Dresden. Eine neue Wohnung in der Dresdner Hafencity - das lockte Markus Müller in diesem Frühjahr von Berlin zurück nach Dresden. Bis 2002 hatte er 30 Jahre in Dresden gelebt und gearbeitet, wechselte dann als Rentner mit seiner Frau von der Elbe an die Spree. Nun zog es ihn zurück in die alte Heimat. Was er in seinem neuen Wohnviertel an der Leipziger Straße vorfindet, ärgert ihn allerdings. Um nicht als "meckernder Berliner" im Haus abgestempelt zu werden, wie er selbst sagt, möchte er seinen richtigen Namen nicht öffentlich nennen.
Was der Senior über die vorgeschriebene Gestaltung seines Balkons berichtet, zeigt, wie streng dies bei Neubauten mitunter gehandhabt wird. In einer Erklärung der Vermietergesellschaft heißt es: "Der Sichtschutz an den Balkonen sollte einheitlich in Stoff, Farbton Uni entsprechend der Fassadengestaltung, erfolgen." Ein Balkon sei bereits mit einem Sichtschutz in jener "dezenten Farbe" der Fassade versehen worden.
Die Hafencity ist das neueste Beispiel von einer gewissen Farbmonotonie in der neuen Dresdner Architektur. In einer Umfrage gehen viele Dresdner sogar soweit, von Tristesse zu sprechen. Aber woher kommt die Eintönigkeit? Liegt es an den Investoren, den Architekten oder der Stadtverwaltung? Der Chef der Gestaltungskommission wirft für Sächsische.de einen kritischen Blick auf die Dresdner Innenstadt. Jürg Sulzer war von 2004 bis 2015 Professor für Stadtumbau und Stadtforschung an der TU Dresden.