So klingt es, wenn 196 Sirenen in Dresden heulen

Dresden. Punkt 11 Uhr herrscht am Donnerstag rund um den Dresdner Altmarkt reger Betrieb. Die Plätze vor den Cafés sind voll. Nur wenige Menschen halten inne und lauschen bewusst, was der Warntag bringen mag. Zunächst läuten die Glocken der Kreuzkirche, dann ist Stille. Nur in der Ferne ist leise eine Sirene zu hören, die sogar von der rollenden Straßenbahn auf der Wilsdruffer Straße übertönt wird. Die folgende Durchsage ist gar zu nicht verstehen. "Soll das jetzt alles gewesen sein?", fragt ein älterer Herr, der das Geschehen mit dem Handy aufnehmen wollte, enttäuscht seine Frau.
Fünf Minuten später ertönt erneut eine Sirene auf dem Altmarkt, diesmal unüberhörbar, wenngleich nicht unbedingt bedrohlich. Dann sagt eine Frauenstimme über Lautsprecher: "Achtung, Achtung, hier spricht Ihre Feuerwehr. Schalten Sie Ihr Radio ein und achten Sie auf Durchsagen." Niemand reagiert. Die Leute an den Café-Tische trinken ihren Kaffee weiter, andere lassen sich vor der Kulisse des Kulturpalastes fotografieren.
Nach dem Hochwasser 2002 hat Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) sich entschieden, ein Sirensystem anzuschaffen. Dies sei für den Bevölkerungsschutz am besten, sagt er. Während andere Großstädte wie Berlin auf Apps setzen, habe sich in Dresden dieses Warnsystem bewährt. Doch nicht alle Sirenen gingen zum bundesweiten Warntag am Donnerstag um 11 Uhr auch an.
Ulrich Pankotsch, Abteilungsleiter Nachrichtentechnik bei der Dresdner Feuerwehr, erklärt weshalb. "Viele Sirenen stehen auf Schulgebäuden, wenn dort auf dem Dach gebaut wird, werden sie abmontiert und gewartet." Aktuell befinden sich 14 Sirenen in der Wartung, damit blieben 196 von den 210, die am Warntag losgingen.

Pankotsch kann am Computer alle, einzelne Sirenen oder die in einem Gebiet ansteuern und auslösen. Auch den Signalton und die Durchsage kann er auswählen. Es gibt acht vorgegebene Texte aus einem Sprachspeicher.
Alle Sirenen werden jährlich gewartet, per Ferndiagnose werden auch Fehler, Akku-Probleme oder mangelnde Spannung automatisch gemeldet. "Die Sirenen funktionieren mit einen Notstromsystem, damit sie auch bei Stromausfall ausgelöst werden können", erläutert Pankotsch.
"Wir wurden damals belächelt"
Bürgermeister Sittel ist es wichtig, das Sirenensystem zu haben. "Sirenen warnen erst, wenn es wirklich ernst ist", sagt er. Push-Meldungen von Apps nehme man nicht unbedingt immer wahr. Die Sirenen sollen im Zweifel zu jeder Zeit und an jedem Ort, unabhängig von Strom oder Handynetz die Dresdner warnen.
"Das funktioniert", versichert Sittel. Denn wenn einzelne Sirenen gerade gewartet werden oder abgebaut sind, ist die nächste Sirene immer noch laut genug. "Es muss sich aktuell niemand Sorgen machen, dass er eine Warnung nicht erhält."
Nach der Wende hat die Stadt die vorhandenen Sirenen vom Bund übernommen. Doch diese waren alt und verschlissen, sagt Sittel. Im Jahr 2005 ging die erste neue und moderne Sirene in Dresden in Betrieb. Jetzt sind es 210.
"Wir wurden damals belächelt", sagt Feuerwehr-Chef Andreas Rümpel. "Es hieß: Dresden schafft wieder Sirenen an." Aber dies sei nun mal das Mittel, um wirklich jeden zu erreichen. So könne bei einem Großbrand auch durchgesagt werden, dass im Umfeld die Anwohner die Fenster schließen sollen, um nicht dem Rauchgas ausgesetzt zu werden. Aber selbstverständlich auch bei Hochwasser, anderen Katastrophen und Großschadenslagen.
"Fehler im System"
Großflächig seien die Sirenen in ganz Dresden gut zu hören gewesen, teilt die Stadt am späteren Nachmittag mit. "Einige Sirenen wurden nacheinander angesteuert. Dies führte dazu, dass an einigen Stellen das Signal nicht beziehungsweise nur sehr leise zu hören war", teilt die Stadt mit. Bei der Entwarnung mit Durchsage konnte der Text in einigen Bereichen gar nicht, oder nur sehr verzerrt gehört werden. Dies lag laut Feuerwehr daran, dass ein alternativer Übertragungsweg getestet wurde. "Das lag an einem Fehler im System, der nun analysiert wird", so die Verwaltung.
Es gebe kaum Möglichkeiten, solche Tests im scharfen System durchzuführen, sodass der Warntag in dieser Hinsicht für die Feuerwehr ein absoluter Erfolg gewesen sei, denn jetzt wisse man besser, an welchen Stellen noch optimiert werden muss. "Der Warntag war für uns die Gelegenheit, so einen öffentlich wirksamen Test durchführen zu können und festzustellen, wo wir nacharbeiten müssen", erklärt Sittel. "Die Analyse erfolgt nun zusammen mit dem Servicepartner, welcher heute auch mit anwesend war."

Einige Dresdner hätten bei der Feuerwehr nachgefragt, weil sie sich nicht über den Warntag informiert hatten. Anderer berichteten über Probleme bei der Verständlichkeit. Das Feedback in den sozialen Netzwerken bei Facebook und Twitter sei für die Feuerwehr eine wertvolle Unterstützung bei der Optimierung und Fehlersuche.
"Viele User berichten über eine sehr gute Warnung und Verständlichkeit. Andere melden, wenn Sirenen nicht ausgelöst haben", so die Stadt. Einige Dresdner hätten sich über eine fehlende Meldung in diversen Warn-Apps gewundert. "In Dresden erfolgte die Warnung der Bevölkerung bislang ausschließlich über das Sirenen-Warnsystem", stellt die Verwaltung klar.
Bisher gab es Probealarme an jedem zweiten Mittwoch im Quartal. Jetzt ist der bundesweite Warntag dazu gekommen. Es war der erste seit der Wiedervereinigung.
Eine Übersicht über alle Warntöne gibt es unter www.dresden.de/feuerwehr. Weitere Infos und Verhaltensregeln hat die Stadt auf ihrer Internetseite www.dresden.de unter dem Stichwort "Sirenen" veröffentlicht.
