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Das große Amboss-Schlagen im Kulturpalast

Beim „Ring“ der Dresdner Philharmoniker kommen Metallteile zum Einsatz. Alexej Bröse koordiniert die 18 Schläger und sagt: „Das Auge hört mit.“

Von Bernd Klempnow
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Alexej Bröse beherrscht so gut wie alle Instrumente, die nicht gestrichen, geblasen oder gezupft werden: „Instrumente im dreistelligen Bereich sowie alle möglichen Geräuschinstrumente vom Ballon bis zum Hammer.“
Alexej Bröse beherrscht so gut wie alle Instrumente, die nicht gestrichen, geblasen oder gezupft werden: „Instrumente im dreistelligen Bereich sowie alle möglichen Geräuschinstrumente vom Ballon bis zum Hammer.“ © Markenfotografie

Wenn ein Mann sagt, „der Baumarkt ist mein zweites Wohnzimmer“, dann ist er entweder ein passionierter Bastler oder Dresdner Philharmoniker in besonderer Mission. So einer wie Alexej Bröse, Schlagzeuger beim städtischen Orchester. Dieses bereitet gerade das Mammut-Unternehmen einer konzertanten Aufführung von Richard Wagners sechszehnstündigem Vierteiler „Der Ring des Nibelungen“ vor.

Desaströses Drama mit gewaltiger Musik

Das Stück ist inhaltlich krude, ist ein desaströses Drama um Götter, Zwerge und Riesen. Es geht um Gold und Macht per Inzest, Mord und Totschlag. Aber musikalisch ist die 150 Jahre alte „Ring“-Tetralogie eine Wucht und bietet ungewöhnliche Klänge. Und für solche sorgt auch Alexej Bröse. Denn er und Kollegen schlagen auf Metallteilen raffinierte Melodien wie das sogenannte Nibelheim-Motiv im „Rheingold“. Nibelheim ist eine Art Schmiede unter der Erde, wo Gold zu einem Zauberring verarbeitet wird.

Gilt als begnadeter Wagner-Dirigent: Marek Janowski. Er leitet jetzt den ersten "Ring" der Dresdner Philharmonie.
Gilt als begnadeter Wagner-Dirigent: Marek Janowski. Er leitet jetzt den ersten "Ring" der Dresdner Philharmonie. © Archiv: Matthias Rietschel

18 Ambosse hat Wagner für diesen Part vorgeschrieben. Ganz selten kommen so viele zum Einsatz. Marek Janowski als Chef der Philharmoniker nimmt die Wagner-Besetzung ernst. Also hatte Bröse nicht nur 17 Kollegen und seine Schlagzeug-Studenten für dieses Ensemble zu rekrutieren. Er hatte sich auch um das Instrumentarium zu kümmern. Oft schon war er in „Rheingold“ im Einsatz, kennt also Tücken und Tricks, damit es klingt. „Die von Wagner angestrebte Klangvielfalt ist nur mit Ambossen nicht hinzukriegen. Wir haben welche, nutzen aber auch etwa Schienen, T-Stücke, Drei- und Vierkantplatten, um diese spezielle Stimmung zu kreieren.“ Einige dieser Materialien hat die Philharmonie, andere sind aus Opernhäusern geborgt, wo der „Ring“ regelmäßig läuft. Die Philharmonie spielt ihn erstmals in ihrer 150-jährigen Geschichte.

Selten sind die Schläger auch zu sehen

Insgesamt 27 Hämmer werden gebraucht, vom „zarten“ 100-Gramm-Werkzeug über das haushaltsübliche 300 Gramm schwere bis zum Kilo-Fäustel – gekauft im Baumarkt. Rhythmisch geschlagen wird mit beiden Seiten des Hammerkopfes. Soll es dumpfer klingen, dann auf der Amboss-Mitte, an den weniger dicken Enden klingt es heller.

Schon mal Reinhören

  • Auf Deutschlandfunk Kultur können Neugierige vorab schon in den „Ring“ reinhören. Vier Sendungen „Interpretationen“ von je gut 110 Minuten bieten zahlreiche Hörbeispiele, Wagner-Dirigent Marek Janowski erzählt.
  • Darin klärt er Fragen wie: Weshalb macht er den „Ring“ konzertant? Was ist für ein Orchester anders, wenn es Oper auf der Bühne statt im Graben spielt?

Nur, wie lernt man, mit einem Amboss zu musizieren? „Kein Problem“, sagt der 40-jährige Philharmoniker. „Wer eine kleine Trommel mit der Zwei-Schlägel-Technik spielt, beherrscht auch Amboss & Co.“

Nur gut 45 Sekunden dauert beispielsweise der markante Nibelheim-Einsatz. Toll ist, diesen diesmal auch sehen zu können, denn sonst stehen die Musiker hinter der Bühne. Diesmal musizieren die 18 Schlagzeuger für jeden Besucher gut sichtbar auf der Chorempore des Kulturpalastes. Bröse verspricht eine „Hammer-Choreografie, denn das Auge hört mit.“

Wagners „Ring“ mit den Teilen „Rheingold“ am 30. 9., „Walküre“ am 2. 10., „Siegfried“ am 8. 10. und „Götterdämmerung“ am 15. 10., Kulturpalast. Karten gibt es im Besucherservice, telefonisch unter 0351 4866866 oder online.