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Urlaub in der DDR - mit der Simson nach Prag

Ronald Rathke hat sich mit 15 Jahren ein Moped Simson S 50 gekauft. Mit dem ging er später auf Reisen – bis zum bitteren Ende.

Von Jens Hoyer
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Ronald Rathke mit seiner Simson S 50. Voll bepackt ging es 1981 mit dem Moped zum Zelturlaub nach Prag.
Ronald Rathke mit seiner Simson S 50. Voll bepackt ging es 1981 mit dem Moped zum Zelturlaub nach Prag. © privat

Döbeln. Im Sommer 1981, Ronald Rathke hatte gerade die Schule mit dem Abitur abgeschlossen, startete er mit vier Freunden zu einem Abenteuer. Er auf einer Simson S 50, vollgepackt mit Zelt, Schlafsack und Klamotten.

Die anderen vier mit zwei MZ TS 150. Es ging von Leipzig über die Grenze in die Tschechoslowakei. „Das war das Weiteste, was ich mit dem S 50 zurückgelegt habe. Manche haben gesagt, du musst doch blöd sein, mit dem Moped nach Prag“, erzählt der heute 61-Jährige.

Trotz der unterschiedlichen Motorleistungen habe das gut funktioniert, erzählt Rathke, der heute in Döbeln wohnt. Von Leipzig ging es nach Chomutov (Komotau), Marienbad, Stary Plzenec (Altpilsen) bis nach Prag.

Überall wurde gezeltet, in Prag auf der Moldauinsel, erzählte Rathke. Zumindest wurde es versucht. „In Chomutov sind wir in den Zelten abgesoffen, da haben wir uns dann eine Hütte gemietet.“

In Chomutov war Schluss

Auf der Rückreise war für den damals 18-Jährigen plötzlich in Chomutov Schluss. Nicht, weil das Moped gestreikt hätte – das hat durchgehalten. Den Fahrer hatte es niedergestreckt. „Ich hatte mit in Prag eine Angina eingefangen und lag mit Fieber im Zelt“, erzählt er.

Seine Eltern waren im Urlaub und telefonisch nicht zu erreichen - Handy gab es da noch lange nicht. Der Vater eines Freundes habe ihn mit dem Trabi abgeholt. Urlaub beendet. Die Simson wurde von den Freunden zur Bahn geschafft.

Ronald Rathke lebt mittlerweile in Döbeln. Heute fährt er Auto. Ein Moped oder ein Motorrad besitzt der 61-Jährige nicht mehr.
Ronald Rathke lebt mittlerweile in Döbeln. Heute fährt er Auto. Ein Moped oder ein Motorrad besitzt der 61-Jährige nicht mehr. © SZ/DIetmar Thomas

„Das Moped habe ich ein paar Tage später wohlbehalten auf dem Leipziger Güterbahnhof wiederbekommen“, erzählt Rathke. Trotz der unschönen letzten Tage sei das ein schöner Urlaub gewesen.

Das Moped hatte sich der Leipziger schon 1977 mit 15 Jahren zugelegt. Fahren konnte er da schon. „Es gab immer einen Großen, der einem das beigebracht hat. Mit 14 Jahren ging es über die Felder. Dort, wo heute BMW in Leipzig steht.“

1,50 Mark für den Liter Benzin

Ein Moped war damals keine billige Sache. „Das Benzin hat 1,50 Mark gekostet“, sagt Rathke. In die Schule nach Schkeuditz ging es deshalb mit den Öffentlichen. Die Monatskarte habe nur fünf Mark gekostet.

Eine längere Zeit war die Simson damals ein Sanierungsfall. „Ein Kumpel war mit mir hinten drauf gegen eine Bahnschranke gedonnert. Danach war der Rahmen verbogen. Der war schwierig zu beschaffen. Es hat ein Jahr gedauert, bis ich über Beziehungen einen neuen Rahmen hatte.“

Nach dem Abi schloss sich für Ronald Rathke der dreijährige Wehrdienst bei der NVA an, der für alle obligatorisch war, die in der DDR studieren wollten.

„Ich war in Dessau und dort gab es einen Motorradunterstand. Ich habe dann einen Stellplatz von einem Entlassungskandidaten geerbt und musste die 60 Kilometer nach Hause dann nicht mehr mit dem Zug fahren.“

Die Simson ging dann auch noch mit nach Dresden, wo Rathke Feinwerktechnik studierte.

„Dort ist sie mir ein paarmal geklaut worden. Im Wohnheim gab es auch zwei Klubs. Wenn die Studenten nachts keine Lust hatten, zu laufen, haben sie ein Moped geklaut und es dann stehenlassen. Ich habe das der Polizei gemeldet und nach einer Woche hatte ich das Moped wieder.“

Bis etwa 1987 habe er die Simson gefahren, dann trat der Trabi an ihre Stelle. „Ich habe das Moped in der Familie weitergegeben und dann aus den Augen verloren.“

40.000 Kilometer hatte er im Laufe der Jahre mit der S 50 zurückgelegt. Ohne größere Ausfälle. „Nur das Pleullager war anfällig, das ist immer eingelaufen. Dann hat der Motor geklappert.“

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