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Leisnig: Lebenszeit ärgert sich über verlorene Zeit

Der Hospizverein hätte Ende April gern mit den Leisnigern gefeiert. Doch die Stadt hat das Blütenfest abgesagt – für den Vorstand unverständlich.

Von Heike Heisig
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Dieses Foto mit Alexandra Lohse (von links), Heike Andrä, Diana Fischer, Eiko Weber und Susann Thoma ist zum einjährigen Bestehen des Hospiz entstanden. Den Trägerverein Lebenszeit gibt es seit zehn Jahren.
Dieses Foto mit Alexandra Lohse (von links), Heike Andrä, Diana Fischer, Eiko Weber und Susann Thoma ist zum einjährigen Bestehen des Hospiz entstanden. Den Trägerverein Lebenszeit gibt es seit zehn Jahren. © Lars Halbauer/Archiv

Leisnig. Schon seit Wochen sind einige der Mitglieder des Hospizvereins Lebenszeit dabei, in alten Dokumenten zu kramen. Sie erinnern sich, wie alles angefangen hat, damals vor fast genau zehn Jahren.

„Wir sind am 30. März 2012 angetreten, um die regionale Hospiz- und Palliativarbeit zu verbessern“, sagt Patrick Prestin, der stellvertretende Vorsitzende. „Heute, zehn Jahre später, sind wir ein Verein mit 103 Mitgliedern.“ Aber das ist längst nicht alles, was der Vorstand vorzuweisen hat.

Ein Ziel, was sich die Gründungsmitglieder damals gesetzt hatten, war, abseits der sächsischen Großstädte Angebote zur Versorgung schwerkranker und sterbender Menschen im Landkreis zu schaffen und auszubauen. „Mittlerweile sind wir Träger eines Hospizes und eines ambulanten Hospizdienstes“, bilanziert Prestin. „Und wir haben mit der Kraft von vielen Helfern ein regionales Kompetenzzentrum für Hospiz- und Palliativarbeit in Leisnig etabliert.“

Kontakt- und Anlaufstelle

Das ist ein großer Erfolg, an dem fest angestellte Mitarbeiter, ehrenamtliche Vereinsmitglieder, aber auch eine Reihe von Sponsoren beteiligt sind. Dazu gehören Firmen, die größere Summen spenden können, aber auch die Läufer, die beim jährlichen Spendenlauf auch für kleines Geld Runde um Runde drehen.

Inzwischen wollen die Lebenszeit-Mitstreiter aber nicht mehr nur jenen zur Seite stehen, deren Lebenszeit sich dem Ende neigt, und deren Angehörigen. Vielmehr bieten sie schon seit mehreren Jahren allen ihre Hilfe an, die älter werden. Und sie sind Kontakt- und Anlaufstelle für Menschen, die Ältere unterstützen.

„In unserem Beratungs- und Schulungszentrum an der Chemnitzer Straße-/Ecke Lindenplatz sind wir zu allen Fragen der Pflege und Versorgung, Alltagsbegleitung und Nachbarschaftshilfe ansprechbar“, detailliert Patrick Prestin. Mit diesem Zentrum stelle der Verein eines von insgesamt zwei in Mittelsachsen ansässigen Nachbarschaftskontaktstellen. Die zweite befindet sich in Brand-Erbisdorf.

Blütenfest als Benefizveranstaltung gedacht

Mit diesem Schulungszentrum haben die Lebenszeit-Mitglieder die Voraussetzungen geschaffen, ein weiteres Ziel umsetzen können, das sie sich zur Vereinsgründung vor nunmehr zehn Jahren vorgenommen hatten. „Damals wie heute wollen wir die Themen Tod und Sterben weiter in die Mitte der Gesellschaft rücken, dafür sensibilisieren und auf sie aufmerksam machen“, so der stellvertretende Vereinschef.

Er selbst bietet zum Beispiel Kurse in Letzter Hilfe an. Das bei diesem Tageskurs vermittelte Wissen soll den Teilnehmern in der Situation weiterhelfen, in denen ein eigener Familienangehöriger oder auch der nette Nachbar im Sterben liegt. Coronabedingt konnte es bislang nicht alle geplanten Kurse geben. Um das Angebot nicht über längere Zeit ausfallen zu lassen, hat es der Verein auch schon als Online-Schulung auf Distanz angeboten.

Um sich bei allen Vereinsmitgliedern und Unterstützern zu bedanken, wollte Lebenszeit gemeinsam mit den Leisnigern das 60. Blütenfest am letzten April-Wochenende feiern. „Es war auch als Benefizveranstaltung für unseren Verein und für unser Hospiz gedacht“, erzählt Patrick Prestin. „Dieses Fest wurde trotz bevorstehender Lockerungen und daher für uns nicht nachvollziehbar relativ kurzfristig von der Stadt abgesagt“, so der stellvertretende Vorstandschef. Er bedauert das sehr – auch deshalb, weil damit Zeit und möglicherweise Geld verloren gegangen sind.

Vorbereitungen seit November

Die Vorbereitungen auf das Fest und die Beteiligung von Lebenszeit darauf seien bereits seit November vergangenen Jahres gelaufen. Bereits im Sommer 2021 habe es erste Absprachen gegeben. Erst kürzlich seien Verträge mit Künstlern abgeschlossen worden, die nun wieder rückgängig gemacht werden müssten. „Wir bedauern das sehr und wären dankbar über eine konkrete Begründung, abseits der Corona-Situation- gewesen.

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Hauptsächlich mit dem Virus hat Bürgermeister Tobias Goth (CDU) die Absage des Blütenfestes erklärt (wir berichteten). Vorausgegangen waren Abstimmungen in verschiedenen Gremien. Trotz Lockerungen seien Reglementierungen und dagegen Protest zu erwarten.

„Den Auseinandersetzungen wollen wir uns als Veranstalter nicht stellen“, sagte Goth. Er führte als ein weiteres Argument an, dass liebgewordene Programmpunkte nicht in bekannter Weise angeboten werden könnten. Auch das habe mit zu der Entscheidung geführt, das Fest abzusagen.

Für den Vorabend des Maifeiertages kündigte der Bürgermeister als Minimal-Festvariante ein Maibaumstellen auf dem Markt an. Dort wolle die Kommune Vereinen die Möglichkeit geben, sich für ein paar Stunden zu präsentieren. Mit dem Verein Lebenszeit hat der Bürgermeister zum Zeitpunkt der Blütenfest-Absage fest gerechnet. Doch das scheint für den Vorstand nicht infrage zu kommen. „Wie und wo wir das zehnjährige Bestehen des Vereins nun feiern, das geben wir baldmöglichst bekannt“, sagt Patrick Prestin zu.