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Sachsens Museen denken darüber nach, alle Gemälde zu verglasen

Die Kunstsammlungen feiern 2023 die Pastellmalerin Rosalba Carriera und 300 Jahre Grünes Gewölbe. Doch das Thema Sicherheit rückt in den Vordergrund.

Von Birgit Grimm
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Felix Räuber (l) singt bei der Jahrespressekonferenz der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) in der Fürstengalerie vor Generaldirektorin Marion Ackermann und Dirk Burghardt, dem kaufmännischen Direktor.
Felix Räuber (l) singt bei der Jahrespressekonferenz der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) in der Fürstengalerie vor Generaldirektorin Marion Ackermann und Dirk Burghardt, dem kaufmännischen Direktor. © dpa

Hundertprozentige Sicherheit wird es nie geben. Aber angesichts der Attacken der „Letzten Generation“ auf Museumsschätze ist das Verständnis für das Ansinnen der Klimaschützer in Kritik umgeschlagen. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden denken darüber nach, alle ausgestellten Bilder verglasen zu lassen.

Auch müsse man den Abstand zwischen Skulpturen und Besuchern vergrößern oder aus Sicherheitsgründen Kunstwerke aus den Museumssälen ins Depot schaffen. „Der Museumsbesuch wird dadurch unattraktiver“, sagte Generaldirektorin Marion Ackermann am Freitag auf der Jahrespressekonferenz der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD).

Deren Jahresbilanz knauserte diesmal mit Zahlen, was wohl daran liegt, dass die Realität nicht dem entspricht, was man sich erhoffte und was wirtschaftlich nötig wäre. Kamen 2019 noch mehr als zwei Millionen Besucher in die Museen der SKD, waren es wegen coronabedingter Schließungen 2021 nur 764.000. Auch in diesem Jahr rechnen die SKD mit Verlusten.

Immerhin: Die magische sechsstellige Marke für eine Sonderschau knackte die Bellotto-Ausstellung der Gemäldegalerie Alte Meister mit 115.000 Besuchern. Auch die sächsisch-russische Kooperation „Träume von Freiheit“ und die Gerhard-Richter-Ausstellung im Albertinum hatten „sehr gute Zahlen“.

Das Historische Grüne Gewölbe „hat das ganze Jahr 100 Prozent, auch wenn aus Sicherheitsgründen weniger Besucher pro Stunde hineingelassen werden“, wie der Kaufmännische Direktor Dirk Burghardt. Im Grünen Gewölbe wird im nächsten Jahr zünftig gefeiert: Vor 300 Jahren öffnete die Schatzkammer fürs Publikum, wobei dieser Vorgang sechs Jahre gedauert haben soll. Anfangs waren die Besucher handverlesen und blauen Geblüts. Nun darf jeder rein.

Aber die Künstler, die im nächsten Jahr im Grünen Gewölbe mit Interventionen arbeiten, sowie die Themen der geplanten Sonderausstellungen sind natürlich auserwählt. Konzeptkünstler Olaf Nicolai macht im Januar den Anfang.

Rosalba Carriera malte 1731 dieses "Selbstbildnis als Winter"
Rosalba Carriera malte 1731 dieses "Selbstbildnis als Winter" © Gemäldegalerie Alte Meister, S

Jahresmotto "Sammlung und Aufbruch"

Ein runder Geburtstag steht 2023 auch in der Gemäldegalerie Alte Meister an. Die Pastellmalerin Rosalba Carriera kam 1673, also vor 350 Jahren, zur Welt. Sie war ein Superstar, und das nicht nur, weil sie eine der wenigen Frauen in der Männerdomäne der Kunst war. Dresden besitzt mit 73 Pastellen weltweit den größten Bestand an Bildern der venezianischen Porträtistin. Parallel zu sehen sein werden auch Arbeiten anderer Malerinnen jener Zeit. Diese Schau, die für den Sommer geplant ist, entspricht dem Jahresmotto 2023 der SKD „Sammlung und Aufbruch“.

Man wolle sich sammeln, Ausstellungen aus den eigenen Sammlungen zeigen, Museen neu denken, nachhaltiger arbeiten, sagte Generaldirektorin Marion Ackermann. Das bedeute zum Beispiel auch, auf die eine oder andere Leihgaben zu verzichten, die, wenn sie über den Atlantik fliegen muss, schon mal 60.000 Euro kosten kann. Um Energie zu sparen, sollen keine Museen geschlossen, aber Klimakorridore geöffnet werden. Das heißt, allzu strenge konservatorische Vorgaben im internationalen Kunstverkehr könnten gelockert und so der Energiebedarf reduziert werden. „Das gelingt uns nicht im Alleingang, sondern nur im internationalen Austausch“, so Marion Ackermann. Ob das schon genügt?

Vermutlich ohne kostspielige Leihgaben, aber freilich nicht komplett klimaneutral, wird die vom Museum für Sächsische Volkskunst geplante Schau „Wie klingt Heimat?“ kuratiert. Der aus Dresden stammende Musiker Felix Räuber, ehemals Sänger von „Polarkreis 18“, hat eine musikalische Spurensuche in Sachsen unternommen. Seine Entdeckungen und Begegnungen in Bild und Ton werden im Jägerhof als dokumentarische Installation präsentiert. Räuber reiste vom Musikwinkel im Vogtland zu den Tagebauen in der Lausitz. Im Gerhard-Gundermann-Archiv entdeckte er einen unveröffentlichten Song des Baggerfahrers aus Hoyerswerda: Schon in den 1980er-Jahren sorgt sich Gundi, dass der Erdenball auseinanderplatzen könnte. Und er hofft „dass wir nicht verbrennen einst in dem schönen Sonnenschein.“