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Ärzte für Obdachlose in Dresden

Ein gemeinsames Angebot von Medinetz und SafeDD will Menschen ohne Krankenversicherung in Dresden helfen. Und der Bedarf ist riesig.

Von Julia Vollmer
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V.l.: Lena Hilbrecht von Medinetz und Sozialarbeiterin Heidi Hemmann von Safe Dresden.
V.l.: Lena Hilbrecht von Medinetz und Sozialarbeiterin Heidi Hemmann von Safe Dresden. © Sven Ellger

Dresden. Ohne Krankenkassenkarte kommt man bei Dresdner Ärzten und in den Kliniken nicht weit. Doch es gibt Menschen, die haben gar keine Chipkarte, weil sie sich eine Krankenversicherung schlicht nicht leisten können. Viele von ihnen sind obdachlos oder schlafen in Wohnheimen der Stadt.

Für die Betroffenen gibt es nun ein mit "Kosmos" neues Angebot der Menschenrechtsinitiative Medinetz Dresden e. V. und der Initiative Sächsischer Anonymer Behandlungsschein (SABS).

Jeden Dienstag von 12 bis 13 Uhr bieten Ärzte ehrenamtliche eine Sprechstunde in den Räumen der Sozialarbeiter von SafeDD auf der St. Petersburger Straße 14 an. "Wir vermitteln anonym und kostenlos medizinische Hilfe für Geflüchtete und Menschen ohne Aufenthaltsstatus und Wohnungslose", so Lena Hilbrecht von Medinetz.

Sie sind eine unabhängige Initiative von Studierenden und Ärzten, die von Kliniken, Pflegenden, Psychotherapeuten und Hebammen unterstützt wird. Das Ziel ist, Menschen ohne Papiere Zugang zu einer medizinischen Versorgung zu ermöglichen. Neben der Sprechstunde ist ein Ansprechpartner aber auch 24 Stunden in Rufbereitschaft.

Für obdachlose Menschen ist es schwer, einfach zum Arzt zu gehen. Das neue Angebot will ihnen unproblematisch helfen.
Für obdachlose Menschen ist es schwer, einfach zum Arzt zu gehen. Das neue Angebot will ihnen unproblematisch helfen. © Sebastian Kahnert/dpa (Symbolbild)

Kostenlose und anonyme Behandlung

In der Sprechstunde von Kosmos ist immer ein Arzt und ein Ehrenamtler mit dabei. So wie Allgemeinmediziner Reiko Tacke aus Gruna, dort führt er eine eigene Praxis. Von 2006 bis 2008 war für den Deutschen Entwicklungsdienst in Namibia tätig, weitere Einsätze führten ihn in den Irak, nach Liberia, Sri Lanka und Haiti. Neben seiner Praxistätigkeit arbeitet er für den Rettungsdienst der Stadt Dresden.

"In den Sprechstunden von Kosmos sehe ich bei den Menschen die ganze Bandbreite an Krankheitsbildern Bluthochdruck, Borreliose oder auch Krätze", sagt er. Bei einer Suchterkrankung komme oft Unterernährung dazu. Der Mediziner versorgt die Kranken akut mit Salben, schreibt Medikamente auf oder überweist sie bei schweren Fällen in die Klinik.

Wichtig sei, dass die Menschen wieder Vertrauen in Ärzte aufbauen und die Scham überwinden. Viele hätten in der Vergangenheit unangenehme Erfahrungen gemacht. "Wir suchen momentan auch noch ehrenamtliche Mitwirkende für die Sprechstundenbegleitung sowie Übersetzer für Englisch, Tschechisch, Polnisch, Slowakisch, Rumänisch, Russisch, Ukrainisch, dies auch gegen eine Aufwandsentschädigung", so Hilbrecht.

Unterstützt wird das Projekt vom Sozialamt. "Armut macht krank. Und Krankheit kann arm machen", so Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke). Es gibt in Dresden etwa 300 Wohnungslose, die die Stadt unterbringt. "Die Dunkelziffer ist viel größer" so Kaufmann. Denn viele würden sich aus Scham nicht melden. Die Zahl der Obdachlosen, also Menschen, die im Park oder in Abrisshäusern schlafen müssen, schätzen Sozialarbeiter auf 600 bis 800.

Die Sozialarbeiter von SafeDD erleben einen großen Bedarf bei ihren Angeboten, die Teams sind in Neustadt, Altstadt, Gorbitz und Prohlis unterwegs und arbeiten auf der Straße mit Menschen mit Suchterkrankungen und Wohnungslosen. "Wir haben allein im vergangenen Jahr rund 5.300 Gespräche mit Klienten geführt", so Streetworker Alexander Beuschel.