588. statt 586. Striezelmarkt: Warum Dresden die Corona-Jahre mitzählt

Dresden. "Endlich wieder striezeln!" Nach zwei langen Jahren ohne Weihnachtsmärkte fand 2022 wieder der traditionelle Striezelmarkt statt - zum 588. Mal, sagt die Stadt. Doch an dieser Zählung gibt es mittlerweile Zweifel, da auch die beiden in letzter Minute abgesagten Märkte einfach mitgezählt werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Was macht den Dresdner Striezelmarkt besonders?
Der Striezelmarkt ist der "älteste beurkundete deutsche Weihnachtsmarkt". Er schlägt damit auch den Bautzener Wenzelmarkt, der dieses Privileg weiter für sich beansprucht, die entsprechende Urkunde aber nicht nachweisen kann. Der Dresdner Markt geht auf ein Privileg von Kurfürst Friedrich II. sowie dessen Bruder Herzog Sigismund aus dem Jahr 1434 zurück, das es Dresden gestattete, in jeder Woche des Jahres einschließlich der Weihnachtszeit einen Markt abzuhalten. Um 1500 wird der Markt dann bereits "Striezelmontag" genannt.
Ab 1800 konnten auf dem Striezelmarkt auch Christbäume erworben werden, die immer mehr zum wichtigen Brauch wurden. Mittlerweile inszeniert sich Dresden als Weihnachtshauptstadt. Rund um den Striezelmarkt als wichtigsten und umsatzstärksten Markt der Stadt sind viele kleine thematische Weihnachtsmärkte entstanden, die an private Marktbetreiber übergeben wurden. Der Striezelmarkt bleibt als einziger weiter komplett in der Hand der Stadt.
Warum ignoriert Dresden die Corona-Absagen?
In den Jahren 2020 und 2021 fanden aufgrund der Coronapandemie keine Weihnachtsmärkte statt, der 586. und 587. Striezelmarkt fielen aus. Im Folgejahr zählte Dresden dennoch weiter und führte den "588. Dresdner Striezelmarkt" endlich wieder durch. Stadtrat Matthias Rentzsch (AfD) fragte dazu offiziell bei der Stadt an.
Weil es laut OB Dirk Hilbert (FDP) dazu immer wieder Anfragen gibt, hat sich mit Heidrun Wozel die laut Rathaus "führende Historikerin auf dem Gebiet zur Erforschung des Dresdner Striezelmarktes" dem Thema angenommen.
Das Fazit der promovierten Historikerin: Aufgrund verheerender Kriege und wegen "Verhaltensvorschriften hinsichtlich grassierender Krankheiten" sind Weihnachtsmärkte immer wieder ganz oder teilweise ausgefallen. "Ein exakter Beleg, wie viele Märkte seither tatsächlich stattgefunden haben, ist nicht rekonstruierbar." Weil davon auch der Striezelmarkt betroffen war, wird das Jahr des erstmaligen Stattfindens für die Zählung herangezogen. "Wir befinden uns somit im 588. Jahr nach Marktgründung", urteilt die Stadt auf Grundlage der Studie.
Dafür, dass die beiden Corona-Jahre mitzählen dürfen, spricht laut Rathaus zudem, dass es in beiden Jahren "sichtbare Aufbauten, Weihnachtsbäume und fertig produzierte Jahres-Glühweintassen" gegeben habe.
Wie zählen andere Weihnachtsmärkte?
Bautzen bezeichnet den Wenzelsmarkt weiter als ältesten Weihnachtsmarkt Deutschlands und beruft sich auf "verschiedene Chroniken". Demnach verlieh König Wenzel IV. im Jahr 1384 der Stadt Budissin das Recht zur Abhaltung eines freien Fleischmarktes. Auch hier wurde trotz Corona weiter gezählt. 2020 hätte der 637. Wenzelsmarkt stattfinden sollen, ein Jahr später der 638. Markt, bevor 2022 der 639. Wenzelsmarkt wieder öffnen durfte.
Historikerin Heidrun Wozel hatte sich bereits 2013 dazu geäußert, welcher sächsische Weihnachtsmarkt die längere Tradition hat. Demnach blickt Dresden auf die größere Tradition zurück. Die Gründung des Dresdner Marktes ließe sich durch Dokumente belegen, ein Bezug zum Heiligen Abend sei eher nachweisbar.
Andere Märkte setzen zwar auch auf Tradition, lassen Jahreszahlen aber in der offiziellen Kommunikation weg. Die Aufzeichnungen für den Nürnberger Christkindlesmarkt beginnen demnach 1530. Er gehört laut der Stadt Nürnberg zu den "ältesten Weihnachtsmärkten in Deutschland".
Welche Neuigkeiten gibt es zum 589. Striezelmarkt?
Hinter den Kulissen plant Dresden bereits am 589. Striezelmarkt. Zum einen wird auf dem Altmarkt unter Hochdruck daran gearbeitet, den Platz bis Ende des Jahres komplett zu sanieren. Für den letzten Striezelmarkt waren diese Arbeiten unterbrochen worden. Eine provisorische Asphaltdecke sicherte den Markt ab. Die Arbeiten auf dem Platz selbst lagen jedoch hinter dem Zeitplan zurück.
Der Ausschuss für Wirtschaftsförderung soll im März die Anbietergruppen und den Verteilerschlüssel, also zum Beispiel das Verhältnis von Gastronomie und Handwerkskunst, beschließen. Insgesamt wird die Zahl der Standplätze leicht um fünf auf 228 sinken. Weil sich nicht genug Händler beworben hatten, gab es im vergangenen Jahr sogar nur 202 Buden auf dem Striezelmarkt. Einige Händler hatten die Coronakrise nicht überstanden, andere ihr Geschäft komplett ins Internet verlagert. Der beliebte Glühweinstand vom Weingut Keth war wegen eines Formfehlers nicht auf dem Markt und musste auf den "Romantischen Weihnachtsmarkt" am Taschenbergpalais ausweichen.