in unserem Sinne weiterführt. Leider ist dieser Traum geplatzt“, so Ernst.

Suche nach Nachfolger erfolglos

Einen Nachfolger zu finden sei in der jetzigen Situation alles andere als einfach. Dabei machen dem Familienunternehmen nicht nur die gestiegenen Energiekosten zu schaffen. „Auch die Kosten für die Rohstoffe sind nahezu explodiert“, so Ernst. Neben Catrin Ernst arbeiten weitere drei Angestellte in dem Geschäft und bereiten die süßen Leckereien vom Windbeutel über Torten und verschiedene Eissorten zu – alles nach handwerklicher Tradition.

Steffen Ernst erlernte das Handwerk des Konditormeisters von der Pike auf. Sein Vater, der gelernter Tischler war, habe das Unternehmen zu DDR-Zeiten als Eisdiele geführt. Die war erst auf der Feld-, dann auf der Bergstraße ansässig, bevor sie an die untere Bahnhofstraße umzog. Als Steffen Ernst die Ausbildung zum Konditormeister abgeschlossen hatte und in das Geschäft einstieg, kaufte Vater Wolfgang den ersten Backofen. „Und dann ging es los mit der Konditorei." Kurz vor der Jahrtausendwende lernte er von seinem Onkel, der Bäckermeister in Waldheim war, das Brötchenbacken. „Dann haben wir Sonntagsbrötchen angeboten und waren damit die Ersten in Waldheim“, erzählt Steffen Ernst.

Platzkapazität erweitert

Wichtig sei ihm immer gewesen, mit dem über die Sommermonate durch den Eisverkauf eingefahrenen Gewinn über die Wintermonate zu kommen. „Das ist uns all die Jahre gelungen. Wir mussten im Winter kein Personal entlassen“, so Ernst. Auch auf Werterhaltung und Modernisierung sei immer geachtet worden. Die Beiden erinnern sich an den Komplettumbau im Jahr 2003, bei dem unter anderem die Kapazität der Sitzplätze erweitert wurde. Seit dem haben Ernsts in ihrem Eis-Café 40 Sitzplätze im Innenbereich und 20 Plätze im Garten.

400 Eier für eine Torte

Eistorten und Pückler-Eis seien über die vielen Jahre die beliebtesten Produkte des Eis- und Konditoreibetriebes gewesen. Und auch der Festtags-Konditorei kam immer größere Bedeutung zu. Der Kreativität waren dabei keine Grenzen gesetzt. „Eine Kundin wollte mal eine Torte in Form einer Nähmaschine. Auch diesen Wunsch haben wir erfüllt“, so Catrin Ernst. Gern erinnern sich Ernsts auch an den Auftrag eines großen Automobilherstellers, der zur Premiere eines neuen Modells eine Autotorte bestellte. „Da habe ich unter anderem 400 Eier und zehn Kilogramm Butter verarbeitet“, so Steffen Ernst. Die Torte musste geteilt werden, sonst hätte sie gar nicht in den Kühlschrank gepasst.

Auch Hochzeitstorten seien immer wieder bestellt und sogar in alle Welt ausgeliefert worden. „Eine ging per Flugzeug bis in die Türkei und ist dort wohlbehalten angekommen“, so Catrin Ernst. Eine andere wurde sogar in die USA ausgeliefert.

Als Steffen Ernst im Jahr 2015 erstmals zum Bürgermeister gewählt wurde, blieb er trotzdem Geschäftsführer, auch, um nach sieben Jahren eventuell wieder ins Geschäft einsteigen zu können. Die Kalkulationen und Abrechnungen erledigte er am Wochenende – während seine Frau im Geschäft arbeitete.

In diesem Jahr haben die Waldheimer Steffen Ernst wieder zum Bürgermeister gewählt. „Ich liebe dieses Amt als Bürgermeister in unserer schönen Stadt sehr und möchte es auch in den nächsten sieben Jahren zu 100 Prozent ausfüllen“, so Ernst. Eine anschließende Rückkehr ins Konditoreigeschäft mit dann 66 Jahren hält er jedoch für ausgeschlossen. Auch das habe ihn in Absprache mit dem Familienrat zu der Entscheidung bewogen, das Geschäft jetzt aufzugeben.

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„Vielleicht ist es ja nur vorübergehend“, sagt der Bürgermeister. Denn er und seine Frau wollen weiter nach einem Nachfolger suchen. „Deshalb bleiben auch alle Maschinen und Einrichtungsgegenstände drin, so dass ein Neubeginn rasch möglich wäre“, so Ernst. Sein großer Traum ist es, dass er irgendwann einmal als Gast nach einem Spaziergang durch Waldheim in dem Eis-Café einkehren kann.