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Fußballer zwischen Baum und Borke

Der Kreisverband will Anfang Mai mit Nachholspielen starten und die Saison fortsetzen. Die Vereine in der Region Döbeln sind geteilter Meinung.

Von Frank Korn
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Solche spektakulären Szenen wie in der Kreisoberliga zwischen dem Roßweiner SV und dem SV Ostrau 90 sind derzeit nicht zu sehen. Unklar ist, wie und ob der Spielbetrieb in den Amateurklassen fortgesetzt wird.
Solche spektakulären Szenen wie in der Kreisoberliga zwischen dem Roßweiner SV und dem SV Ostrau 90 sind derzeit nicht zu sehen. Unklar ist, wie und ob der Spielbetrieb in den Amateurklassen fortgesetzt wird. © Dietmar Thomas

Döbeln. Wie geht es im „kleinen“ Fußball weiter? Diese Frage beschäftigt die Spieler, Trainer und Vorstände in den Vereinen.

Der Fußballverband Muldental/Leipziger Land, in dem der größte Teil der Mannschaften der Region Döbeln spielt, hat zumindest ein erstes Szenario entworfen. Nachdem die Hoffnung erloschen sei, nach Ostern den Ball wieder rollen zu lassen, „planen wir jetzt Anfang Mai mit Nachholespielen, den Pokalspielen sowie den restlichen oder einem Teil von Punktspielen der ersten Halbserie zu starten“, heißt es in einem Schreiben des Verbandes.

Sollte dies durch „höhere Mächte“ wieder nicht möglich sein, sollen zumindest die Pokalspiele zu Ende gebracht werden. Der Kreisverband hat beim Sächsischen Fußball-Verband Antrag auf die Verlängerung der Saison bis zum 18. Juli gestellt. „Wir wollen mit allen Mitteln versuchen, den Mannschaften ... bis Saisonende noch einige Spiele zu ermöglichen. Ein Saisonabbruch ist für uns die allerletzte Option“, heißt es weiter.

Unrealistische Pläne?

Bei den Vereinen in der Region rufen diese Pläne unterschiedliche Reaktionen hervor. „Die Mitteilung des Fußballverbandes Muldental/Leipziger Land sorgt für Aufregung beim BC Hartha“, sagt BC-Präsident Matthias Scheidig. Nachdem sich der Vereinsvorstand bereits im November 2020 schriftlich mit dem Verband in Verbindung gesetzt hatte, erscheinen den Harthaern die erneuten Planungen zum jetzigen Zeitpunkt als verantwortungslos und ebenso unrealistisch. „Wir als Vorstände in den Vereinen haben eine enorme Verantwortung gegenüber der Gesundheit unserer aktiven Sportler und besonders gegenüber den Kindern und Jugendlichen im Verein“, so Scheidig. „Sollte der Spielbetrieb bereits Anfang Mai beginnen, heißt dies, wir müssen nach Ostern mit dem Training beginnen. Nach fast fünf Monaten Zwangspause ist eine Vorbereitungszeit von vier Wochen wohl als angemessen zu betrachten, um ernsthaften Verletzungen vorzubeugen.“

Auch die Nachwuchskicker vom BC Hartha wollen gern wieder trainieren.
Auch die Nachwuchskicker vom BC Hartha wollen gern wieder trainieren. © Thomas Kube

Fraglich sei jedoch, wie dies umgesetzt werden und wo trainiert werden könne. Die Vereins- und Sanitärraume sind angeordnet nicht zu benutzen, die Hygienekonzepte zu beachten – und Kontaktbeschränkungen umzusetzen. „Wie soll das gehen und gerade beim Mannschaftssport Fußball? Unmöglich, bei einer Inzidenz von 200“, so Scheidig.

Die Lage einzuschätzen sei sicherlich nicht einfach, die Saison mit allen Mitteln zu Ende zu bringen, sei sicherlich im Moment der falsche Weg. „Der Verband kann aber auch die Saison absagen und somit Planungssicherheit schaffen für alle Beteiligten“, fordert Scheidig. Ein Schnellstart sei für alle Vereine eine enorme Herausforderung. „Lasst uns vernünftig die Planungen für das neue Spieljahr 2021/22 vorbereiten und organisieren“, so Scheidig.

Wunsch nach mehr Auswechslungen pro Spiel

Rico Meister, Trainer des VfB Leisnig, verknüpft die Vorgehensweise mit der Zahl der Mannschaften in der Kreisoberliga. „Sollte es am Ende dieser verlängerten Saison Auf- und Absteiger geben, dann macht das so Sinn, sollte die Anzahl der Mannschaften aber auch nach Abschluss bei 17 Teams bleiben, dann nicht“, sagte Meister. Bei einer Fortsetzung der Saison spricht sich der VfB-Trainer dafür aus, das Wechselkontingent vorübergehend auf mindestens fünf Wechsel pro Spiel zu erweitern, um die Belastung zu reduzieren.

Sollte es keine sportliche Reduktion auf 14 Teams zur neuen Saison geben, findet Rico Meister einen anderen Ansatz besser. „Ich würde die laufende Saison unterbrechen und dann im September weiterführen“, schlägt der Trainer vor. Die Zeit bis dahin könnte man mit Freundschafts- und Pokalspielen überbrücken. So könnte man das späte Ferienende und die damit verlorenen Wochenenden kompensieren. „Die fehlenden acht Spieltage der aktuellen Hinrunde der Kreisoberliga könnten bei gutem Wetter zu Ende gebracht werden und man hätte genug Zeit, um die Rückrunde zu Ende zu spielen“, so Meister.

Pokalsaison beenden

Jörg Soujon vom Roßweiner SV hält es für realistisch, die Pokalspiele in dieser Saison noch zu Ende zu spielen. Bei den derzeitigen Inzidenzwerten halte er eine Fortsetzung der Punktspiele für unrealistisch. „Ich bin dafür, die Saison abzubrechen, und im nächsten Jahr neu zu starten“, sagte Soujon. Davon, die aktuelle Spielzeit auf zwei Jahre zu strecken, hält er nichts.

„Wir stehen in der Warteposition und hoffen, dass uns jemand eine klare Perspektive gibt. Wir stehen zwischen Baum und Borke“, beschreibt Thomas Kolbe, Präsident des Döbelner SC, die Gefühlslage der Aktiven im Verein. Die Initiative des Verbandes sei ein schönes Signal, es sei jedoch fraglich, ob die Pläne umsetzbar seien. Auch er tendiere für einen Abbruch der Saison. „Wir haben fünf Monate nicht fußballspezifisch trainieren können. Bei einem Start von 0 auf 100 ist aus meiner Sicht die Verletzungsgefahr zu hoch“, so Kolbe.

Minimum vier Wochen Vorbereitung

Ähnlich sieht das Mathias Donath, Trainer des SV Ostrau 90, der ebenfalls in der Kreisoberliga spielt. „Eine Vorbereitungszeit von vier Wochen wäre das Minimum“, so Donath. Auch er hält eine Durchführung der Pokalspiele für realistisch und plädiert dafür die Punktspielsaison zu annullieren und im August neu zu starten. „Mit einer Entscheidung, diese Spielzeit über zwei Jahre zu ziehen, könnte ich ebenfalls leben. Bei allem ist es mir jedoch wichtig, dass der Verband auch die Meinung der Vereine einholt“, sagte Donath.

Olaf Junges, Vorsitzender des ESV Lok Döbeln, spricht sich dafür aus, den Spielbetrieb so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. „Die Kerle scharren mit den Hufen, würden lieber heute als morgen wieder spielen“, sagte er. Letztendlich würden alle bei Null anfangen.

Es sei schwierig, eine Entscheidung zu treffen, findet Christian Fischer, Vorstand beim SV 50 Traktor Mochau. Aber auch er hofft, „dass wir endlich wieder gegen die Murmel treten und danach ein Bier trinken können.“ Denn gerade der Kontakt mit den Sportkameraden sei es, der so sehr fehlt.

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