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Ein nicht gelöstes Drogenproblem

Kaum draußen, geriet ein 37-Jähriger wieder in seine alten Kreise und an Crystal. Jetzt muss wieder hinter Gitter.

Von Alexander Schneider
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Teufelszeug Crystal. Ein 37-Jähriger hat sich seine Sucht vor allem mit gestohlenen Fahrrädern finanziert.
Teufelszeug Crystal. Ein 37-Jähriger hat sich seine Sucht vor allem mit gestohlenen Fahrrädern finanziert. ©  Symbolbild: dpa/Arno Burgi

Dresden. Nicodemo R. ist 37 Jahre alt, Koch, und hat ein ausgeprägtes Drogenproblem, weswegen er immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt kommt. 23 Einträge zählt das Strafregister des gebürtigen Italieners, der im Allgäu aufgewachsen ist und schon seit mindestens zehn Jahren in Dresden lebt. Das jedenfalls ergibt sich aus seinen Verurteilungen, die letzten zehn erhielt er in der Elbemetropole. Jetzt stand er wieder vor dem Amtsgericht Dresden.

Gleich zehn Anklageschriften hat der Staatsanwalt verlesen, gesammelte Werke zu Straftaten aus dem Jahr 2019 und Anfang 2020, ein Großteil der Anklagen entstand in diesem Jahr. Der Richter, so war zu hören, hatte Mühe, die Verfahren für die Hauptverhandlung zusammenzuschnüren, weil die Staatsanwaltschaft immer neue Anklagesätze nachgelegt hatte.

Mit einem Fahrradanhänger unterwegs

Danach hat sich der 37-Jährige auf Fahrrad- und Wertstoffdiebstähle spezialisiert. Immer wieder hat er aus Fahrradkellern von Wohnhäusern Mountainbikes entwendet, gerne auch mit Komplizen. Auf seinen Buntmetall-Touren radelte er auf einem Fahrrad mit Anhänger quer durch die Stadt und wurde offenbar ebenfalls meist von Mittätern begleitet. Die Beute versetzte R. für Crystal.

Neben dieser Beschaffungskriminalität gab es offenbar auch einen größeren Konflikt mit seiner Exfrau. So soll Nicodemo R. im Mai vergangenen Jahres in die Wohnung der Frau eingedrungen sein, und dort ihre Couch und ihre Kleider mit einem Cuttermesser zerstört haben. Darüber hinaus habe er im Juni 2019 die Wohnungstür beschädigt und im Dezember stellte die Polizei in der Wohnung 2,7 Gramm Crystal sicher, die R. dort angeblich deponiert habe.

Außerdem soll R. im Oktober 2019 eine Bronze-Skulptur des bekannten Bildhauers Thomas Reichstein im Wert von 8.000 Euro von einem Anwesen in der Pillnitzer Landstraße gestohlen haben.

Verteidigerin Gesa Israel erklärte zum Prozessauftakt, dass ihr Mandant so gut wie alle Vorwürfe weitgehend einräume. Allerdings habe er die Skulptur nicht gestohlen, sondern die Hehlerware erworben, um sie wie den übrigen Metallschrott im Wertstoffhandel zu Geld zu machen. Auch was die gestohlenen Räder angeht, habe R. mehr als Hehler gehandelt, denn als Dieb.

"In desolater psychischer Verfassung"

R. war zuletzt 2015 am Landgericht Dresden wegen schweren Raubes, gefährlicher Körperverletzung und räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden und war ab Anfang 2018 wieder auf freiem Fuß. „Extrem schnell“, schilderte Gesa Israel, sei der 37-Jährige wieder in seinem alten Freundeskreis unterwegs gewesen und habe auch wieder Crystal konsumiert.

Ihr Mandant habe sich im Herbst vergangenen Jahres in ihrer Kanzlei gemeldet, weil er ihre Hilfe suchte. Er habe sich für eine Langzeit-Drogentherapie interessiert. Der Mann sei in einer „desolaten psychischer Verfassung“ gewesen, so die Verteidigerin. Dann sei der Kontakt wieder abgebrochen. Sie habe alles Notwendige für die Therapie veranlasst, doch ihr Mandant sei 2020 wieder verhaftet worden.

Nach dem umfassenden Geständnis hatte das Schöffengericht nur noch eine Zeugin auf der Liste – die geschädigte Ex-Frau. Die jedoch ließ sich nicht im Gericht blicken, hatte aber am Abend vorher per Fax angekündigt, von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Dieses Recht steht der Frau auch über eine rechtskräftig geschiedene Ehe hinaus zu. Das Gericht stellte daher die drei Vorwürfe, die in der Friedrichstädter Wohnung spielten, ein.

Alkohol besiegt, Crystal nicht

Nicodemo R. ist schon als Jugendlicher abgerutscht. Der Sohn einer Gastronomenfamilie aus Apulien war früh alkoholabhängig und auf die schiefe Bahn geraten. Nach mehreren kleineren Geschichten war er 1994 in Bayern zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt worden.

Während der Koch sein Alkoholproblem nach einer Therapie vergleichsweise schnell in den Griff bekommen hatte, klappte es bei den Drogen nicht. Er beging weitere Straftaten wegen seiner Sucht. Meist bleib es jedoch bei Delikten im unteren Kriminalitätsbereich, Diebstählen und immer wieder Fahrens ohne Führerschein.

Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Für eine noch bewährungsfähige Freiheitsstrafe von maximal zwei Jahren - das hatte R.s Verteidigerin gefordert mit der Begründung, jetzt schnell die Therapie angehen zu können - sah das Gericht angesichts der Fülle der Taten und Vorstrafen jedoch dafür keinen Spielraum mehr. Um eine Drogentherapie müsse sich der Angeklagte nun aus der Haft heraus bemühen.

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