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Verwaltungs-Mängel aus zehn Jahren

In einer Sondersitzung des Gemeinderrats von Großweitzschen wurde der 37-seitige Prüfbericht des Rechnungsprüfungsamtes vorgestellt. Er zeigt Überraschendes.

Von Erik-Holm Langhof
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Unter dem Dach des Gemeindeamtes in Großweitzschen ist seit 2008 einiges nicht so gelaufen, wie es sollte. Das hat das Staatliche Rechnungsprüfungsamt festgestellt.
Unter dem Dach des Gemeindeamtes in Großweitzschen ist seit 2008 einiges nicht so gelaufen, wie es sollte. Das hat das Staatliche Rechnungsprüfungsamt festgestellt. © Archiv/André Braun

Großweitzschen. Mehr als drei Jahre wurde geprüft, knapp ein Jahr diskutiert und nun ist das Thema erst einmal vom Tisch der Gemeinderäte in Großweitzschen: der Prüfbericht des Staatlichen Rechnungsprüfungsamtes in Wurzen. Diese überörtliche Prüfung der Verwaltungstätigkeiten der Gemeinde in den Jahren 2008 bis 2018 hat bis zuletzt zu lautstarken Diskussionen zwischen Räten und der Verwaltung geführt. Zur zunächst letzten am Dienstagabend.

In einer etwa zweistündigen Sondersitzung stellte die Verwaltung den gesamten, 37-seitigen Prüfbericht vor und legte ebenso die Maßnahmen dar, die für einen endgültigen Abschluss der Prüfung notwendig sind.

Nach Angaben des Großweitzschener Bürgermeisters Jörg Burkert (parteilos) sei diese „aufwendige und grundlegende Prüfung ein Zeichen dafür, was in der Vergangenheit schief gelaufen ist, und was die Verwaltung nun in Zukunft verhindern will.“ Und das sind die wichtigsten Kritikpunkte des Rechnungsprüfungsamtes und die Reaktionen der Verwaltung:

Fehlende Stellenbeschreibungen und -bewertungen

Im Prüfbericht über die Verwaltung der Gemeinde Großweitzschen zwischen 2008 und 2018 wird kritisiert, dass für die Beschäftigten der Verwaltung weder eine Stellenbeschreibung, noch eine Stellenbewertung vorliegt. „Die Angestellten wissen zwar, in mündlicher Form, was sie zu tun haben, aber steht nirgends schriftlich“, erklärt die Hauptamtsleiterin Denise Lange das Problem.

Mit der fehlenden Stellenbeschreibung fehle auch die nötige Stellenbewertung. Beides soll nun zeitnah nachgeholt werden. Die ersten Beschreibungen für die Angestellten in den Kindertageseinrichtungen der Gemeinde wurden bereits bis Ende 2019 nachgeholt, alle anderen Mitarbeiter der Bereiche Bauhof, Verwaltung und technische Hilfskräfte sollen bis Ende 2021 erfolgen.

Auch mehr als 50 Prozent der Bewertungen wurde bereits erstellt. „Hierfür brauche ich aber mindestens eine halbe Woche Zeit, um mir einen Überblick über die Tätigkeiten der Angestellten zu verschaffen“, so Denise Lange. „Eine sehr zeitaufwendige Arbeit.“

Doch sie zeigt auch, dass bisher schon zwei Mitarbeiterinnen eine höhere Entgeltgruppe zusteht. Eine Mitarbeiterin habe die Verwaltung mittlerweile verlassen, eine andere wurde bewertet und erhält ab Februar 2021 den ihr zustehenden, neuen Lohn.

Das Gemeinderatsmitglied Sven Krawczyk (CDU) unterstrich die dringende Notwendigkeit von Stellenbeschreibungen und -bewertungen. „Es ist wichtig, dies umgehend nachzuholen. Wir werden sonst immer wieder Probleme damit bekommen“, sagte er in der Sondersitzung.

Mehr als 850.000 Euro offene Forderungen der Gemeinde

Kritisiert wird vom Rechnungsprüfungsamt auch das Forderungsmanagement von Großweitzschen. So seien in den geprüften Jahren mehr als 850.000 Euro offene Posten gefunden wurden, die die Gemeinde nicht eingetrieben hat. Wie Kämmerin Elke Görs erklärt, sind das unter anderem Bestattungskosten für alleinlebende Personen, bei denen keine Erben gefunden wurden oder Schulden von Pächtern, die nicht mehr zahlen können.

Insgesamt habe die Kämmerei die offenen Forderungen bis 2015 überprüft und versucht nun auch weiterhin alle Posten noch einzutreiben. Einige seien auch berichtigt worden, weil sie falsch in den Jahresabschlüssen eingetragen worden sind.

Doch Görs weiß auch, dass das bei vielen nicht mehr möglich ist: „Ich gehe davon aus, dass wir noch ein Viertel der offenen Posten eintreiben können. Den Rest müssen wir in den Jahresabschlüssen als Verluste verzeichnen“, sagt sie. Aufgrund des „gravierenden Personalmangels“ in der Kämmerei könnten Mahnungen jedoch erst im vierten Quartal 2021 wieder versendet werden.

Vereinsförderung braucht eine Richtlinie

Um Vereine auch in Zukunft fördern zu können, muss die Gemeinde hierzu eine Förderrichtlinie erlassen. Diese gibt es bislang in Großweitzschen nicht. Doch erste Beratungen in verschiedenen Gremien im vergangenen Jahr haben bereits einen Entwurf ergeben.

Laut Vereinbarung zwischen Verwaltung und Rechnungsprüfungsamt soll diese Vereinsförderrichtlinie nun, nach Absprache mit den Vereinen und einem Beschluss durch den Gemeinderat, bis 31. Mai 2021 in Kraft treten.

Satzungen über Feuerwehreinsatz- und Friedhofsgebühren veraltet

Die Satzungen über die Kostenabrechnung bei Feuerwehreinsätzen sowie die Erhebungen für den Friedhof sind mittlerweile in der Gemeinde Großweitzschen 17 Jahre alt. Das Rechnungsprüfungsamt empfiehlt der Verwaltung hier der Prüfung, Neukalkulation und Bearbeitung der Satzungen.

Wenn die Feuerwehr Großweitzschen zum Einsatz kommt, soll es zukünftig klare Regeln für den Kostenersatz geben. Dazu ist eine neue Feuerwehr-Satzung notwendig.
Wenn die Feuerwehr Großweitzschen zum Einsatz kommt, soll es zukünftig klare Regeln für den Kostenersatz geben. Dazu ist eine neue Feuerwehr-Satzung notwendig. © Archiv/Dietmar Thomas

Dies ist jedoch erst möglich, wenn die Anlagenbuchhaltung der Gemeinde komplett fertig ist, so Kämmerin Elke Görs. Denn erst dann sei eine Neukalkulation der Gebühren möglich, weil hierzu die Zahlen der vergangenen Jahren zugrunde liegen müssen.

Erste Änderungen wolle die Verwaltung jedoch bereits bei den Feuerwehreinsätzen vornehmen und diese dem Gemeinderat vorlegen.

Erhöhung der Pachten und der Elternbeiträge für Kitas

Auch bei den Nutzungsentgelten von Pachten für Garagengrundstücke oder landwirtschaftliche Nutzflächen soll die Gemeinde nachbessern. Sie muss die Preise den umliegenden Kommunen anpassen, so das Staatliche Prüfungsamt. Vor allem bei Garagenpachten will die Verwaltung die Entgelte anheben, so Kämmerin Elke Görs.

„Es ist eine schwierige Rechtslage bei Besitzern, die ihre Garage zu DDR-Zeiten noch selbst auf öffentlichen Grundstücken gebaut haben“, erklärt sie. „Doch gemeinsam mit Ausschuss und dem Gemeinderat werden wir hier eine Lösung finden.“ Derzeit liegen die Pachten für eine Garage etwa bei 30 Euro pro Jahr, im Gegensatz beispielsweise zu Döbeln, wo dieser Betrag ein monatliches Entgelt ausmacht.

Ähnlich gilt diese Problematik auch für die Kindertagesstätten. Zwar liegen die Betriebskosten für 2019 noch im Rahmen, doch künftig müsse die Verwaltung hier nachziehen, so Hauptamtsleiterin Denise Lange. „Derzeit liegen wir beim Krippenplatz von einer Beteiligung von 11,9 Prozent der Eltern.“

Eigentlich sollte er jedoch zwischen 15 bis 23 Prozent der gemeindedurchschnittlichen Personal- und Sachkosten liegen. Eine entsprechende Satzungsänderung liege zwar schon vor, müsse jedoch noch beraten und abgestimmt werden, so die Hauptamtsleiterin.

Schlussfolgerungen nach überörtlicher Prüfung

Zusammenfassend sei die Prüfung „eine wichtige Grundlage“ gewesen, um die Gemeinde voranzubringen, so Bürgermeister Jörg Burkert. „Wer arbeitet, macht Fehler. Doch wir wollen es gemeinsam mit den Mitarbeitern der Verwaltung und des Gemeinderats in der Zukunft besser machen.“

Insgesamt habe die Verwaltung ihm zufolge bereits viel abgearbeitet, was die Prüfer bemängelt hätten, doch „es ist noch einiges übrig“. Nach Angaben des Staatlichen Rechnungsprüfungsamtes in Wurzen steht der Abschluss der Prüfung „nach Erledigung der wesentlichen Beanstandungen nichts entgegen“.

Und dennoch ist der Gemeinderat nicht vollständig überzeugt vom Abschluss. Rätin Susann Munz (CDU) wirft dem Bürgermeister und der Verwaltung in der Sondersitzung zum Ende eine „ungenügende Informationspolitik“ sowie „schlechte Erreichbarkeit und fehlende Transparenz“ vor.

Ihr zufolge müsse die Verwaltung und der Gemeinderat einen Schluss aus dem 37-seitigen Prüfbericht ziehen: „Wir müssen an einem Strang ziehen und es muss auch einmal die Minderheit betrachtet werden. Denn schlechte Zeichen gegenüber der Bevölkerung sollten wir vermeiden.“

Laut dem Bürgermeister, der ihren Aussagen zustimmt, gehe es in der Kommunalpolitik vor allem um die Gemeinde und nicht um Parteipolitik.

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