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Kult kostet: Preise für Simson-Mopeds gehen durch die Decke

Sascha Weirauch baut schon immer Simson-Mopeds auf und verkauft sie. Warum ihm das immer schwerer fällt.

Von Jens Hoyer
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Sascha Weirauch mit zwei Simson Mopeds vor seiner Werkstatt. Die linke S 51 hat er gerade aufgebaut, um sie zu verkaufen. Die S 50 rechts gehört ihm selbst.
Sascha Weirauch mit zwei Simson Mopeds vor seiner Werkstatt. Die linke S 51 hat er gerade aufgebaut, um sie zu verkaufen. Die S 50 rechts gehört ihm selbst. © SZ/DIetmar Thomas

Region Döbeln/Waldheim. Der Einigungsvertrag zwischen der DDR und BRD hat den ostdeutschen Mopeds der Marke Simson zu Kult-Status verholfen.

Wenn andere Mopeds mit 45 Stundenkilometern nicht mal die erlaubte innerörtliche Geschwindigkeit erreichen, stürmen die ostdeutschen Kleinräder mit legalen 60 Stundenkilometern voran.

Diese Geschwindigkeit war für Mopeds in der DDR erlaubt – und sie ist es bis heute.

Eine Million S51 bis 1991

Die Simson S 51 – 3,7 Pferdestärken aus 50 Kubik – ist bis 1991 in einer Million Exemplaren gebaut worden. Sascha Weirauch hat eine mit originalem grünen Lack vor seine Werkstatt in Waldheim gestellt.

Weirauch baut gebrauchte Simson-Mopeds auf und verkauft sie. Das S 51 mit vier Gängen – es gab auch eine Dreigangvariante – hat mal reichlich 1.800 DDR-Mark gekostet. Weirauch bietet das überholte Exemplar für 3.500 Euro an.

„Ich habe es gestern um 17 Uhr reingesetzt und schon zehn Nachrichten bekommen. Der erste Kunde kommt heute Nachmittag , vielleicht ist sie dann schon verkauft“, erzählt er. Simson Mopeds im guten Zustand könnten in Preisregionen bis zu 4.500 Euro aufsteigen.

Auspuff, Zylinder, Vergaser und Ständer sind bei der grünen S 51 neu. Das Fahrzeug hat Weirauch Nerven gekostet. Es lief nicht. „Die Fehlersuche kann einen manchmal zur Verzweiflung bringen. Ich habe am Zylinder und am Auspuff probiert“, erzählt er.

Schließlich hatte er einen verrutschten Simmerring als Ursache ausgemacht. „Der Motor hat Nebenluft gezogen.“

Rahmenteile für die Simsons sind rar, aber sonst seien noch alle Ersatzteile zu bekommen, erzählt Weirauch. Sie werden in China, Ungarn und Polen hergestellt – in mehr oder weniger guter Qualität. Weirauch baut aber nicht mehr viele Mopeds auf.

Enorme Preissteigerung

Das liegt am Angebot und den Preisen selbst für überholungsbedürftige Exemplare. „Vor ein paar Jahren hat man ein Fahrzeug noch für 500 bis 800 Euro bekommen. Jetzt bezahlt man 1.500 bis 2.500 Euro. Und dann muss man noch 500 Euro für Teile reinstecken.“

In seiner Jugend Anfang der 1990er-Jahre ist der 46-Jährige selbst auf einer Simson unterwegs gewesen. „Mein Vater hatte einen Habicht, den durften mein Bruder und ich fahren. Bis ich einen Führerschein hatte, bin ich noch schwarz auf Feldwegen gefahren“, erzählt er.

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Er sei rund um Waldheim und zur Schule mit dem Moped unterwegs gewesen. Heute sei das auch nicht anders. Die überholten Simsons würden häufig von Familien gekauft, die Söhne oder Töchter mobilisieren wollen.

Eine Simson wird Weirauch nicht verkaufen. Die S 50, Baujahr 1979, ist ein Paradebeispiel dafür, was man aus dem Moped machen kann. Das Fahrzeug ist orange gespritzt. Die grün eloxierten Felgen harmonieren mit dem Rahmen und der Ziernaht der Sitzbank in gleicher Farbe.

Originales Familienstück

Die Elektrik ist von schwächlichen sechs auf kräftige zwölf Volt umgerüstet. „Das Moped springt sehr gut an“, sagt Weirauch. Ansonsten ist es weitgehend original.

„Die Simson stammt aus der Familie. Mein Vater hat sie aufgebaut. Die will ich an meinen Jungen weitergeben“, erzählt Weirauch.

Bei originalen oder moderat aufgemotzten Fahrzeugen belassen es manche nicht. Im Handel gibt es diverse Tuningteile von größeren Zylindern und Vergasern bis zu modernen Zündungen und leistungssteigernden Auspuffen.

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Moderat ist der Einbau eines Zylinders mit 60 Kubik, erklärt Weirauch. „Die Endgeschwindigkeit bleibt gleich, aber der Durchzug verbessert sich.“

Weitergehende Umbauten mit noch größerem Hubraum seien aufwendiger mit geändertem Motorgehäuse, stärkeren Kupplungen und Getrieben, anderen Ritzeln, Scheiben- statt Trommelbremse.

Solche Fahrzeuge müssten dem TÜV oder der Dekra vorgeführt werden und brauchten ein Motorradkennzeichen, so der Fachmann. „Wenn ein 16-Jähriger mit so einem Fahrzeug erwischt wird, setzt er seinen Mopedführerschein aufs Spiel.“

Unfall mit getunter Simson

Vor reichlich zwei Wochen war genau das in Hartha passiert. Ein 16-Jähriger war auf einer getunten Simson auf der Pestalozzistraße unterwegs, als vor ihm ein Auto ausscherte.

Bei dem Unfall verletzte sich der Jugendliche und zerlegte die Simson. Die war, so stellte die Polizei später fest, nicht pflichtversichert und auf 90 Kubik und damit zum Leichtmotorrad umgebaut.

Jetzt wird nicht nur gegen die Unfallverursacherin ermittelt, sondern auch gegen den Simson-Fahrer. Der muss sich nicht nur wegen des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz verantworten.

Weil er nur im Besitz des Moped-Führerscheins war, sei ihm zudem der Tatvorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis eröffnet worden, so Sara Mourão von der Pressestelle der Polizeidirektion Chemnitz. Das Moped wurde als Beweismittel sichergestellt. Eine Begutachtung des Fahrzeuges stehe noch aus.

Zahlen, wie viele Mopedfahrer mit getunten Fahrzeugen ertappt werden, liegen der Polizei nicht vor. „Es kann jedoch gesagt werden, dass es sich hierbei um kein Seltenheitsdelikt handelt“, so Sara Mourão.

Änderungen sind erkennbar

Kontrollen erfolgten während der normalen Verkehrsüberwachungsstreife, als auch im Rahmen von Schwerpunktkontrollen. Geschulte und versierte Beamte können bauliche Veränderungen erkennen.

Wenn durch technische Änderungen die Betriebserlaubnis des Fahrzeuges erloschen und der Fahrer ohne die nötige Fahrerlaubnis unterwegs ist, könne auch eine „Obliegenheitspflichtverletzung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer“ bestehen.

Im Falle eines Schadens könne dieser den Fahrzeughalter in Regress nehmen oder den Versicherungsvertrag kündigen.