Warum es in Döbeln nur eine E-Bike-Ladesäule gibt

Döbeln. Der E-Bike-Markt boomt. Kaum ein Fahrradgeschäft kommt mehr ohne die motorisierten Freizeiträder aus. Laut dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) wurden im vergangenen Jahr 40 Prozent aller Radtouren mit dem E-Bike gemacht, 2020 waren das noch 31 Prozent.
Auch in Döbeln strampeln längst nicht mehr alle Fahrradfahrer mit Muskelkraft den Mulderadweg entlang. Das Problem: In Döbeln gibt es derzeit nur eine einzige Ladestation für E-Bikes. Die steht seit Mai 2019 neben dem Eingang zum Döbelner Stadtbad, 6.000 Euro hat die Säule die Stadtwerke damals gekostet.
Bis zu drei Akkus gleichzeitig lassen sich dort bis 21 Uhr abends laden. Im Gegensatz zu vielen anderen Ladesäulen finden sich dort allerdings keine herkömmlichen Steckdosen, sondern verschiedene Anschlüsse, mit denen der E-Bike-Akku auch ohne selbst mitgebrachtes Ladegerät aufgeladen werden kann.
Döbelner Ladesäule wird immer häufiger genutzt
Ist diese eine Ladesäule zu wenig für eine Stadt, die immerhin an vier Radwanderwegen liegt (sofern man den 33 Kilometer langen Jahnatalweg dazuzählt)? Konkrete Zahlen zur Nutzung der Ladesäule gibt es nicht. Gunnar Fehnle von den Döbelner Stadtwerken spricht allerdings von einer steigenden Nutzung. Im Vergleich zum Vorjahr hätte sich die Zahl der Ladesäulennutzer grob verdoppelt. "Die Installation ist also sehr sinnhaft gewesen." Bisher decke die eine Säule die Anfrage noch ab.
In der Touristen-Information und im Radsport-Geschäft am Bahnhof kann man sich dagegen nicht erinnern, dass ein E-Bike-Fahrer jemals nach einer Ladesäule gefragt hätte. "Es gibt ein Wettrüsten darum, wer den größten Akku hat", sagt Fahrradgeschäfts-Mitarbeiter Thomas Spichermann.
Der könne inzwischen auch mal für 90 Kilometer Strecke reichen. Wessen Akku trotzdem drohe, schlappzumachen, der nehme ein Ladegerät mit und fahre damit zur nächsten Gaststätte, so Spichermann. Denn laden lassen sich die Akkus an jeder herkömmlichen Steckdose.
Akku lässt sich mit Ladegerät an jeder Steckdose laden
"Haben Sie schon einmal ein E-Bike an einer Ladesäule gesehen?", fragt auch Kathrin Beyer vom Tourismusverband Leipziger Land. Die meisten E-Bike-Fahrer unternähmen ohnehin Sternfahrten von einer festen Unterkunft aus und kämen jeden Abend wieder zurück. Den Akku können sie dann bequem in der Unterkunft laden.
"Die Ladesäulen stammen aus einer Zeit, wo man das Thema noch nicht so gut überblicken konnte", sagt sie. "Ich scheue mich mit den Kommunen auch nicht, über einen Rückbau zu sprechen, wenn die Ladesäulen einfach nur rumstehen."

Die Stadt Döbeln hat selber allerdings keinen Überblick über die vorhandenen Ladestationen in der Region. Die werden nämlich im Regelfall von privaten Anbietern betrieben. Auf einer interaktiven Karte des Tourismusverbandes ist neben der Ladesäule am Stadtbad auch die Ladestation am Kloster Buch in Leisnig aufgeführt.
Die dortige Ladestation finde mal mehr, mal weniger Zuspruch, heißt es dort. Seinen Akku laden kann allerdings nur, wer auch den Eintritt ins Kloster bezahlt. Die Ladesäulen stehen meistens an Orten, an denen die Fahrradfahrer ohnehin länger verweilen - etwa an Gaststätten, Unterkünften oder anderen Freizeiteinrichtungen.
Neue Ladesäule an Margarethenmühle bald eröffnet
Trotz der Kritik des Tourismusverbands entstehen im Döbelner Land weitere Ladesäulen. Etwa am Waldgasthof Margarethenmühle im Zweiniger Grund. Obwohl die Gaststätte an keinem Radweg liegt, kämen viele Gäste mit dem Fahrrad, sagt Mitarbeiterin Sabine Firley. Gerade im letzten Jahr sei eine steigende Tendenz beobachtet worden. Die Ladestation, die neben E-Bikes auch für E-Autos ausgelegt ist, solle in den nächsten Tagen eröffnet werden. Derzeit fehlten noch letzte Einbauteile und ein Handwerker, der die Station anschließt.
Eine weitere Ladestation gibt es bereits am Bahnhof in Westewitz, wo auch der Mulderadweg entlangführt. Dass dort jemand sein Fahrrad lade, sei allerdings eher selten, sagt Markus Haupt, dessen Firma Elektro Fleckeisen die Ladesäule im vergangenen Jahr installiert hat. "Aber seinen Akku nur für eine halbe Stunde zu laden, bringt ja schon etwas", sagt er.
Döbeln will Fahrradboxen, aber keine Ladestationen
Im Stadtplanungsamt der Stadt Döbeln wird zwischen E-Bike und herkömmlichem Fahrrad kein Unterschied gemacht. "Wir wollen den Radverkehr insgesamt stärken", sagt Maja Köhler, die dort für den Radverkehr zuständig ist. Das überarbeitete Radverkehrskonzept, das Ende des Jahres beschlossen wird, sieht weder weitere E-Bike-Ladestationen noch Reparaturstationen vor. Die müssten regelmäßig gewartet werden, außerdem sei mit Vandalismus zu rechnen, so Köhler.
In Leisnig dagegen will man jede Möglichkeit nutzen, um weitere E-Bike-Ladestationen aufzustellen. An der S44 etwa beim Wanderweg ins Schanzenbachtal könnte ein Rastplatz mit einer Ladestation entstehen oder am Mulderadweg in Höhe des Kulturbahnhofs. Die Ladesäulen können vom Bund zu hundert Prozent gefördert werden.

In Döbeln setzt das Planungsamt dagegen andere Prioritäten: In den nächsten Jahren sollen Fahrradboxen aufgestellt werden, in denen Fahrrad und eventuelles Gepäck sicher untergestellt werden können. Ein geeigneter Standort wird noch gesucht, momentan kämen die am Mulderadweg gelegene Staupitzmühle oder gleich nebenan die kleine Straße an der Sparkasse zum Niedermarkt infrage.
Ein klassischer Ort wäre auch der Bahnhof, allerdings ließen nicht viele Döbelner ihr Fahrrad am Bahnhof stehen, um mit dem Zug weiterzufahren, sagt Maja Köhler. Derzeit seien dort im Schnitt nur zehn Prozent der Fahrradstellplätze belegt.
An Ladesäulen kann auch das Handy aufgeladen werden
Gut aufgehoben sind E-Bike-Fahrer auch bei Unterkünften mit dem vom ADFC ausgegebenen Bett+Bike-Siegel. Mehr als die Hälfte dieser Unterkünfte hätten eine Steckdose, die sich beispielsweise in einer Garage befindet, um auch E-Bikes mit nicht ausbaubarem Akku laden zu können.
Das Problem: In Döbeln gibt es laut der offiziellen Website keine einzige derart ausgezeichnete Unterkunft. Für E-Bikes mit eingebautem Akku kann die Ladestation am Stadtbad also durchaus sinnvoll sein. Und Janine Häser vom ADFC hat noch eine weitere Idee: Die Säulen lassen sich auch als Lademöglichkeit für Smartphones nutzen.
Da heute viele Radfahrer das Handy auch als Navigationsgerät nutzten, sei diese Nutzungsmöglichkeit aus ihrer Sicht sinnvoller. Am Döbelner Stadtbad funktioniert das wegen der verschiedenen Anschlüsse allerdings nicht so einfach.