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Wenn das Cello das klingende, singende Schweizer Messer ist

Johannes Moser ist einer von 40 Musikern, die das Festival Cello-Mania innerhalb der Dresdner Musikfestspiele gestalten. Er erwartet Höhenflüge und Wettkämpfe.

Von Bernd Klempnow
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Johannes Moser, Jahrgang 1979, spielt ein Cello von Andrea Guarneri aus dem Jahr 1694 sowie ein elektrisches Cello. Beide Instrumente sind nun in Dresden zu erleben.
Johannes Moser, Jahrgang 1979, spielt ein Cello von Andrea Guarneri aus dem Jahr 1694 sowie ein elektrisches Cello. Beide Instrumente sind nun in Dresden zu erleben. © uwe arensnutzung immer mit autor

Der deutsch-kanadische Cellist Johannes Moser ist einer der Top-Leute an dem Instrument. Zahlreiche CD-Aufnahmen von ihm bekamen Ehrungen wie den „Preis der Deutschen Schallplattenkritik“ und den „Diapason d’Or“. Sie zeugen von musikalischem Können und Vielseitigkeit.

Er spielt mit den besten Orchestern, ist auch als Kammermusiker geschätzt und pflegt eine intensive Leidenschaft für neue Musik. Ein Gespräch über Möglichkeiten und Grenzen seines schönen, aber teuren Instruments sowie Flöten-Töne.

Herr Moser, warum ist für Sie das Cello das schönste Instrument? Was kann es, was andere nicht können?

Das Cello ist das klingende, singende Schweizer Messer der Musikwelt: für jede Gelegenheit die passende Klinge. Sie suchen einen flexiblen Bass? Cello. Solistische Höhenflüge? Cello. Prägnante Mittelstimmen? Cello. Weil das Cello so universell einsetzbar ist, kommen (in der Regel) auch Cellistinnen und Cellisten gut miteinander aus. Und das macht ja die Cellonacht in Dresden so reizvoll.

Ist es Ihnen schon gelungen, aus dem schönen Klang des schönen Instrumentes mal etwas Herbes, vielleicht Aufreizendes, Erschreckendes zu machen?

Ich denke, das Cello hat nicht nur so ein umfangreiches Register vom Bass bis in die höchsten Höhen, sondern deckt auch emotional das komplette menschliche Spektrum ab. Da sind feine Töne, warme Emotionen bis zu rauen und schmerzvollen Empfindungen möglich – und alles dazwischen.

Darf ich hierzu ein paar rockige Stücke aus meinem in dieser Woche erscheinenden Album „Alone Together“ als Beispiel heranziehen – da geht es oftmals in der Neuen Musik recht rau und brutal zu:

Wie schwer fällt es Ihnen, Ihr Instrument etwa bei Schostakowitsch zu malträtieren? Haben Sie nicht Angst, dass es Schaden nehmen könnte?

Mein Cello hat 300 Jahre krisengebeutelte europäische Geschichte überlebt – da wird mein Schostakowitsch sicher nicht den finalen Grabstein draufsetzen. Es geht ja nicht darum, das Cello brutalstmöglich zu malträtieren, sondern mit moderner Technik und modernen Saiten emotional Tiefgründiges aus dem Instrument herauszuholen.

Das sieht dann von außen oft wilder aus, als es ist. Bisher ist mein Cello zumindest glücklich, mit mir um die Welt zu fliegen, wir haben eine gute Zeit zusammen!

Wie kam es zu der sehr facettenreichen Programmzusammenstellung Ihrer Dresdner Konzerte?

Die Lange Nacht des Cellos ist ein Kaleidoskop an dem, was die Cellowelt im Moment zu bieten hat. Jeder steuert etwas bei, und damit kommt dieses Programm zustande. Ich wollte mit meinem Beitrag, einem Stück von Ellen Reid, mit dem elektrischen Cello einen Kontrast setzen zu meinem Konzert am Vorabend, wo ich mit meinen Triopartnern Vadim Gluzman und Andrei Korobeinikov Monolithen der Trio-Kammermusik darbieten werde: Schostakowitsch und Schubert.

Was reizt Sie daran, mit anderen Cellisten in den „indirekten“ Wettstreit bei der Cello-Mania, einem Cello-Festival innerhalb der Festspiele, zu gehen?

Ich interessiere mich einfach sehr für den „Kosmos Cello“ und all die verschiedenen Wege, wie man sich mit diesem Instrument ausdrücken kann. Das Interesse ist sowohl beruflich wie auch privat, wie soll man das auch trennen. So viele bewundernswerte Kolleginnen und Kollegen an einem Abend, auch über das Festival verteilt, das wird einfach sehr spannend.

Und der Wettstreit, den ich erst einmal nicht im Vordergrund sehe, wird dazu beitragen, dass alle Protagonisten ihre Beiträge bestmöglich beisteuern wollen. Und das macht so ein Konzert so einzigartig. Da will sich sicher niemand eine Blöße geben!

Wie eng ist denn die Familie der Cellisten? Sie sind doch Einzelkämpfer!

Man trifft sich ja im Grunde nie – allenfalls im Flughafen. Gerade weil wir Einzelkämpfer qua definitionem sind, ist es umso besonderer, sich dann zu treffen. Ich kenne zwar viele Kollegen, die in Dresden auftreten werden, aber einige sind doch neue Bekannte. Ich freue mich drauf!

Wie lebt es sich damit, ein Instrument, das Hunderttausende Euro wert, immer beaufsichtigen zu müssen? Da ginge es Ihnen mit einer Flöte besser, oder?

Inzwischen ist das Cello so sehr Teil meines Körpers und Selbstverständnisses geworden, dass ich mich nachgerade unwohl fühle, wenn ich mal ohne Cello verreisen soll. Körperlich und seelisch unangenehm. Und: wer Flöte spielen will, soll das gerne machen. Aber können Sie sich eine Lange Nacht der Flöten vorstellen? Ich bitte Sie ...

  • Konzerte von Johannes Moser: 25. Mai, 19.30 Uhr, Palais im Großen Garten mit Vadim Gluzman und Andrei Korobeinikov;
  • 26. Mai., 19 Uhr, Kulturpalast bei der Langen Nacht des Cellos