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Insolvenzantrag: So geht es bei Haba in Hartha weiter

Zwei Großaufträge können nicht umgesetzt werden. Das und die politischen Rahmenbedingungen haben die Haba Bau- und Verwaltungsgesellschaft aus Hartha in die wirtschaftliche Schieflage gebracht.

Von Sylvia Jentzsch
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Sven Voigtländer ist Prokurist und kommissarischer Geschäftsführer der Haba Bau- und Verwaltungsgesellschaft mbH in Hartha. Das Unternehmen hat einen Insolvenzantrag gestellt.
Sven Voigtländer ist Prokurist und kommissarischer Geschäftsführer der Haba Bau- und Verwaltungsgesellschaft mbH in Hartha. Das Unternehmen hat einen Insolvenzantrag gestellt. © Dietmar Thomas

Hartha. Für die Haba Bau- und Verwaltungsgesellschaft mbH hat das Amtsgericht Chemnitz die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Das erfuhren die 18 Mitarbeiter des Harthaer Unternehmens während einer Versammlung am Freitagvormittag.

„Wir haben unseren Mitarbeitern erklärt, wie es zur wirtschaftlichen Schieflage gekommen ist und wie es weitergehen soll. Alle haben die Informationen gefasst aufgenommen, zumal sie Insolvenzgeld für die Monate Januar bis März bekommen und damit vollständig abgesichert sind“, so Sven Voigtländer, Prokurist von Haba.

Da sein Vater, Norbert Voigtländer, zurzeit die Aufgaben als Geschäftsführer aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen kann, hat Sven Voigtländer diese kommissarisch übernommen.

Aktuelle Projekte werden umgesetzt

„Wir haben alles unternommen, um gegenzusteuern. Haben nach Lösungen gesucht. Doch dann musste eine Entscheidung getroffen werden. Wir zogen die Notbremse. Es geht auch um die soziale Verantwortung, die wir als familiengeführtes Unternehmen haben.“

Die regionalen und überregionalen Projekte, die das Unternehmen begonnen habe, würden bis zum 31. März umgesetzt. Das betrifft unter anderem den Rohbau des Feuerwehrgerätehauses in Gersdorf, Projekte im Leipziger Zoo oder ein Feuerwehrgerätehaus in Markkleeberg.

„Das vorläufige Insolvenzverfahren wird bis Ende März dieses Jahres dauern. Daran wird sich voraussichtlich die Eröffnung des Verfahrens Anfang April 2024 anschließen. Bis dahin werden wir dann Klarheit über die möglichen Sanierungsschritte haben“, teilte Maik Papsdorf, Senior Consultant der Eckert Insolvenzrecht GbR in Leipzig, mit.

Derzeit werde der Geschäftsbetrieb im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens aufrechterhalten, um die Möglichkeit einer Sanierung eingehend zu prüfen, so Papsdorf.

Firmenneugründung geplant

„Ab dem 1. April wird es weitergehen, mit einem neuen Namen und einer neuen Struktur. Ich werde sozusagen Haba übernehmen“, sagte Sven Voigtländer. Er sei auch schon mit Kunden und Investoren im Gespräch, sodass er schon einige neue Aufträge in Aussicht habe.

Allerdings will er künftig mehr in die Planung eingreifen, beziehungsweise diese gleich mit anbieten. Denn da sei in der Vergangenheit einiges schiefgegangen.

Gemeinsam mit seinem Cousin Lars Voigtländer habe er schon in den letzten Jahren für neuen Wind und neue Strukturen in der Firma gesorgt. So habe man sich stark in der Digitalisierung weiterentwickelt, setze auf die IT. „

Das hat sich auch in den vergangenen Tagen bewährt. Für den Antrag auf Insolvenz mussten wir viele Zuarbeiten leisten. Das ging mithilfe der Technik alles sehr zügig“, sagte Voigtländer.

Investor abgesprungen

In die wirtschaftliche Schieflage sei das Harthaer Unternehmen, das im vergangenen Jahr sein 30-jähriges Bestehen feierte, vor allem wegen des Wegfalls von zwei Großaufträgen mit einem Volumen von 3,5 Millionen Euro gekommen.

„Der Investor aus Israel hat während der Planung wegen der aktuellen politischen Situation in Deutschland sein Vorhaben zurückgezogen. Er will hier nicht mehr investieren“, so der kommissarische Geschäftsführer.

Er habe zwar neue Aufträge generieren können, aber die konnten die entstandene „Lücke“ nicht schließen.

„Hinzu kommen die gestiegenen Zinsen zur Aufnahme von Baudarlehen. Im Zuge dieser Entwicklung kam es zu Rücktritten und Absagen von verschiedenen Bauprojekten seitens der Investoren, für welche die Gesellschaft schon Kapazität vorgehalten hat“, so Maik Papsdorf.

Sechs Monate Bauausfallzeit

Erschwerend war ebenfalls, dass es auf Baustellen zu Verzögerungen wegen ausstehender Unterlagen oder fehlendem Material kam. Deshalb waren die Mitarbeiter bereits im ersten Quartal des vergangenen Jahres in Kurzarbeit.

„Es ist schlimm, wenn man Aufträge hat, aber nicht bauen kann. Das Dilemma wiederholte sich Ende vergangenen Jahres“, sagte Voigtländer. So sei eine Auftragsfreigabe erst Mitte Dezember gekommen. Danach hätte auf die Anfertigung der Bauteile gewartet werden müssen. Als diese fertig waren, konnten sie witterungsbedingt nicht eingebaut werden. Damit war wieder Kurzarbeit angesagt.

„Sechs Monate Bauausfallzeit bei Lohn- und Fixkosten von monatlich 100.000 Euro kann kein kleines oder mittelständisches Unternehmen kompensieren“, sagte Sven Voigtländer.

Überall steigen die Preise

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Hinzu kommen die Preiserhöhungen beim Material, gestiegene Energiekosten, die Kohlendioxid-Abgabe, die höhere Maut und weitere finanzielle Belastungen, die von der Politik vorgegeben würden.

Schon seit einigen Jahren machte Sven Voigtländer, der Vorstandsmitglied in mehreren Baugremien ist, angesichts steigender Preise auf die möglichen Auswirkungen auf die Baubranche aufmerksam.

„Es fehlen auch die großen Aufträge für die Bauriesen. Die Konzerne drängen auf unseren Markt und machen zurzeit die Preise der klein- und mittelständischen Unternehmen kaputt. Mit deren Angeboten können wir nicht mithalten“, so Sven Voigtländer.