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Restaurant "Anna im Schloss" in Dresden: "Wir sind mehr als nur ein Museumscafé"

Das Café und Restaurant "Anna im Schloss" in Dresden liegt etwas versteckt inmitten von historischen Gemäuern. Ein junger Gastronom verwirklicht sich hier, so gut er kann. Wie Tim Graul mehr Dresdner für das Lokal begeistern will.

Von Juliane Just
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Am Restaurant "Anna im Schloss" kommen Dresdner nicht zufällig vorbei. Das will Junggastronom Tim Graul ändern und mit der Kulinarik überzeugen.
Am Restaurant "Anna im Schloss" kommen Dresdner nicht zufällig vorbei. Das will Junggastronom Tim Graul ändern und mit der Kulinarik überzeugen. © Matthias Rietschel

Dresden. Es ist so still wie in einem Museum. Jeder kleine Laut hallt durch das Gewölbe, solange noch kein Gast das "Anna im Schloss" betreten hat. In einer Ecke sitzt Tim Graul. Sein Laptop liegt auf einem kleinen Schrank, hier hat sich der 31-Jährige uneitel ein Mini-Büro to go eingerichtet. Manchmal muss man erfinderisch sein in solchen altehrwürdigen Gemäuern.

Das Café und Restaurant "Anna im Schloss" ist seit knapp zwei Jahren sein Projekt. Tim Graul hat sich den Namen, das Konzept und die Kulinarik überlegt. Der junge Mann ist persönlich recht zurückhaltend, doch das Gastgeben wurde ihm sozusagen in die Wiege gelegt. Seine Eltern sind die Inhaber des Restaurants "Alte Meister", nur einen Steinwurf entfernt. "Die Gastro begleitet mich schon mein Leben lang", sagt Tim Graul.

Und deswegen probierte sich der Dresdner auch schon früh in der Branche aus. Im Schulpraktikum wählte er das ehemalige "Romantik Hotel Pattis" aus - danach war Koch kein Traumberuf mehr für ihn. "Für mich war Kochen immer etwas Entspanntes. Beruflich ist vieles davon reine Produktion", erinnert er sich. Deswegen entschied er sich 2011 für eine Ausbildung zum Restaurantfachmann im noblen Restaurant "Caroussel" vom Fünf-Sterne-Hotel Bülow Palais im Dresdner Barockviertel. "Ich musste lernen, die Gastro zu verstehen", sagt er heute.

Ausprobieren in der Gastro: "Mal 'raus aus Dresden"

Nach der Ausbildung probierte er sich weiter aus, eine Station war das "Villandry" in der Neustadt. Danach zog es Tim Graul in den Fine-Dining-Bereich. Das "Elements" in der Zeitenströmung wurde für die kommenden drei Jahre sein Arbeitsplatz. "Bis heute ist das auch privat mein liebstes Lokal", sagt er. Im Winter 2018 zog es ihn für eine Saison ins schneebedeckte Oberlech in Österreich, "mal 'raus aus Dresden".

Immer war da aber dieser eine Gedanke: Das eigene Lokal, das wär doch was? "Mir war klar: Wenn ich das mache, dann will ich es von Grund auf", sagt der 31-Jährige, der sich sehr bedacht ausdrückt und niemand ist, der Entscheidungen überhastet trifft. Es gehöre "ein bisschen was dazu", ein eigenes Restaurant zu eröffnen. Abgeschreckt hat ihn das nicht.

Bevor das Café "Anna im Schloss" im April 2022 jedoch mit ihm als Chef eröffnen konnte, vergingen Jahre. Seine Eltern waren es, die sich mit einem Konzept für ein entstehendes Café im Residenzschloss bewarben, das der Freistaat Sachsen angehen wollte. 2009 erhielt die Familie Graul den Zuschlag, das Konzept blieb allerdings zehn Jahre in der Schublade. Die Corona-Pandemie stoppte das Projekt erneut, wieder vergingen zwei Jahre. Für die Gastronomie wurden die Räumlichkeiten im Erdgeschoss und Kellergeschoss umfassend rekonstruiert und ausgebaut. Der Freistaat Sachsen investierte 5,5 Millionen Euro.

"Anna im Schloss" mit kleinen Farbtupfern

Auf 270 Quadratmeter kommen Gastraum und Vinothek zusammen. 75 Personen haben Platz, im Schlosshof nochmal 55 mehr. Der Junggastronom will mit seinem Hoodie optisch nicht so recht in das etwas steife, museale Ambiente passen, doch die kleinen Farbtupfer im Raum helfen. Ein paar Couchteile, ein paar Deko-Elemente, ein paar Bilder und schon war es ein bisschen heimeliger, findet er. Solche Dinge darf der Chef nur bedingt allein entscheiden - und genau da ist der kleine Haken von "Anna im Schloss".

Bei dem Menü für die Kochsternstunden ist Fingerspitzengefühl gefragt. Martin Berger, Küchenchef im Restaurant "Anna im Schloss" verziert ein Meerettichsüppchen.
Bei dem Menü für die Kochsternstunden ist Fingerspitzengefühl gefragt. Martin Berger, Küchenchef im Restaurant "Anna im Schloss" verziert ein Meerettichsüppchen. © Matthias Rietschel
Das Restaurant "Anna im Schloss" bietet in seinem Kochsternstunden-Menü als zweiten Gang dieses Meerettichsüppchen mit Forellen-Apfeltatar, Forellenkaviar und Dillöl an.
Das Restaurant "Anna im Schloss" bietet in seinem Kochsternstunden-Menü als zweiten Gang dieses Meerettichsüppchen mit Forellen-Apfeltatar, Forellenkaviar und Dillöl an. © Matthias Rietschel
Im Residenzschloss liegt das Restaurant "Anna im Schloss" etwas versteckt. Dresdner kommt hier nur selten zufällig vorbei.
Im Residenzschloss liegt das Restaurant "Anna im Schloss" etwas versteckt. Dresdner kommt hier nur selten zufällig vorbei. © Matthias Rietschel
Im Sommer lässt es sich im Restaurant und Café "Anna im Schloss" in Dresden auf der Terrasse hervorragend entspannen.
Im Sommer lässt es sich im Restaurant und Café "Anna im Schloss" in Dresden auf der Terrasse hervorragend entspannen. © Matthias Rietschel

Wenn es um das Lokal geht, haben nämlich noch andere etwas zu sagen. So zum Beispiel der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) als Eigentümer. Unterschiedliche Vorstellungen von mehreren Seiten müssen berücksichtigt werden. "Ich habe lange nachgedacht, ob ich das hier annehmen will", erinnert sich Tim Graul. Denn das eigene Lokal, dass er von Grund auf anpacken und nach seinen Vorstellungen gestalten wollte, war "Anna im Schloss" zunächst mal nicht. Es war so viel nötig, hier die Liebe hineinzubringen, nach deren historischem Vorbild sich das Lokal heute richtet.

Denn Anna von Dänemark, die von 1532 bis 1585 lebte, war Kurfürstin, Visionärin und Heilerin, heißt es auf der Website. "Der sächsische Personenkult dreht sich meist um zwei Personen, August den Starken und Gräfin Cosel", sagt Tim Graul. Dabei sei Anna eine der faszinierendsten Persönlichkeiten des 16. Jahrhunderts. Sie kümmerte sich persönlich um die Hofhaltung sowie die Hofküche und ihre Produkte und Rezepte waren sehr begehrt.

Deutsch-österreichische Küche mit moderner Interpretation

Und genau das soll "Anna im Schloss" sein: Ein Lokal mit deutscher und österreichischer Küche, die modern und handgemacht daherkommt, ohne wie ein Stein im Magen zu liegen. Königsberger Klopse, Quarkkäulchen und sächsische Kartoffelsuppe stehen auf der Speisekarte." Es soll wie bei Oma sein, heimelig und lecker", so der Chef. Hinzu kommt eine saisonale Karte, die regelmäßig neu komponiert wird.

Es gibt zwar eine Menge Touristen, die am "Anna im Schloss" vorbeikommen, Dresdner aber weniger - ein weiterer Wermutstropfen. "Wenn wir Dresdner gewinnen, kommen sie aber auch gern wieder."

Um noch mehr Einheimische anzuziehen, nimmt das Lokal zum zweiten Mal bei den Kochsternstunden teil. Für den kulinarischen Wettbewerb haben 32 Gastronomen in und um Dresden Menüs kreiert, die die Gäste bewerten können. "Es ist das größte kulinarische Event, das es in Dresden gibt. Für mich war sofort klar, dass wir mitmachen", sagt Tim Graul. Das Drei-Gang-Menü gibt es für 52 Euro, vier Gänge für 10 Euro mehr. Überzeugen will das Lokal mit Forelle, Kaninchen und Palatschinken - deftig sächsisch, modern interpretiert, liebevoll angerichtet.

2023 sei das Menü sehr gut bei den Gästen angekommen, viele Einheimische wurden auf das Lokal aufmerksam. "Viele Dresdner sollten das Schloss, das so lange unzugänglich war, wieder für sich entdecken", meint Tim Graul. Er sieht im "Anna im Schloss" großes Potenzial, vielleicht muss das Ganze erst noch ein bisschen aus dem Dornröschenschlaf erwachen. "Wir sind mehr als nur ein Museumscafé." Das muss ja nicht so bleiben.

Weitere Informationen und die Menüs gibt es unter sächsische.de/kochsternstunden. Wertgutscheine für die Kochsternstunden sind online unter www.ddv-lokal.de erhältlich.

Transparenzhinweis: Die Kochsternstunden sind eine geführte Marke der DDV Mediengruppe, zu der auch Sächsische.de und die Sächsische Zeitung gehören.