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Der englische Patient: Erneuter Prozessversuch gegen Dresdner Hooligan scheitert

Eine Richterin versuchte wieder vergeblich, einen Dresdner Schläger auf die Anklagebank zu bekommen, der schon Magier André Sarrasani angegriffen hatte. Der Hooligan sitzt in London im Gefängnis.

Von Alexander Schneider
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3:3 endete das Länderspiel zwischen England und Deutschland am 26. September 2022 im Londoner Wembley-Stadion. Danach prügelten sächsische Hooligans. Ein Dresdner sitzt seitdem in Haft - und kann daher nicht in Dresden vor Gericht erscheinen.
3:3 endete das Länderspiel zwischen England und Deutschland am 26. September 2022 im Londoner Wembley-Stadion. Danach prügelten sächsische Hooligans. Ein Dresdner sitzt seitdem in Haft - und kann daher nicht in Dresden vor Gericht erscheinen. © Kirsty Wigglesworth/AP/dpa

Dresden/London. Der 44-jährige Sebastian R. lässt seit seiner Jugend immer wieder an Amtsgerichten arbeiten. Es geht oft um Verkehrsdelikte, aber auch kleinere Prügeleien, gerne legt sich der Deutsche auch mit der Polizei an, manchmal nicht nur bei Demonstrationen. R. ist ein Dresdner Rechtsextremer, der auch gerne reichsbürgert. Warum einer wie er sein Geld bei Security-Diensten verdienen kann, ist eine Frage, die bislang niemand beantwortet hat.

Einem größeren Publikum wurde R. Anfang 2021 in seinem letzten größeren Strafprozess in Dresden bekannt. Als Türsteher hatte er 2019 dem bekannten Magier und Zirkus-Unternehmer André Sarrasani zwei Zähne ausgeschlagen. R.s Bewährungsstrafe von fünf Monaten war der zehnte Eintrag in seinem Strafregister.

Spätestens seit vergangenem Jahr arbeitet Sebastian R. aus international. Im September wurde er bei einer Hooligan-Schlägerei am Rande des Nation League Länderspiels England gegen Deutschland in London verhaftet und im Dezember nach Medienberichten am Harrow Crown Court bei London zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren Haft verurteilt. Es ging um einen angeblich auch von sächsischen Fußball-Gewalttätern angezettelten gewalttätigen Angriff auf einen Pub. R. befindet sich seit der Tat ununterbrochen in Haft.

Wegen dieser Insel-Haft platzte Ende 2022 ein weiterer Prozess am Amtsgericht Dresden. R. wird in Dresden Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen. Als Fahrradfahrer soll er im Oktober 2021 bei einer nächtlichen Kontrolle gegenüber Polizisten handgreiflich geworden sein.

Was heißt "Haftstrafe anderer Art"?

Kurz vor Ostern hatte die Richterin das Verfahren gegen den mutmaßlichen Bewährungsbrecher erneut angesetzt, "um den Verfahrensfortgang zu gewährleisten", wie sie sagte. Darüber, dass ihr Angeklagter noch immer unpässlich sein würde, hatte sie offiziell keine Kenntnis – und so waren auch drei Polizisten als Zeugen für das Stelldichein umsonst angereist.

Immerhin: Am Amtsgericht ist inzwischen das aktuelle Vorstrafenregister mit dem Urteil aus Brexit-England enthalten: Sebastian R. sei zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe "anderer Art" verurteilt, heißt es da. Die Bezeichnung "andere Art" könnte etwa auf eine Bewährungsaussetzung der Strafe hinweisen und mithin die Möglichkeit, dass R. längst wieder in Dresden ist. Doch Fehlanzeige. Der 44-Jährige kam natürlich nicht und die Bedeutung der englischen Bezeichnung "andere Art" hatte sich auch nicht klären lassen.

Nach der üblichen Viertelstunde Wartefrist setzte die Richterin die Hauptverhandlung erneut aus. Sie will nun über internationale Rechtshilfe R.s englisches Urteil anfordern, um den Stand der Vollstreckung in Erfahrung zu bringen: "Dann schau'n wir mal." Ein neuer Termin ergeht von Amts wegen.