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Wo der Käse König ist: Ein Besuch auf dem Lingnermarkt in Dresden

Der Sachsenmarkt an der Lingnerallee ist der beste Wochenmarkt in Dresden, haben Sächsische.de-Leser in einem Voting entschieden. Liegt's an der schieren Menge des Angebots? Oder doch an den Schnäppchen von Käse-Maik?

Von Dominique Bielmeier
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Auf dem Sachsenmarkt an der Lingnerallee in Dresden drängen sich fast immer viele Menschen. Der größte Wochenmarkt der Stadt ist für viele auch der schönste.
Auf dem Sachsenmarkt an der Lingnerallee in Dresden drängen sich fast immer viele Menschen. Der größte Wochenmarkt der Stadt ist für viele auch der schönste. © René Meinig

Dresden. Ist das noch ein Wochenmarkt - oder bräuchte es für das, was immer freitags an der Lingnerallee stattfindet, nicht schon einen eigenen Begriff? Rund 160 Stände hat der Sachsenmarkt, viel mehr als jeder andere Markt Dresdens. Und zwischen den über 20 mit Obst- und Gemüse, den acht Bäckereien und 15 Anbietern von Fleisch- und Wurstwaren findet man auch allerhand, das man nicht gleich erwarten würde.

Eine Art mobiles Schuhgeschäft zum Beispiel, einen Stand mit "Universal Bio-Lederpflegebalsam", sogar einen "Sensationskleber" gibt es. Hier werden "1.000 kleine Dinge" vom Aschenbecher bis zum Zwirn beworben, dort Diabetikersocken und wieder woanders Thymianhonig aus Griechenland. Aber der unangefochtene Marktkönig ist: Käse-Maik.

Rund 70 Leute stehen bei Käse-Maik in Dresden an

Ganz am Rand des Marktes steht der gelb-weiße Wagen mit der sich anschließenden langen Kühltheke. Hier verkauft Maik Schiede Käse und andere Milchprodukte, die er direkt von den Produzenten aufkauft, besonders günstig weiter. Vielleicht ist der Standort am Marktende Zufall, vielleicht aber auch logistisch unabdingbar, denn: Die lange Schlange, die sich hier fast immer bildet, braucht einfach Platz.

Nicht ohne meinen Käse: Am Auto von Käse-Maik bilden sich fast immer lange Schlangen.
Nicht ohne meinen Käse: Am Auto von Käse-Maik bilden sich fast immer lange Schlangen. © René Meinig

Am Freitagmorgen vor einer Woche sind es zeitweise rund 70 Leute, die hier anstehen. Wer ganz hinten steht, kann nicht mal erahnen, was es vorne geben wird. Denn das Käse-Angebot ist immer ein wenig anders. Heike Zimmer und Ulrike Leiteritz stehen ganz hinten und hoffen heute auf Schafs- und Ziegenfeta oder besondere Camemberts.

"Ich verabscheue diese Schlange", sagt Heike Zimmer lachend. Noch nie habe sie sich hier angestellt, aber heute wollte sie es wissen. "Wir haben gesagt, wenn wir in 20 Minuten entsprechend vorgerückt sind, bleiben wir stehen." Käse und Co. seien hier wirklich deutlich günstiger als im Supermarkt, aber man müsse auch auf das Haltbarkeitsdatum schauen. Und nicht immer sei alles da, was man möchte. "Aber wenn man eine Quarktorte machen will und bekommt zum Preis von einem Becher Quark hier zwei oder drei, das macht sich dann schon bemerkbar", sagt Ulrike Leiteritz. Es geht ein paar Schritte nach vorne.

Obst, Gemüse, Eier, aber auch Kleidung gibt es auf dem Sachsenmarkt an der Lingnerallee. Tagsüber kaufen hier vor allem Senioren ein, doch durch die lange Öffnungszeit schaffen es viele Berufstätige auch nach Feierabend auf den Markt.
Obst, Gemüse, Eier, aber auch Kleidung gibt es auf dem Sachsenmarkt an der Lingnerallee. Tagsüber kaufen hier vor allem Senioren ein, doch durch die lange Öffnungszeit schaffen es viele Berufstätige auch nach Feierabend auf den Markt. © René Meinig
Jede Menge Tomaten und anderes Obst und Gemüse gibt es unter anderem am Stand von Jens Kühne.
Jede Menge Tomaten und anderes Obst und Gemüse gibt es unter anderem am Stand von Jens Kühne. © René Meinig
Der Landwirt verkauft aber auch eine große Auswahl an Kräutern.
Der Landwirt verkauft aber auch eine große Auswahl an Kräutern. © René Meinig
Joachim Friedrich verkauft Blumen auf dem Wochenmarkt an der Lingnerallee in Dresden.
Joachim Friedrich verkauft Blumen auf dem Wochenmarkt an der Lingnerallee in Dresden. © René Meinig
"1.000 kleine Dinge" gibt es an diesem Stand.
"1.000 kleine Dinge" gibt es an diesem Stand. © René Meinig
Von Garn und Zwirn in allen Ausführungen...
Von Garn und Zwirn in allen Ausführungen... © René Meinig
... bis zu Aschenbechern, Pillendosen und Geldbörsen.
... bis zu Aschenbechern, Pillendosen und Geldbörsen. © René Meinig
Love, Peace & Fischbrötchen verspricht dieses Auto auf dem Lingnermarkt.
Love, Peace & Fischbrötchen verspricht dieses Auto auf dem Lingnermarkt. © René Meinig
Auch Diabetikersocken werden auf dem Lingnermarkt angeboten.
Auch Diabetikersocken werden auf dem Lingnermarkt angeboten. © René Meinig

Die Freundinnen kommen aber nicht nur für Schnäppchen auf den Markt, sondern auch, um regionale Produzenten zu unterstützen, die Gärtner vor Ort. "Da versucht man mit den paar Kröten, die man ausgibt, zu helfen", sagt Heike Zimmer. Wieder geht es ein paar Schritte nach vorne. In der Adventszeit könne man sich sogar seinen Tannenbaum günstig hier holen, ergänzt Ulrike Leiteritz. Dann müsse man aber natürlich mit dem Auto kommen. Die Käsetheke wird langsam sichtbar.

Halber Umsatz bei schlechtem Wetter auf Lingnermarkt

Die meisten, die auf dem Markt an der Lingnerallee einkaufen, zumindest tagsüber, kommen mit der Straßenbahn. Die Linien 10 und 13 halten direkt am Markt. Wenn es da Umleitungen oder Baustellen gibt, merke man das deutlich, sagt Landwirt Jens Kühne, der weit entfernt vom Maik'schen Käsetrubel Obst, Gemüse, Kräuter und mehr aus Omsewitzer Anbau verkauft. Auch das Wetter spiele eine große Rolle: "Bei schlechtem Wetter machen wir nur etwa die Hälfte vom Umsatz", sagt Kühne. Heute ist es zwar grau, aber überwiegend trocken, deshalb ist der Markt voll.

Ein paar Stände weiter beugen sich Senioren über eine riesige Auslage von Romanheften. Die bunten Cover zeigen: Hier geht es vor allem um Ärzte und Liebe. "Julia" oder "Dr. Norden" werden hier für wenige Cent verkauft, wer einen gelesenen Roman mitbringt und tauscht, bekommt den neuen sogar günstiger. "Hier kann man ganz tolle Bücher finden", schwärmt ein Rentner. Und nein, nicht nur Arztromane: Er zieht ein dickeres Buch mit Bill Gates auf dem Cover aus einer Kiste. Außerdem seien die Postkarten mit einem Preis von 50 Cent die günstigsten auf dem ganzen Markt.

Heiße Ware: Die günstigen Romane zum Kauf oder Tausch sind bei Senioren, die den Lingnermarkt besuchen, sehr beliebt.
Heiße Ware: Die günstigen Romane zum Kauf oder Tausch sind bei Senioren, die den Lingnermarkt besuchen, sehr beliebt. © René Meinig

Verführerisch duftet es am Stand von Thi-Anh-Hong Tran. Sie ist erst seit etwa einem Monat auf dem Sachsenmarkt dabei und verkauft Kaffee aus Vietnam, den sie dort selbst anbaut und hier in kleinen Mengen röstet. Wer den vietnamesischen Kaffeefilter Phin, den man direkt auf die Tasse setzt, noch nicht kennt und auch nicht weiß, dass man den Kaffee traditionell mit gesüßter Kondensmilch trinkt, der kann hier zuschauen und lernen. Eine Frau bestellt erst einmal einen Espresso für 1,90 Euro, den Thi-Anh-Hong Tran in ihrer kleinen Maschine auf einem Klapptisch unter ihrem Pavillon zubereitet. Bald will sie auch in der Wallstraße einen Laden eröffnen.

Thi-Anh-Hong Tran verkauft Kaffee aus Vietnam auf dem Sachsenmarkt. Diesen baut sie selbst an und röstet ihn in kleinen Mengen.
Thi-Anh-Hong Tran verkauft Kaffee aus Vietnam auf dem Sachsenmarkt. Diesen baut sie selbst an und röstet ihn in kleinen Mengen. © René Meinig

Der Kaffeeduft wechselt sich ab mit dem von Rostbratwürsten und ein paar Meter weiter Fischbrötchen, dann wieder lockt ein Blumenstand und vielleicht dreht man auf dem riesigen Markt ja nicht nur eine Runde, sondern zwei, um auch wirklich alles gesehen zu haben.

Zurück bei Käse-Maik - die Schlange ist immer noch, oder schon wieder, riesig - kommt ein Paar vorbei. Die Frau schaut ein wenig nervös über ihre Schulter auf die Kunden, die glücklich mit ihren vollen Käsetüten weggehen. "Das scheint sich ja zu lohnen", sagt sie zum Mann neben sich. "Die holen Jogurt und alles."

Der Sachsenmarkt auf der Lingnerallee in Dresden hat immer freitags von 8 bis 16 Uhr geöffnet.