Mitten im Sommer: Motorradfahrer feiern Weihnachten am Dresdner Terrassenufer
Dresden. Schwere Zeiten für Weihnachtsmänner: Den ganzen Tag ist es trocken und heiß. Und wenn man Geschenke verteilen will, fallen plötzlich Regentropfen. Das Wetter steht auf der Kippe, als die Bikerfreunde am Freitagnachmittag am Terrassenufer aufkreuzen. "Was ist das denn?", fragt ein Radfahrer und bleibt fassungslos stehen. Andere zücken ihr Handy, machen Fotos. Autos hupen im Vorbeifahren.
Die Motorräder sind festlich geschmückt. Mit Baumkugeln, Geschenken und Tannenzweigen aus Kunststoff. Die Männer sind als Weihnachtsmänner verkleidet, die Frauen als Engel mit Flügeln auf dem Rücken. Einer aus der Gruppe, Ralf Götz, trägt ein Elchkostüm. Mit einem Geschenkesack geht er auf ein Mädchen zu, das zufällig vorbeikommt. "Na komm, lang rein!", sagt Götz, und das Mädchen greift sich eine Handvoll Süßigkeiten.
"Den Leuten ein Lächeln ins Gesicht zaubern."
Die Biker-Weihnacht im Sommer hat in Dresden mittlerweile Tradition. Seit gut 20 Jahren kommen die Motorradfreaks vom Dresdner Verein Sachsenbike zusammen, um für gute Laune in der Stadt zu sorgen. In den Vorjahren hatten sich die Biker auf dem Theaterplatz versammelt, doch da hatte das Ordnungsamt zuletzt was dagegen.
Daher der neue Treffpunkt am Theaterkahn. Der Sinn der Aktion? Man wollen den "Leuten ein Lächeln ins Gesicht" zaubern, sagt Matthias Stade, der das Treffen seit Jahren organisiert. Olaf Stöpel, der in seinem Weihnachtsmannkostüm leicht schwitzt, erklärt, dass man im Winter schlecht Motorrad fahren könne. Daher habe sich der 24. Juni als fester Termin etabliert. Es sei schade, sagt Stöpel, dass das Treffen nicht am Theaterplatz stattfinden darf. Dort hätten sie sonst mehr Aufsehen erregt.
Juni-Essen mit Klößen und Rotkohl
Spaß haben die Biker auch am Terrassenufer. Sie verteilen Plätzchen und Stollen, machen Witze, schwatzen mit Passanten. Danach wollen sie eine Runde mit ihren Motorrädern drehen. Diesmal soll zum Abschluss in Radebeul gegessen werden. Und zwar so, wie es sich zu Weihnachten gehört: Im Hotelrestaurant Dampfschiff gibt es Klöße, Rotkohl und Ente, vielleicht auch Gans.
Matthias Stade, der im Verein als "Oberweihnachtsmann" gilt, fährt aus persönlichen Gründen diesmal nicht mit, kann aber ein paar schöne Anekdoten aus den vergangenen Jahren erzählen: Einmal hielt am Theaterplatz ein Bus, in dem ein Chor aus den USA saß. Als die Passagiere ausstiegen und die Weihnachtsmänner auf den Motorrädern sahen, hatten sie keine andere Wahl: Sie sangen Adventslieder, auf Englisch. Die Motorradfreaks freuten sich, die Sänger freuten sich, alle freuten sich - auch keine Selbstverständlichkeit zu Weihnachten.
Die Idee mit dem vorgezogenen - beziehungsweise: nachgeholten - Heiligabend hatten in diesem Jahr übrigens nicht nur die Biker. Auch im Schönfelder Zauberschloss sind am Wochenende mehrere Weihnachts-Veranstaltungen geplant - als Trost dafür, dass das Fest 2021 pandemiebedingt nur begrenzt möglich war. So treten der Autor Peter Ufer und der Gitarrist Frank Fröhlich am Freitagabend im Schloss auf. Am Samstag und Sonntag stehen Zaubershows auf dem Programm.
So ein Schloss hat den Vorteil, dass es ziemlich wetterfest ist. Als Weihnachtsmann auf einem Motorrad kann es dagegen schnell ungemütlich werden. Am Terrassenufer fallen nun immer dickere Tropfen, die ersten Schirme werden aufgespannt. Trübt das die Stimmung? Olaf Stöpel nickt. Vielleicht werde man die heutige Route etwas abkürzen, sagt er. Tja, Weihnachten und Regen - das passt einfach nicht zusammen