SZ + Feuilleton
Merken

Letzte Etappe der Rekonstruktion des Altans im Großen Schlosshof

Stuckateure und Restauratorinnen arbeiten Hand in Hand an der Re-Inszenierung der farbigen Fresken am Altan. Die Herausforderungen sind enorm.

Von Birgit Grimm
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Der Restaurator und Bauforscher Matthias Zahn ist seit den 80er-Jahren in den Wiederaufbau des Dresdner Schlosses involviert. Hier erklärt er in der Restaurierungswerkstatt an einem Modell das Bildprogramm des Altans im Großen Schlosshof.
Der Restaurator und Bauforscher Matthias Zahn ist seit den 80er-Jahren in den Wiederaufbau des Dresdner Schlosses involviert. Hier erklärt er in der Restaurierungswerkstatt an einem Modell das Bildprogramm des Altans im Großen Schlosshof. © Foto: SZ/Veit Hengst

Sabine Posselt und Ulrike Hahn arbeiten auf dem Gerüst direkt nebeneinander. Die Restauratorinnen malen an einem Fresko mit dem Motiv der Bekehrung des Paulus, das die Rückwand des Altans im Großen Schlosshof des Dresdner Residenzschlosses schmücken wird. Das Stück Putz, das ihnen die Stuckateure am frühen Morgen vorbereitet haben, ist nicht groß. Aber die farbige Freskomalerei ist anspruchsvoll und sie muss auf diesem frisch geputzten Wandstück just an dem Tag ausgeführt werden, an dem sie begonnen wurde. Al fresko bedeutet frisch. 18 Uhr Feierabend? Das dürfte nicht zu schaffen sein. Meist arbeiten die Restauratorinnen und Restauratoren bis tief in die Nacht hinein hoch konzentriert. Denn die Qualität, die das Bildprogramm aus dem 16. Jahrhundert einst hatte, soll wieder erreicht werden.

Sabine Posselt (vorn) und Ulrike Hahn arbeiten gemeinsam am Altan.
Sabine Posselt (vorn) und Ulrike Hahn arbeiten gemeinsam am Altan. © Foto: SZ/Veit Hengst

Projekt für Generationen

„Freskomalerei ist nur was für fitte Typen“, sagt Matthias Zahn. Der Bauforscher und Restaurator ist kein junger Mann mehr. Schon seit 1988, also fast von Beginn an, ist er in den Wiederaufbau des Dresdner Schlosses involviert. Er hat maßgeblich mit geforscht an der Zusammensetzung der Farben und des Putzmaterials, hat sich in Europa, vor allem in Italien, mit seinem siebenköpfigen Team aus freiberuflichen Restauratoren und Malern über die alte Handwerkstechnik der Freskomalerei informiert. Sie haben geübt und probiert – und das bis zur Perfektion. Manche im Team der freiberuflichen Restauratoren sind wie Matthias Zahn „alte Hasen“ im Dresdner Schloss, auch einige Stuckateure haben bereits im Historischen Grünen Gewölbe hervorragende Arbeit geleistet. Man kennt sich. Und man kann, man muss gemeinsam vorgehen und sich aufeinander verlassen bei diesem anspruchsvollen Projekt, wie es die Rekonstruktion und die Reinszenierung des Altans darstellt. Jüngere oder neu hinzukommende Kollegen werden langfristig eingearbeitet.

Der Wiederaufbau des gesamten Dresdner Schlosses als Museumszentrum für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ist ein Prozess für mehrere Generationen. Dreizehn Millionen Euro investiert der Freistaat allein in den Großen Schlosshof. Der Altan soll in etwa einem Jahr fertig sein. Wann der Große Schlosshof dann wieder ein historisches Pflaster erhält, um schließlich komplett fürs Publikum geöffnet werden zu können, ist noch nicht klar.

Auf Kartons im Originalformat haben die Restauratoren das Bildprogramm des Altans vorab probeweise ausgeführt. Hier ein Ausschnitt aus der unteren Loggia mit der Darstellung der Bekehrung des Paulus.
Auf Kartons im Originalformat haben die Restauratoren das Bildprogramm des Altans vorab probeweise ausgeführt. Hier ein Ausschnitt aus der unteren Loggia mit der Darstellung der Bekehrung des Paulus. © Foto: SZ/Veit Hengst

Mit Lichtgeschwindigkeit im 16. Jahrhundert

Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann jedenfalls ist begeistert vom künstlerischen Fassadenprogramm des Schlosshofs und insbesondere von der Loggia. Es sei interessant zu sehen, „wie sie damals PR gemacht haben“, sagte er am Donnerstag beim Baustellenbesuch. Sie – das sind die Brüder Benedikt und Gabriel Tola, die Kurfürst Moritz von Sachsen auf einer Italienreise 1549 in Brescia kennengelernt hatte. Er holte sie nach Dresden, auf dass sie an den Schlosshoffassaden in Sgrafittotechnik mit Szenen aus der römischen Antike die Stationen der Herrschaft von Kurfürst Moritz und seine Tugenden lobpreisen. Das farbige, biblische Bildwerk des Altans mit den Motiven „Saba vor dem Thron Salomons“, „Christi mit den Heiligen Drei Königen“ und „Die Bekehrung des Paulus“ spielt auf Moritz als weisen Herrscher und Friedensstifter an und bezieht sich auch auf dessen konfessionellen Wechsel.

Die Brüder Tola führten die Dekorationen im Schlosshof bis 1552 aus. Lichtgeschwindigkeit war das im Vergleich zu den Maßnahmen der Jetztzeit, die sich über 35 Jahre hinziehen. Dass es unter den heutigen Gegebenheiten länger dauert, hat nicht nur mit dem Geld und mit je nach Regierungsmannschaft wechselndem politischen Willen zu tun, sondern auch mit den Erfahrungen, die zu sammeln waren, und den langwierigen Vorbereitungen, die notwendig waren, um die alten Techniken wieder zu erlernen und das Rekonstruktionsvorhaben, das in dieser Größenordnung in Europa einmalig sein dürfte, zu einem qualitätvollen Ende zu führen. Hinzu kommt der Wetterfaktor: Bei Minusgraden kann man keine Fresken malen. Doch auch der Sommer hat seine Tücken. Es ist die Südseite, an der das Team um Ulrike Hahn, Sabine Posselt und Matthias Zahn arbeitet. Ohne den Sonnenschutz der Juteplanen würden sie gar nicht so schnell malen können, wie der Putz trocknet. Kontinuierlich werden die Planen mit Wasser besprüht. Das dient nicht der Erfrischung der Restauratoren. So wird lediglich an heißen, trockenen Tagen die für die Freskomalerei nötige Luftfeuchtigkeit garantiert.