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In diesem Hotel in Dresden zeigen Menschen mit Behinderung ihr Können

In der Dresdner Neustadt ist ein besonderes Hotel neu eröffnet worden: Dort arbeiten mehrere Menschen mit Behinderung. Das ist die Idee dahinter.

Von Theresa Hellwig
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Elias Thoma zaubert gerne Blüten oder Herzen in Kaffee-Schaum. Er ist einer von sechs Angestellten mit einer Behinderung im neuen Dresdner Hotel am Schwanenhaus.
Elias Thoma zaubert gerne Blüten oder Herzen in Kaffee-Schaum. Er ist einer von sechs Angestellten mit einer Behinderung im neuen Dresdner Hotel am Schwanenhaus. © Matthias Rietschel

Dresden. Elias Thoma bewegt sich mit einem Lächeln auf den Lippen durch die Menschenmenge. Er balanciert das Tablett mit den Sektgläsern darauf - und verteilt die Gläser dann an die Leute. Nur einmal zögert er kurz, blickt über seine Schulter, um sich rückzuversichern, dass er weitergehen soll: Es ist der Moment, in dem ein Redner beginnt, zu sprechen. Elias Thoma verteilt den Sekt, weil an diesem Tag das Hotel, in dem er jetzt arbeitet, neu eröffnet wird: Das Hotel am Schwanenhaus in der Holzhofgasse in der Dresdner Neustadt.

Und was Elias Thoma gerade macht, ist für ihn keine einfache Aufgabe: Der 18-Jährige ist Autist. Gemeinsam mit Mika Harbig absolviert er den praktischen Teil seiner Ausbildung in dem neuen Hotel. Der 20-Jährige hat eine Lernschwäche.

Sechs Menschen mit Behinderung arbeiten im neuen Dresdner Hotel

Insgesamt sechs Menschen mit Behinderung arbeiten derzeit in dem Hotel. Es wird von der Evangelischen Behindertenhilfe Dresden und Umland gGmbH betrieben. "Wir haben die Weißiger Werkstätten 1996 eröffnet; damals mit 92 Arbeitsplätzen", erinnert sich Matthias Kühn, Geschäftsführer der Evangelischen Behindertenhilfe Dresden. "Heute gibt es bei uns 530 Arbeitskräfte." Er habe von Anfang an das Ziel verfolgt, diese Menschen nicht von anderen Menschen zu trennen, sondern sie gemeinsam arbeiten zu lassen. "Inklusion" als Begriff gefalle ihm dafür aber nicht. "Ich sage immer: Willkommen in der Normalität."

Die Evangelische Behindertenhilfe betreibt deshalb auch bereits das Café Lloyd's und den Cap-Lebensmittelmarkt an der Pillnitzer Straße. Unter anderem im Lloyd's haben Mika Harbig und Elias Thoma im ersten Halbjahr ihrer Ausbildung bereits gearbeitet.

Mika Harbig arbeitet am Liebsten im Service, aber auch die Arbeit in der Küche gehört zu seinen Aufgaben.
Mika Harbig arbeitet am Liebsten im Service, aber auch die Arbeit in der Küche gehört zu seinen Aufgaben. © Matthias Rietschel

Seit etwa fünf Jahren bestehe die Idee des Hotels, berichtet Matthias Kühn. In den vergangenen drei Jahren wurde erst das Altenzentrum Schwanenhaus vergrößert und dann eine vierte Etage auf das Gebäude gesetzt. Hier befindet sich nun das Hotel.

Insgesamt 26 Zimmer gibt es dort. Zwei davon sind Einzelzimmer, ein Zimmer hat drei Betten. Alle anderen sind Doppelzimmer. Vor dem Frühstücksraum hat das Hotel eine Terrasse mit Blick auf die Elbe. Gerade arbeitet das Hotel, das von Mathias Terpe geführt wird, daran, ein Nachhaltigkeitszertifikat zu bekommen.

Das Konzept richtet sich an die klassischen Hotelgäste: Touristen ebenso wie Geschäftsreisende. Mit seiner Lage gegenüber des Diakonissenkrankenhauses und über dem Altenheim richtet es sich aber auch an Besucher der Patienten und Senioren. Schon jetzt wird es gut angenommen: An Pfingsten und an den großen Konzertwochenenden ist das Hotel bereits ausgebucht. Im Probebetrieb läuft das Hotel schon ein paar Tage - und auch da war es zwischendurch bereits ausgebucht.

Das Hotel am Schwanenhaus befindet sich in der vierten Etage; über dem Altenzentrum Schwanenhaus.
Das Hotel am Schwanenhaus befindet sich in der vierten Etage; über dem Altenzentrum Schwanenhaus. © Matthias Rietschel

Und wie klappt es also mit Elias Thoma und Mika Harbig? "Zu Beginn waren die beiden etwas schüchtern", sagt Franziska Pietsch vom Sozialdienst. Sie unterstützt die Männer bei ihrer Ausbildung. "Rauszugehen und mit den Menschen zu reden, war am Anfang für die beiden nicht ganz einfach. Aber das war eine Übungssache", sagt sie.

Mittlerweile arbeiten Elias und Mika gerne im Service. Für Mika Harbig ist das mittlerweile sogar der Teil der Arbeit, der ihm am meisten Freude bereitet. "Der Kontakt mit Gästen, Gespräche mit Menschen - das macht mir Spaß", sagt er. Auch Elias Thoma ist gerne unter Menschen. Aber sein Lieblingsbereich ist aktuell die Küche. "Ich koche gerne Crêpe Suzette", sagt er. "Und ich bereite gerne Kaffee zu." Besonders die kleinen Kunstwerke im Milchschaum zaubert er mit Freude: Herzen oder eine Blume, zum Beispiel.

Die beiden legen die regulären Prüfungen ab

Aber nicht nur die Küche und der Service stehen auf dem Programm der beiden. Auch Housekeeping, also Aufräumen und Putzen oder beispielsweise die Rezeption gehören zu ihren Aufgaben.

Den schulischen Teil ihrer Ausbildung zur Fachkraft für Gastronomie absolvieren die Auszubildenden im ersten Lehrjahr an einer Berufsbildenden Förderschule, der Adolph-Kolping-Schule. Am Ende ihrer Ausbildung werden sie die selben Prüfungen schreiben wie auch die Auszubildenden an einer regulären Berufsschule. "Sie bekommen lediglich etwas mehr Zeit oder ein paar Fragen werden in leichtere Sprache übersetzt", erklärt Franziska Pietsch.

Ein Blick in den Frühstücksraum: Von der Terrasse aus ist die Elbe zu sehen.
Ein Blick in den Frühstücksraum: Von der Terrasse aus ist die Elbe zu sehen. © Matthias Rietschel

Klar: Mika Harbig und Elias Thoma hätten sich auch in jedem anderen Hotel oder Restaurant bewerben können. Dennoch sind die beiden dankbar für die Möglichkeit des Hotels am Schwanenhaus. "Ein Weg ohne Förderung wäre für uns viel stressiger", sagt Mika Harbig. "Wir brauchen manchmal Hilfe. Hier kann ich mehr Fragen stellen."

"Wir können so auf die individuellen Unterstützungsbedarfe eingehen", sagt auch Franziska Pietsch. Zudem sind die Gäste im Hotel sensibilisiert: Auf der Homepage informiert das Hotel über seine Angestellten. Sie können sich also denken, dass es auch mal passieren kann, dass etwas einen kleinen Moment länger dauert.

"Klar, manchmal ist der Job anstrengend", sagt Mika Harbig, "aber das gehört ja dazu". Und die ersten Zeugnisse der beiden, das verrät Franziska Pietsch, zeigen, dass es gut läuft. Bei diesem Lob huscht den beiden ein verlegenes Grinsen über die Lippen.