Riesiger Wasserkessel schwebt in den Dampfer Leipzig

Dresden. Am 1. Mai - zur traditionellen Dresdner Dampferparade der Weißen Flotte - müssen alle Schiffe wieder fahren. Das Ziel ist gesteckt, nun geht es darum, den straffen Zeitplan einzuhalten. Derzeit liegen die vier Dampfer Pillnitz, Leipzig, Pirna und Kurort Rathen auf dem Trockendock der Laubegaster Werft. Sie werden auf die kommende Saison vorbereitet, die Werftmitarbeiter erledigen Malerarbeiten, der Boden der Pillnitz wird untersucht.
An diesem Montag dreht sich jedoch alles um die Leipzig. Am Mittag rollt ein Schwerlasttransporter auf das Werftgelände an der Österreicher Straße. Meter um Meter manövriert der Lkw-Fahrer den Sattelauflieger rückwärts durch das Tor und um mehrere enge Kurven bis hinunter zum Liegeplatz des historischen Dampfers.
Die Leipzig bekommt heute ihr Herzstück zurück: den riesigen Wasserkessel. Der Kran steht schon bereit, ebenso wie mehrere Werftmitarbeiter und Gerd-Rüdiger Degutsch. Er ist technischer Leiter der Weißen Flotte und verfolgt gespannt, was passiert. "Einen Kessel in dieser Größe haben wir noch nie aus- und eingebaut."
Deck wird aufgeschnitten
Ganze 13 Tonnen bringt der Koloss auf die Waage, später wird er mit 12.000 Litern Wasser gefüllt. Doch noch ist es nicht soweit. Zunächst müssen die Schweißer ran und die scharfen Kanten des Kessels begradigen. Ist der Kessel erst einmal wieder im Schiff, ist dort nur wenig Platz. Zuerst hebt der Kranfahrer das Deckteil samt Schornstein hoch, unter dem sich der Kessel normalerweise verbirgt, dann kommt der XXL-Behälter an die Ketten. Alle halten die Luft an. Werden sie halten?
Ganz langsam schwebt der Kessel immer weiter nach oben, hinüber über das Loch im Schiffsdeck, in dem er nun verschwinden soll. Sechs Werftmitarbeiter, unter ihnen Falk Naumann, der seit 1985 hier arbeitet, nehmen den Koloss entgegen, versuchen ihn in die richtige Position zu ziehen - bei 13 Tonnen Gewicht gar nicht so einfach. Schließlich gelingt es und der Kessel ist zurück an seinem alten Platz. In den kommenden Tagen wird er an alle Leitungen angeschlossen, dann wird das Wasser eingefüllt. Aufbereitetes Elbwasser übrigens.
Nicht aus eigener Kraft in die Werft
Doch warum war diese aufwendige Aktion überhaupt nötig? "Wir hatten in der letzten Saison Schäden am Rauchrohr entdeckt und diese auf dem Schiff repariert. Dabei ist uns aufgefallen, dass der Kessel stärker beschädigt ist", erzählt Gerd-Rüdiger Degutsch. An jenem Herbsttag, als die Leipzig zur Werft fahren sollte, damit der Schaden repariert werden kann, ging der Kessel richtig kaputt. Letztlich konnte der Dampfer nicht aus eigener Kraft zur Werft fahren, sondern musste geschleppt werden.
Im Inneren des Kessels waren die sogenannten Stehlbolzen beschädigt. Das sind sehr wichtige Bauteile, die die Außenwand von der Innenwand trennen. "Sie befinden sich dort, wo man von außen nicht herankommt." Also war schnell klar: Der Kessel muss raus. Von Laubegast wurde er nach Übigau transportiert, zur Dresdner Firma HSI Turbinenstahlbau. Dort konnten die Schäden repariert werden, anschließend fanden allerlei Tests statt, ob der Kessel nun auch hält. "Bei einer Wasserdruckprobe wurden die Schweißnähte überprüft. Dabei haben wir noch weitere undichte Stellen entdeckt."
Dadurch kam es zu weiteren Verzögerungen und einer stattlichen Reparatursumme von 60.000 bis 70.000 Euro, so Degutsch. Am vergangenen Donnerstag konnten die TÜV-Experten dem Kessel schließlich wieder seine volle Funktionstüchtigkeit attestieren.
Bevor es zurück ins Wasser geht, muss nun zunächst die Pillnitz fertig repariert werden - der Dampfer liegt unterhalb der Leipzig auf dem Trockendock und soll am 31. März wieder zu Wasser gelassen werden. Vier, fünf Tage später folgt die Leipzig. Gerd-Rüdiger Degutsch ist zuversichtlich, dass alle Schiffe bis zur Dampferparade am 1. Mai wieder im Einsatz sind.