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Halsbrücke wehrt sich gegen Ansiedlung des "Königreich Deutschland"

Sogenannte Reichsbürger haben ein Gut im mittelsächsischen Halsbrücke gekauft. Die Kommune versucht, das zu verhindern.

Von Lea Heilmann
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Auch Peter Fitzek, selbst ernannter Anführer des „Königreich Deutschland“ trat bei der Diskussionsveranstaltung am Dienstagabend in Halsbrücke ans Mikrofon.
Auch Peter Fitzek, selbst ernannter Anführer des „Königreich Deutschland“ trat bei der Diskussionsveranstaltung am Dienstagabend in Halsbrücke ans Mikrofon. © SZ/Lea Heilmann

Halsbrücke. Anfang Juni erreichte die kleine Gemeinde Halsbrücke in Mittelsachsen plötzlich überregionale Aufmerksamkeit: Das dortige Kanzleilehngut wurde verkauft – an das „Königreich Deutschland“ (KRD). Das Gut umfasst einen landwirtschaftlichen Betrieb sowie einen Hofladen.

Die Gruppierung möchte sich aus der Bundesrepublik ausgliedern und einen „Gemeinwohlstaat“ errichten – mit eigenen Ausweisen, Banken und einer Rentenkasse. Der Verfassungsschutz beobachtet die Reichsbürger.

Gegen den Kauf regt sich Widerstand. Die Gemeinde, der Landkreis und eine Bürgerinitiative vor Ort möchten das nicht hinnehmen und wollen verhindern, dass das Königreich sich in Halsbrücke nieder lässt.

Verfassungsschutz kann Verkauf nicht verhindern

Um Strategien und Alternativen zu sprechen, lud die Kommune am Dienstagabend zur Diskussionsveranstaltung in der Halsbrücker Oberschule. Das Thema beschäftigt die Anwohner, bereits eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn war die Aula gut gefüllt.

Neben Andreas Beger, Bürgermeister von Halsbrücke, gaben auch Vertreter von Staats- und Verfassungsschutz sowie der Sektenbeauftragte der Landeskirche Einblick in die Reichsbürgerszene.

Die Anwohner interessiert vor allem, wie es sein kann, dass die Gemeinde mit dem Verkauf überrumpelt wurde, obwohl die Gruppierung beobachtet wird und was nun dagegen getan werden könne.

Einem Vertreter der Bürgerinitiative ging es auch um die praktischen Fragen: „Wird das Gut dann weiterhin für alle zugänglich sein?“

Dirk Delling, Bereichsleiter Rechtsextremismus des sächsischen Verfassungsschutzes, erklärte, dass sie selbst nur kurzfristig von dem Besitzerwechsel erfahren hatten.

„Wir haben die Gemeinde umgehend informiert. Damit erschöpfen sich unsere Mittel“, sagte er weiter. Ein privater Verkauf könne nicht durch den Verfassungsschutz verhindert werden.

Früherer Besitzer ist enttäuscht von Kommune

Deswegen prüft die Gemeinde Halsbrücke gemeinsam mit der Stadt Freiberg das Vorkaufsrecht für die Anlage. Wie Freibergs Bürgermeister für Bau- und Stadtentwicklung Martin Seltmann erklärte, soll ein Konzept erarbeitet werden, wie das Objekt als Bildungszentrum mit den Themen Natur und Umwelt genutzt werden könnte.

Landrat Dirk Neubauer sicherte der Kommune Unterstützung zu: „Wir lassen keine Parallelgesellschaften zu.“ Die Hoheit liege aber bei den Gemeinderäten, betonte er.

Unter den zahlreichen Gästen befand sich auch der frühere Besitzer. Er sei bitter enttäuscht von der Kommune. Niemand hätte ihn gefragt, warum er verkaufen müsse oder ihm Hilfsangebote gemacht.

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Stattdessen wolle die Gemeinde ihn „elegant enteignen“. Dem widersprachen Martin Seltmann und Andreas Beger entschieden. Das Vorkaufsrecht sei keine Enteignung, denn die Kommune müsse den von ihm festgesetzten Preis bezahlen.

Außerdem habe es Gespräche mit ihm gegeben. Beger ergänzte, dass er dem alten Besitzer angeboten hatte, gemeinsam planungsrechtlichen Schritte zu überlegen. „Das wurde von Ihnen abgelehnt, weil Sie meinten, dass das Zeitfenster nicht zu Ihrer Situation passt“, sagte der Bürgermeister.

Unter den Gästen befanden sich auch Befürworter des Königreichs. Ein Mann mit weißem Cowboyhut sprach von einer „antidemokratischen Veranstaltung“, ein anderer fragte, was denn das Problem sei, wenn Menschen, die die „Schnauze von der Politik voll haben“ auf erworbenem Grund unter sich sind.

Der Sektenbeauftragte der Landeskirche, Harald Lamprecht, erklärte wiederholt, dass das Königreich gegen die BRD arbeite und dies eine massive Delegitimation der Demokratie sei.

"König" Peter Fitzek ergreift Wort

Unter den Besuchern befand sich auch Peter Fitzek, der das „Königreich Deutschland“ 2012 gegründet und sich selbst zum König ernannt hatte. Als er den Saal betrat applaudierten vereinzelt Menschen.

Auch er trat ans Mikrofon und behauptete, dass das Königreich gesetzeskonform sei und eine Verfassung habe, die die BRD seit 74 Jahren nicht hat.

Er fragte die Podiumsteilnehmer auch, wann sich denn endlich mal mit ihm unterhalten werde. Martin Seltmann stellte daraufhin klar, dass nur mit dem Käufer geredet wird, der sehr wahrscheinlich nicht anwesend sei. Gekauft wurde das Gut nämlich nicht von Fitzek, sondern einer Person, die dem „Königreich“ nahe stehe.