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Was Jugendliche in Mittelsachsen von ihrer Ausbildungsfirma erwarten

In Mittelsachsen sind noch 186 Ausbildungsplätze unbesetzt. Gleichzeitig gibt es Bewerber ohne Lehrvertrag.

Von Cathrin Reichelt
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Richard Leithold (links) und Mikele See gehören zu den neun Lehrlingen der Roßweiner Firma Gerüstbau Gemeinhardt. Die tut einiges für den Nachwuchs.
Richard Leithold (links) und Mikele See gehören zu den neun Lehrlingen der Roßweiner Firma Gerüstbau Gemeinhardt. Die tut einiges für den Nachwuchs. © SZ/DIetmar Thomas

Mittelsachsen. Bewerbungsgespräch, eine Woche Probearbeiten, auf beiden Seiten passt es und der Ausbildungsvertrag war perfekt.

So ist es bei Mikele See und der Roßweiner Firma Gerüstbau Gemeinhardt gelaufen. Der 17-Jährige gehört jetzt zu den neun Azubis des Unternehmens.

Den Tipp, dass der Beruf des Gerüstbauers etwas für den Döbelner sein könnte, hat er von der Berufseinstiegsbegleiterin seiner Schule bekommen. Von dem Unternehmen hat ihn nicht nur der gute Ruf überzeugt.

Entwicklungsmöglichkeit als Anreiz

„Für mich ist wichtig, dass ich übernommen werde und mich nach der Ausbildung weiterentwickeln kann, zum Beispiel zum Kolonnenführer“, sagt er. Aber auch ein gutes Betriebsklima und der Lohn hätten eine Rolle gespielt.

„Die Ausbildungsvergütung liegt 20 Prozent über dem Tarif. Damit zeigen wir, wie wertvoll die Person für die Firma ist“, erklärt Ausbildungsleiter Marcus Muschke. Ohne Anreize sei es schwer, neue Leute zu finden, auch Azubis.

Die Wünsche des jungen Döbelners an seine Ausbildungsfirma und seine berufliche Zukunft sind für viele Jugendliche maßgeblich, die auf der Suche nach einer Lehrstelle sind. Und in Mittelsachsen haben sie gute Chancen, einen Ausbildungsplatz zu finden.

Allerdings ist es bei den Azubis nicht anders als bei den Fachkräften. „Die Schere geht weiter auseinander. Es gibt mehr Ausbildungsstellen als Bewerber“, sagt Kathrin Groschwald, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Freiberg bei der Vorstellung der Ausbildungsmarktbilanz 2022/23.

Über Alternativen nachdenken

Demnach stehen 1.467 Bewerbern 1.550 Ausbildungsstellen gegenüber. Das sind 117 Bewerber und 76 Lehrstellen weniger als im vergangenen Jahr. Rund 80 Prozent der Azubis sind jünger als 20 Jahre und knapp 15 Prozent zwischen 20 und 25 Jahre alt.

Die kleinste Gruppe bilden die sogenannten Spätstarter mit drei Prozent, die älter als 25 Jahre sind.

Die Favoriten bei den Berufswünschen sind ähnlich denen der Vorjahre: Verkäuferin, Kaufmann im Einzelhandel und Kfz-Mechatroniker. Allerdings passt die Zahl der Bewerber nicht immer zu den zur Verfügung stehenden Stellen.

Besonders deutlich wird das beim Kfz-Mechatroniker. 79 junge Leute hatten diesen Berufswunsch. Angeboten wurden aber nur 30 Stellen. Auch bei Berufen in der Verwaltung ist die Lücke gravierend. Dort gab es 40 Bewerber auf 16 Stellen.

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„Deshalb sollte mancher auch über Alternativen nachdenken. Gute Chancen gibt es zum Beispiel im Maschinenbau, bei der Energietechnik, der Lagerwirtschaft und im Hochbau“, so Kathrin Groschwald.

Am Ende des Berufsausbildungsjahres 2022/23 sind 186 Ausbildungsstellen in Mittelsachsen unbesetzt geblieben. 48 davon befinden sich in Unternehmen in der Region Döbeln. Gleichzeitig haben 30 Jugendliche keine Lehrstelle gefunden.

Das ist die geringste Zahl im Vergleich der vergangenen sieben Ausbildungsjahre. Zwei der potenziellen Lehrlinge kommen aus der Region Döbeln, elf aus Hainichen 17 aus Freiberg.

Konkrete Gründe kann die Geschäftsführerin nicht nennen. Möglicherweise seien es der eine ganz bestimmte Berufswunsch, der nicht erfüllt werden konnte oder auch die Standorte von Arbeitsstelle und Berufsschule.

Unklare Berufsbezeichnungen

Allerdings hätten die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit auch festgestellt, dass viele junge Menschen mit Berufsbezeichnungen nichts anzufangen wissen. „Da müssen wir noch transparenter werden“, meint Kathrin Groschwald.

Das bestätigen auch Dr. Cindy Krause, Geschäftsführerin der IHK Chemnitz, Regionalkammer Mittelsachsen, und Dr. Olaf Richter, Geschäftsführer Bildung der Handwerkskammer Chemnitz.

Praktika seien ganz wichtig, um den Beruf aber auch das Unternehmen kennenzulernen, sind sich beide einig.

Dabei müsse auch deutlich werden, welchen Beitrag der Azubi im Unternehmen leistet, welche Entwicklungsmöglichkeiten es gibt, wie das Betriebsklima sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind.