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Zu wenig Wasser: Ärger für Kraftwerksbetreiber mit dem Landratsamt Mittelsachsen

Die Mitinhaber des Gleisberger Wasserkraftwerkes haben zwei Bußgeldbescheide bekommen. Mit denen sind sie überhaupt nicht einverstanden.

Von Dirk Westphal
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Vorm Amtsgericht Döbeln kam der Widerspruch gegen zwei Bußgeldbescheide des Landratsamtes zur Verhandlung. Diese waren wegen der zu geringen Durchflussmenge am Gleisberger Wasserkraftwerk zugestellt worden.
Vorm Amtsgericht Döbeln kam der Widerspruch gegen zwei Bußgeldbescheide des Landratsamtes zur Verhandlung. Diese waren wegen der zu geringen Durchflussmenge am Gleisberger Wasserkraftwerk zugestellt worden. © André Braun

Döbeln. Der Wasserkraft kommt – als mit Abstand größtem Produzenten an regenerativer Energie – eine wichtige energiepolitische Bedeutung zu. Nicht zuletzt deshalb stehen auch an den mittelsächsischen Fließgewässern zahlreiche Anlagen zur Energiegewinnung.

Für deren Betrieb gelten bestimmte gesetzliche Bedingungen. Eine davon ist, dass – parallel zur Ausleitungsstrecke zur Turbine (Mühlgraben) – eine Mindestdurchlaufmenge an Wasser im eigentlichen Flussbett gewährleistet ist, um die ökologischen Schäden dort so gering wie möglich zu halten.

In Mittelsachsen führt das Referat Wasserbau, Gewässer- und Hochwasserschutz entsprechende Kontrollen durch.

Kontrollen an zwei Tagen

So auch am 28. Oktober und 2. November 2022 als die festgesetzte Mindestwasserabgabemenge – so der Fachbegriff – von 1,04 Kubikmetern – an der Wasserkraftanlage in Gleisberg augenscheinlich unterschritten war.

Den beiden Betreibern flatterten jeweils entsprechend Bußgeldbescheide über 2.000 Euro und 4.500 Euro plus Gebühren und Auslagen ins Haus.

Während der eine Betreiber die Strafen, laut Rechtsabteilung des Landratsamtes, beglichen hätte, gab es vom Geschäftspartner einen fristgerechten Widerspruch, mit dem sich nun das Amtsgericht Döbeln befassen muss.

Rigoros trat der von seinem Sohn begleitete ehemalige Mitinhaber des Wasserkraftwerkes vor Richter Simon Hahn, nannte Namen und Rentenhöhe.

Bereitwillig machte er Angaben zur Sachlage und hatte dabei die Befürchtung, dass die Strafhöhe bei seiner Rente 240 Tagessätze bedeuten würde. „Wäre ich dann vorbestraft“, fragte er, was der Vorsitzende verneinte.

Weil es sich um ein Bußgeld handele. Weiterhin wollte der Bayer wissen, wie die abgeleitete Wassermenge gemessen wurde. Und außerdem, wie die Unterstellung des Vorsatzes zustande kam.

Unverständnis über Zustellung

Überhaupt verstehe er nicht, warum „der Bescheid an uns gerichtet war“. Seine Familie kümmere sich um den kaufmännischen Bereich, der Geschäftspartner um den technischen vor Ort. „Unsere Familie sind Kaufleute“, gab er zu verstehen.

Zudem zeigten sich Vater und Sohn überrascht, dass der andere Anteilseigner das Bußgeld bezahlt hat. Zudem wäre er nicht Gesellschafter der GbR, er hätte die Gesellschafteranteile bereits 2012 aufgrund einer Privatinsolvenz an seine Frau übergeben. Vor allem wolle er die Vorwürfe aber klären, „vom Tisch haben“, sagte der Rentner.

Mit Fotos aus der Akte versuchte sich Richter Simon Hahn, ein Bild zu machen. Über die technischen Abläufe und was an diesen Tagen im Herbst 2022 an der Freiberger Mulde überhaupt passiert sein könnte. Es galt vor allem herauszufinden, ob Vorsatz vorlag, oder das Problem technisch bedingt war.

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Eine entsprechende Erklärung des Geschäftspartners liegt vor. Der Bußgeldempfänger, der seine Frau weiter bei der Buchhaltung unterstützt, konnte dazu die Stromabrechnungen dieser Zeit vorlegen.

Auf der war zu erkennen, dass die Betreiber keinen Nutzen gezogen hatten, das Wasser durch die Anlage und nicht über das Wehr laufen zu lassen. Wohl auch die Tatsache, dass der Mitarbeiter, der die Wasserkraftanlage sonst überwacht hatte, kurz vor den geprüften Terminen verstorben war, hätte wahrscheinlich mit für die Situation gesorgt.

„Wir hatten null Nutzen, kein Wasser laufen zu lassen“, bekräftigte der Miteigentümer.

Der verantwortliche Verwaltungsoberinspektor des Landratsamtes erklärte als Zeuge, dass am 2. November die Ausleitungsstrecke nahezu trocken gewesen sei. „Dann ist irgendetwas faul“, sagte er.

Zum Prozedere erklärte er, dass man den Unterschied zwischen 600 und 700 Litern wohl messen muss, den zwischen 20 Litern und 1.000 Litern aber schon erkenne. Zudem sei die Anlage mit einer Drohne überflogen worden. Ob er ein Turbinengeräusch gehört hat, was ebenfalls zur Kontrolle gehört, gab er nicht an.

Einsicht am Richtertisch

Nach erneutem Studium der Akten und Fotos am Richtertisch zeigte sich der Bußgeldempfänger einsichtig: „Ob 20 oder 500 sei dahingestellt, aber 1.000 Liter sind es nicht.“

Allerdings musste selbst der Landratsmitarbeiter zugeben: „Vorsatz würde ich unterstellen, wenn Energie erzeugt worden wäre.“ Doch das war laut den Abrechnungen offensichtlich nicht der Fall.

Letztendlich hatte Richter Simon Hahn nun nicht nur die Frage zu klären, ob Vorsatz oder Unterlassen vorlag, sondern wie die Aufgabenverteilungen zwischen den beiden GbRs der Geschäftspartner geregelt ist und wer überhaupt Gesellschafter der „kaufmännischen“ GbR ist. Auch per Telefon war die letzte, wohl entscheidende Frage nicht zu klären.

So wird es am 19. März einen weiteren Gerichtstermin geben, zu dem der für die Technik verantwortliche Mitgesellschafter sowie der Projektingenieur des immer noch im Bau befindlichen Gleisberger Wasserkraftwerkes als Zeugen geladen werden.