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Silly-Gitarrist Uwe Hassbecker: "Ein neues Album? Kann ich mir gut vorstellen"

Silly hat mit Ex-City-Frontmann Toni Krahl einen neuen Sänger und spielt mit ihm bald in Dresden. Gitarrist Uwe Hassbecker hat sogar noch weitreichendere Pläne.

Von Andy Dallmann
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Uwe Hassbecker, 1960 in Leipzig geboren, ist seit 1986 Gitarrist bei Silly und arbeitet ständig an neuen Songs. Am 30. Juni spielt die Band in Dresden.
Uwe Hassbecker, 1960 in Leipzig geboren, ist seit 1986 Gitarrist bei Silly und arbeitet ständig an neuen Songs. Am 30. Juni spielt die Band in Dresden. © imago

Zu DDR-Zeiten gehörte Silly nicht zuletzt dank der charismatischen Sängerin Tamara Danz zu den beliebtesten Bands. Sie starb 1996, was die Band an den Rand der Auflösung brachte. Gitarrist Uwe Hassbecker, Keyboarder Ritchie Barton und Bassist Jäckie Reznicek machten zunächst mit Gästen, ab 2006 mit Anna Loos als fester Frontfrau weiter. Nach der Trennung sangen ab 2019 Julia Neigel und Anna R., ehemals Rosenstolz. Vorm Dresden-Konzert erklärt Uwe Hassbecker, wie Silly nun zu Toni Krahl kam, welche Songs sie live spielen und wie das Verhältnis zu Anna Loos ist.

Herr Hassbecker, ist es anstrengend, sich als Band wegen wechselnder Frontleute immer wieder neu zu erfinden?
Dem stellen wir uns ja nicht unbedingt freiwillig. Und klar, so ein Wechsel verunsichert schon. Veränderungen betreffen schließlich nicht nur den Alltag als Band, sie machen es auch nicht einfach, neue Lieder zu schreiben. Es ist notwendig, gemeinsame Schwingungen aufzunehmen, das Zusammenspiel neu üben. Aber auf der anderen Seite hat es seinen Reiz: Mit jedem Künstler, der in die Band eintaucht, kommt eine neue Persönlichkeit hinzu, werden neue Ideen zutage gefördert.

Doch das Kern-Trio hat das Sagen, oder?
Ritchie, Jackie und ich sind nun mal die Konstante in der Band, inzwischen seit vielen, vielen Jahren schon. Dadurch sind wir natürlich in der Verantwortung, dass das Profil von Silly erhalten bleibt, egal wer gerade singt. Und das nehmen wir total ernst.

Silly 2021 mit Anna R. (l.) und Julia Neigel.
Silly 2021 mit Anna R. (l.) und Julia Neigel. © Eventpress Golejewski

Wie lange haben Sie jetzt nach einem Ersatz für Anna R. gesucht?
Gar nicht lange. Wir haben erst mit ihr gemeinsam überlegt, ob es weitergeht, obwohl sie an ihrem Soloalbum arbeitet und damit auf Tour gehen will. Letztlich hat sie erklärt, sich doch ganz auf ihr eigenes Ding konzentrieren zu wollen, was ich absolut verstehe. Dann war ich auf der Abschiedstour von City bei vielen Konzerten als Gast eingeladen. Und da habe ich zunächst aus Jux zu Toni gesagt: Du hast doch nächstes Jahr ganz viel Zeit, überleg doch mal, ob du da nicht was Sinnvolles machen und bei uns singen willst. Toni hat sich tierisch gefreut und war gleich Feuer und Flamme.

Hatten Sie aber zunächst auch noch Sängerinnen für den Job im Blick?
Natürlich. Aber dann fanden wir, dass Toni zu uns passt wie niemand anderes. Wir haben quasi dieselbe DNA, eine gemeinsame Geschichte. Wir haben so viel schon zusammen erlebt. Zwei Jahre nach Tamaras Tod haben wir etwa für City das Album „Rauchzeichen“ produziert. Das half uns, aus dem Loch, aus der Trauer rauszukommen. Dann folgte eine gemeinsame Tour, später waren wir als Silly und Gäste unterwegs, unter anderem mit Toni als Sänger. Außerdem kannte er Tamara lang vor uns; die beiden waren schon als Teenager befreundet. Das alles spielte für unsere Entscheidung eine Rolle.

Toni Krahl, einst Frontmann bei City, ist jetzt neuer Sänger bei Silly.
Toni Krahl, einst Frontmann bei City, ist jetzt neuer Sänger bei Silly. © PR-Foto

Wenn Sie freie Auswahl unter allen Sängerinnen hätten, würden Sie sich dennoch für Toni Krahl entscheiden?
Genau in diesem Moment würde ich sagen: Ja. Denn wir sind sehr glücklich mit Julia und ihm. Natürlich ist das auch für uns mit Arbeit verbunden. Denn alle unsere Songs sind für Frauenstimmen geschrieben, müssen jetzt teilweise überarbeitet, in den Tonlagen angepasst werden. Es reicht eben nicht, die Melodie einfach eine Oktave tiefer zu singen, man muss sie mitunter völlig neu denken.

Wie kommen Toni Krahl und Julia Neigel als Doppel miteinander klar?
Beide sind sich zuvor nur einmal begegnet, kannten sich also gar nicht. Bisher klappt es zwischen beiden aber super. Julia betont auch immer wieder, wie toll sie Toni findet, seinen Humor, seine Art der Interpretation.

Manche Silly-Fans hingegen maulen, scheinen nicht so glücklich mit ihm zu sein.
Meckerer gibt es immer. Schon als Anna Loos dazustieß, haben manche dem Frieden nicht getraut und bezweifelt, dass es mit Silly weiterläuft. Dann kamen zwölf großartige Jahre mit drei erfolgreichen Alben. Für uns war es eine anstrengende, aber auch gute Zeit.

Hat Sie jetzt die Kritik an der Besetzung aber überrascht?
Ehrlich gesagt haben wir davon nicht viel mitbekommen. Im Gegenteil, wir haben überwiegend sehr positives Feedback bekommen. Letztlich sind doch die besten Argumente für unsere aktuelle Besetzung unsere Songs, die man definitiv wiedererkennen wird. Wer einmal „Mont Klamott“ mit Toni Krahl gehört hat, wird es nicht wieder vergessen. Es ist eindrucksvoll. Fast entscheidender als die Stimmlage ist zudem, dass der jeweilige Interpret eine Beziehung zum Lied hat und weiß, wovon er da singt.

Spielen Sie bei den anstehenden Konzerten nur Silly-Nummern oder auch Stücke von City?
Wir haben für das City-Album „Die letzte Runde“ deren Song „z.B. Susann“ gecovert, allerdings mit Anna R. als Sängerin. Das spielen wir jetzt live, Toni covert dann quasi sein eigenes Stück. Das hat doch was...

Wie langfristig ist die Zusammenarbeit mit angedacht? Fliegt er raus, wenn Anna R. zurückkommen will?
Nee, das wird so nicht passieren. Bei uns fliegt niemand so schnell raus, und für Anna R. halten wir ein Zimmer frei, in unserem instandbesetzten Haus. Das wird man sehen. Wir planen wirklich langfristig. Natürlich vorausgesetzt, dass alle das auch wollen und danach sieht es derzeit klar aus.

Schreiben Sie auch neue Songs für ihn?
Wir arbeiten irgendwie fast immer an Songideen. Und klar, ein neues Album zu machen, das kann ich mir gut vorstellen. Obwohl es dafür noch keinen Zeitplan gibt.

Würden Sie ihn einbeziehen oder die Songs alleine schreiben, um den typischen Silly-Sound zu bewahren?
Wenn er gute Ideen hat, warum nicht? Wir haben da eher das Problem, dass Ritchie und ich vielleicht gut komponieren, aber keine Texte schreiben können.

Einen neuen Versuch mit Werner Karma, der die besten Texte für Silly schrieb, wollen Sie nicht wagen?
Ich weiß nicht, ob er das überhaupt noch mal machen möchte. Ich habe öfter Anlauf genommen, irgendwie den Kontakt wiederherzustellen. Aber das war schwierig. Und jetzt hat er noch einen persönlichen Schicksalsschlag hinnehmen müssen. Bestimmt ist es nicht der richtige Moment dafür, trotzdem würde ich es mir wünschen.

Suchen Sie also gezielt einen Texter?
Wir haben zwei Leute kennengelernt, mit denen wir gut arbeiten können. Zum einen Max Prosa, zum anderen Jörn Kalkbrenner, der Vater von Paul und Fritz, den bekannten DJs. Doch man sollte nie nie sagen; letztlich sind wir offen für gute Texte.

Ist das Klima in der Band jetzt eigentlich besser als früher, als noch keine Gäste ständig mitmischten?
Ach, vereinzelte Auseinandersetzungen in einer Band sind normal und wo gehobelt wird.... Nur waren wir früher ziemliche Hitzköpfe. Direkt nach Konzerten wurden sich gegenseitig Kleinigkeit vorgehalten, jeder falsche Ton gleich zum Drama. Das schaukelte sich manchmal so hoch, dass Außenstehende gedacht haben, wir lösen uns jetzt auf. Heute überlegt man ein paar Momente länger, bespricht Probleme am nächsten Morgen oder lässt es gleich ganz sein. Es ist also alles viel entspannter.

Uwe Hassbecker und Keyboarder Ritchie Barton im bandeigenen Studio in Münchehofe bei Berli.
Uwe Hassbecker und Keyboarder Ritchie Barton im bandeigenen Studio in Münchehofe bei Berli. © © by Matthias Rietschel

Wie entspannt ist die Zusammenarbeit mit Ihrem Sohn Daniel, der seit Jahren live als Keyboarder mitspielt?
Auf der Bühne sind wir Kollegen. Genauso gehen wir auch miteinander um. Und auch sonst kehre ich nicht den belehrenden Vater raus. Der Junge ist immerhin 43 und damit wirklich erwachsen. Er spricht mich allerdings immer noch mit Papa an.

Da gibt’s wirklich nie irgendwelche väterlichen Ratschläge?
Höchstens, wenn es ums Gitarrespielen geht. Er hat sich das vor einiger Zeit selbst draufgedrückt und kommt jetzt bei uns auch immer mal mit Gitarren zum Einsatz. Manchmal fragt er mich, wie da irgendwas gemacht wird. Dann verdreht er die Augen, wenn ich ihm fast unmögliche Griffe zeige, übt dann aber solange, bis er es kann. Das macht uns zufrieden und glücklich.

Silly mit Tamara Danz in den 80er-Jahren, Uwe Hassbecker (r.) war 1986 dazugekommen.
Silly mit Tamara Danz in den 80er-Jahren, Uwe Hassbecker (r.) war 1986 dazugekommen. © PR-Foto

Apropos glücklich. Wie ist derzeit Ihr Verhältnis zu Anna Loos?
Wir reden selten miteinander. Ich habe sie neulich getroffen, ganz zufällig. Mehr als „Guten Tag, siehst gut aus...“ war da nicht.

Trauern Sie manchmal dieser doch sehr erfolgreichen Zeit nach?
Nein, es war eben vorbei, jetzt gibt es dafür etwas Neues. Wir wollten damals nicht mehr so weitermachen. Es ist natürlich schade, denn es ist ja auch eine Geschichte vom Scheitern einer Beziehung. Wenn man sich so trennt, nicht in der Lage ist, Grenzen zu überwinden, schmerzt das zunächst. Doch sie macht ihr Ding, wir unseres. Alle sind zufrieden.

Sie wird auch nie zurückkehren?
Hm, klar gibt es Leute, die heiraten nach einer Scheidung wieder. Ich denke aber, wir gehören nicht dazu.

Das Dresden-Konzert: 30.6., Konzertplatz Weißer Hirsch; Tickets gibt’s in allen DDV-Lokalen und hier.