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Wochenmarkt am Schillerplatz in Dresden: "Die Lage hier ist bombig"

Den Wochenmarkt am Blauen Wunder haben Sächsische.de-Leser im Voting zum zweitschönsten in Dresden gewählt. Hier gibt es hart arbeitende Produzenten, treue Kunden - aber auch Verkehrsprobleme.

Von Dominique Bielmeier
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Der Wochenmarkt am Schillerplatz in Dresden ist für viele Menschen einer der schönsten in der Stadt. Seitdem Parkplätze an der Elbe weggefallen sind, kommen aber auch weniger Kunden.
Der Wochenmarkt am Schillerplatz in Dresden ist für viele Menschen einer der schönsten in der Stadt. Seitdem Parkplätze an der Elbe weggefallen sind, kommen aber auch weniger Kunden. © Sven Ellger

Dresden. Bis zu 25 Händler an gleich drei Tagen in der Woche sowie ein einzigartiger Blick auf das Blaue Wunder und die Elbhänge auf der anderen Flussseite: Dass der Wochenmarkt am Schillerplatz im Sächsische.de-Leser-Voting zu Dresdens schönsten Märkten den zweiten Platz belegt hat, ist nicht verwunderlich. Aber sind Ausblick und Angebot alles - oder schätzen die Besucher noch andere Dinge an ihrem Lieblingsmarkt?

Am Dienstagmorgen ist ordentlich Gewusel auf dem gepflasterten Platz zwischen Schillergarten und dem kleinen bemalten Trafo-Häuschen direkt an der Kreuzung. Vom Lärm des nahen Verkehrs und den ab und zu unter lautem Piepen rückwärts einparkenden Krankenwagen am Vitanas-Senioren-Centrum lassen sich die Marktbesucher nicht aus der Ruhe bringen. Zielgerichtet steuern sie die Stände an, mitgebrachte Stoffbeutel oder Körbe in der Hand, halten zwischendurch mal einen kleinen Plausch mit Bekannten, oder essen eine Wurst auf der kleinen Bank in der Mitte des Platzes.

Weniger Kunden auf Markt am Schillerplatz in Dresden

Am Gemüsestand von Ralf Naumann gleich am Beginn des Marktes ist an diesem Morgen fast immer eine Schlange von etwa einem Dutzend Menschen. Kaum stellt der Chef von Gartenbau Naumann eine Kiste mit Kirschen ab, fragt eine Kundin: "Darf ich gleich mal zugreifen?" Seit über 30 Jahren ist Naumann am Schillerplatz dabei, eines der Urgesteine hier. "Der Markt läuft gut, wir haben zufriedene Kunden, die schätzen, dass man Sachen noch selbst anbaut", erzählt der 54-Jährige. Manche, die früher im Kinderwagen über den Markt geschoben worden seien, kämen nun selbst als Kunden.

Ralf Naumann hat viele zufriedene Kunden auf dem Markt am Blauen Wunder. Doch er macht sich auch Sorgen um die Zukunft von kleinen Produzenten wie ihm.
Ralf Naumann hat viele zufriedene Kunden auf dem Markt am Blauen Wunder. Doch er macht sich auch Sorgen um die Zukunft von kleinen Produzenten wie ihm. © Sven Ellger

Naumann verschweigt aber auch nicht, wie hart das Geschäft wirklich ist, wenn man elf Leute bezahlen muss. Anstrengende körperliche Arbeit, wenig Schlaf, kein riesiger Umsatz. Eigentlich müssten die Preise deutlich teurer sein. "Ich komme hin, muss aber dafür strampeln", sagt er. Es sei schwer, Leute für den Verkauf zu finden, seit über einem Jahr suche er. Vor allem junge Leute hätten keine Lust mehr auf die schwere Arbeit.

Sein eigener Sohn, der Lebensmittelmanagement studiert hat, wolle nicht auf dem Markt stehen. Deshalb eröffnet Ralf Naumann bald einen Hofladen in Loschwitz. Von der Politik wünscht er sich eine gerechtere Behandlung. "Es geht immer nur um die großen Betriebe, die kleinen werden hintangestellt", sagt er. Und noch etwas ist ein Problem hier: Seitdem die Parkplätze an der Elbe weggefallen sind, kommen weniger Kunden.

Am Stand von Gartenbau Naumann auf dem Markt am Schillerplatz sind am Dienstag fast durchgängig Kunden.
Am Stand von Gartenbau Naumann auf dem Markt am Schillerplatz sind am Dienstag fast durchgängig Kunden. © Sven Ellger

Das erzählt auch eine Händlerin am Stand nebenan, die Trockenobst, Naturkost, Gewürze, Kräuter und Öle anbietet und seit sechs Jahren auf dem Markt dabei ist. "Es hätte eine andere Lösung geben müssen, als den Parkplatz abzusperren." Im Winter sei der Platz mit den Pflastersteinen für ältere Leute manchmal zu glatt, es werde zu wenig geräumt und gestreut.

Am Stand von Rita Börner hat eine Kundin mit Gehstock ein anderes Verkehrsproblem ausgemacht. Als die "Eierfrau" sagt, die Lage hier sei "bombig", aber in letzter Zeit sei es doch sehr bergab gegangen mit der Kundschaft, mischt sich Uta Feydt ein: "Ach, haben Sie das auch schon festgestellt?" Die Kundin klagt, dass sie noch für Monate nicht mehr vom Königsheimer Platz direkt zum Schillerplatz komme, die nächste Haltestelle für den Bus sei 15 Minuten zu Fuß entfernt.

Seit zwölf Jahren verkauft Rita Börner (l.) schon Eier und mehr auf dem Wochenmarkt am Schillerplatz, den Stand gab es aber bereits in den 90er-Jahren. Uta Feydt ist regelmäßige Kundin hier.
Seit zwölf Jahren verkauft Rita Börner (l.) schon Eier und mehr auf dem Wochenmarkt am Schillerplatz, den Stand gab es aber bereits in den 90er-Jahren. Uta Feydt ist regelmäßige Kundin hier. © Sven Ellger

Uta Feydt reicht ihren mitgebrachten Eierkarton über die Theke. "Die Eierfrau gibt es bestimmt seit 1995", erzählt sie. Sie ist seit vielen Jahren Marktkundin, schon als der Markt noch dort war, wo inzwischen die Schillergalerie ist. Für sie ist der Besuch hier mehrmals in der Woche nicht nur ein Einkauf, sondern Lebensqualität. "Ich hätte viele Leute, die mir etwas nach Hause bringen würden, aber ich will mich bewegen und mein Leben so gestalten, wie ich das möchte."

"Das sind Dinge, die passieren einem nur auf dem Markt"

Die Eier sind im Körbchen, als nächstes will Uta Feydt Gemüse und Obst besorgen. "Dafür geht man doch auf den Markt." Als sie einmal erst hier gemerkt habe, dass ihr Portmonee noch zu Hause liegt, habe ihr eine andere Eierfrau einfach so 25 Euro für den Einkauf geliehen. Weil sie ja sowieso am Donnerstag schon wiederkäme. "Das sind so Dinge, die passieren einem nur auf dem Markt", sagt Uta Feydt.

Für viele Kunden auf dem Wochenmarkt am Schillerplatz in Dresden sind Empanadas noch eine kulinarische Neuheit. Karl Zschommler, der seinen Foodtruck seit 2014 betreibt, ist aber überzeugt, noch einige hier von den südamerikanischen Teigtaschen überzeugen
Für viele Kunden auf dem Wochenmarkt am Schillerplatz in Dresden sind Empanadas noch eine kulinarische Neuheit. Karl Zschommler, der seinen Foodtruck seit 2014 betreibt, ist aber überzeugt, noch einige hier von den südamerikanischen Teigtaschen überzeugen © Sven Ellger

Einer der jüngsten Marktzugänge am Blauen Wunder ist Karl Zschommler. Der Kolumbianer mit dem deutschen Namen - sein Opa kam aus Falkenberg - parkt mit seinem Empanada-Foodtruck erst seit drei, vier Monaten hier. Sonst steht er auch auf dem Markt an der Lingnerallee und dem Alaunplatz in der Neustadt.

Vor allem auf Letzterem habe er schon viel treue Kundschaft, das Geschäft mit den frisch zubereiteten Empanadas laufe sehr gut, die Leute seien offen. Am Schillerplatz dagegen müssten viele die gefüllten Teigtaschen aus Südamerika erst einmal kennenlernen. "Aber wenn sie einmal bei uns getestet haben, kommen sie wieder, weil es so lecker ist", sagt Zschommler.

Der Wochenmarkt am Schillerplatz findet dienstags und donnerstags von 9 bis 17 Uhr und samstags von 8 bis 12 Uhr statt.