SZ + Dresden
Merken

Abgefahrener Parkplatzstreit

Ein Autofahrer soll eine Frau angefahren haben, die ihren Mann in die Parklücke lotste. Der Fall ist ein Justizklassiker – mit ungewissem Ausgang.

Von Alexander Schneider
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Polizeibeamte brachten am Mittwochmorgen einen Peugeot-Fahrer aus Großhartau zum Amtsgericht Dresden, weil er seinen ersten Prozess geschwänzt hatte.
Polizeibeamte brachten am Mittwochmorgen einen Peugeot-Fahrer aus Großhartau zum Amtsgericht Dresden, weil er seinen ersten Prozess geschwänzt hatte. © Symbolbild: Marion Doering

Dresden. Zur ersten Überraschung war es schon gekommen, da hatte der Prozess noch gar nicht begonnen. Polizisten brachten den Angeklagten am Mittwochmorgen zu seinem Prozess ins Amtsgericht Dresden. Denn der 28-jährige Elektriker aus Großhartau war zum ersten Versuch einer Hauptverhandlung nicht erschienen. Zum zweiten Anlauf war Richter Ralf Schamber auf Nummer sicher gegangen und hatte die Polizei mit der Vorführung beauftragt.

Die Maßnahme war erfolgreich, die Hauptverhandlung begann pünktlich - auch wenn der Angeklagte sichtlich genervt war. Die Ladung sei ihm in Burkau falsch zugestellt worden, schimpfte er. Er wohne in Großhartau und da sei er auch gemeldet. Allerdings konnte der Mann dem Richter nicht erklären, warum er sich dann nicht ans Gericht gewandt hatte, als ihm der angebliche Ladungsfehler Ende Mai bekanntgeworden sei. Die Anklage wirft dem Peugeot-Fahrer gefährliche Körperverletzung und Nötigung vor. Am 27. Februar 2020 soll er gegen 18 Uhr in der Weimarischen Straße in Dresden eine Frau angefahren haben, die ihren Mann in einem VW in eine Parklücke lotste.

Der 28-Jährige sagte, er sei dort ganz normal am Einparken gewesen, als plötzlich eine Frau vom Bürgersteig sprang, sich vor ihn gestellt und wild „herumgefuchtelt“ habe. Sie habe den Parkplatz für ihren Mann freigehalten. „Wie eine Furie“ habe sie ihn angebrüllt, „und ich habe zurück gebrüllt.“ Erst dann sei der Mann der Zeugin in einem Golf um die Ecke gekommen, so der Angeklagte.

Er habe die Frau nicht angefahren. „Ich habe mich nicht strafbar gemacht“, und er könne auch drei Zeugen nennen. Er habe seinem Freund beim Umzug geholfen. Der Mann habe auf dem Beifahrersitz gesessen. Zwei weitere Bekannte hätten das auch mitbekommen.

Eine Entschuldigung hätte genügt

Die 39-jährige Zeugin berichtete dagegen, ihr Mann sei rückwärts losgefahren, um einzuparken, während sie ihm Zeichen gegeben habe. Erst dann habe der Angeklagte in seinem Auto plötzlich hinter ihr gestanden. „Es war klar, dass er da reinwill“, sagte sie. Sie habe ihm mit einer Handbewegung verdeutlicht, dass das nicht ginge. Dann sei er plötzlich losgefahren „mit dem Ziel, dass ich da rausgehe“. Er sei ihr leicht gegen das Schienbein gefahren, sie habe blaue Flecken davongetragen. Eigentlich sei die Sache für sie erledigt gewesen – „wenn er sich entschuldigt hätte“, sagte die Frau. Sie habe wenig später die Polizei alarmiert.

Auch die Zeugin berichtete von dem Umzug. Als sie mit den Kindern abends in der Straße angekommen sei, habe dort ein Umzugstransporter die Lücke freigegeben. Sie habe mit dem Fahrer noch kurz gesprochen und sei einige Meter weiter nach vorne gefahren, damit der Transporter leichter ausparken könne. Dann habe sich ihr Mann ans Steuer gesetzt und sie habe ihn in die Lücke dirigiert.

Der 47-jährige Mann schilderte den Ablauf so wie seine Frau. Doch für ein Urteil war es zu früh. Richter Schamber kündigte dem Angeklagten an, dass er nun auch dessen Zeugen vernehmen werde. Allerdings müsse der Prozess dazu ausgesetzt werden. Schamber und die Staatsanwältin wunderten sich, dass der Angeklagte, der eine komplett andere Version behauptet hatte, den beiden Zeugen keine einzige Frage gestellt hatte. Darauf erwiderte der Mann, er stehe das erste Mal vor Gericht, habe sich nie etwas zuschulden kommen lassen und sei "total unvorbereitet".

Dem 28-Jährigen, der keinen Verteidiger an seiner Seite hatte, droht eine Mindeststrafe von sechs Monaten allein wegen der gefährlichen Körperverletzung. Darüber hinaus muss er wohl um seine Fahrerlaubnis fürchten.

Wohl erst im Herbst ist mit einem dritten Anlauf dieses Prozesses zu rechnen.